Weltraumschrott gehört zu den Problemen, die im Laufe der Zeit immer ernster werden und im Bewusstsein der Bevölkerung trotzdem kaum präsent sind. Wir sind auf Satelliten im Weltraum angewiesen. Nicht nur für die Forschung, sondern auch damit unser Alltag so funktionieren kann, wie er es tut. Ohne Navigationssatelliten würde die weltweite Logistik zusammen- und Chaos ausbrechen; genau so wie es bei einem Ausfall der Kommunikationssatelliten der Fall wäre. Der tägliche Wetterbericht ist nicht nur interessant damit man weiß, was man am nächsten Tag anziehen soll, sondern für andere Bereiche unserer Zivilisation (Landwirtschaft, etc) von fundamentaler Bedeutung. Wir sind mittlerweile abhängig vom Weltall aber weil wir nicht aufgepasst und nachgedacht haben, haben wir den erdnahen Weltraum im Laufe der Zeit immer stärker zugemüllt.

Satelliten die keinen Treibstoff mehr haben oder defekt sind, können nicht mehr gesteuert werden und stellen eine Gefahr für andere, noch aktive Satelliten dar. Aber der Weltraummüll ist viel komplexer. Mikrometeorite treffen auf die Geräte im All und schlagen kleine Stücke ab, die dann selbst durchs All fliegen. Ein paar Metall- oder Lacksplitter mögen auf der Erde ungefährlich sein. Aber wenn sie sich mit mehreren Kilometer pro Sekunde durchs All bewegen, sind auch sie eine Bedrohung. Das gleiche gilt auch für gefrorene Treibstoffreste; für Teile von Raketen; für verlorenes Werkzeug von Astronauten, usw.

Dieser Weltraumschrott ist wieder zurück auf die Erde gefallen (Bild: NASA)

Dieser Weltraumschrott ist wieder zurück auf die Erde gefallen (Bild: NASA)

Die Internationale Raumstation ISS teilt sich ihre Bahn derzeit mit knapp 800 größeren und kleineren Trümmern und muss regelmäßig ein wenig manövrieren um Kollisionen zu vermeiden. Die Europäische Raumfahrtagentur ESA überwacht circa 8500 große Schrottstücke per Radar um noch aktive Satelliten rechtzeitig aus dem Weg schaffen zu können. Aber die ganzen kleinen Stücke, die nur ein paar Millimeter groß sind, lassen sich so nicht erfassen. Von ihnen umkreisen mittlerweile ein paar Millionen die Erde.

Und es wird immer schlimmer. Jeder Raketenstart erzeugt zwangsläufig neuen Müll; weitere ausgebrannte Raketenstufen werden im All abgelegt; weitere Treibstoffbrocken, Lacksplitter usw werden ins All geschafft. All die Trümmer die sich schon im All befinden werden durch Kollisionen und den Sonnenwind weiter zerlegt und die Zahl der Trümmer steigt ständig an. Man kann (und sollte!) zwar dafür sorgen, dass neu ins All gebrachte Satelliten ein Recycling-Konzept haben und sie am Ende ihres Lebens gezielt zum Absturz bringen oder weiter hinaus ins All schießen wo sie keinen mehr stören. Aber das kostet Geld, Treibstoff und Missionszeit und solange es keine verpflichtenden Gesetze dazu gibt werden sich die Satellitenbetreiber kaum freiwillig darum kümmern…

Man müsste den Müll entfernen. Aber das ist nicht so einfach, wie es klingt (und jetzt bitte keine Witze über die große “Weltraumputze”: Ja, ich habe “Spaceballs” auch gesehen – aber wenn man diesen Witz jedesmal hört wenn man von Weltraummüll spricht wird es irgendwann langweilig). Der erdnahe Weltraum ist zwar voller Müll aber immer noch sehr groß. Man kann da nicht einfach eine Art “Müllauto” bauen das kreuz und quer um die Erde saust und Müll einsammelt. Das braucht Treibstoff und den gibt es nicht umsonst.

Ich habe früher schon ausführlich über Weltraummüll geschrieben; zum Beispiel anlässlich einer Konferenz über Weltraumschrott (Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4), in meinem Podcast darüber gesprochen und verschiedene Versuche vorgestellt, den Müll zu beseitigen. Nun will sich auch die japanische Weltraumagentur JAXA mit dem Problem befassen. Wie man derzeit an vielen Stellen (zum Beispiel hier, hier, hier oder hier – ursprünglich stammt die Meldung wohl von AFP) lesen kann, hat die JAXA vor, im Februar 2014 ein großes Netz ins All zu schicken um nach Weltraummüll zu fischen.

Und das ist nicht nur eine Metapher. Die JAXA hat sich tatsächlich mit Nitto Seimo zusammengetan, einem großen Produzenten von Fischereinetzen. Das Weltraumnetz ist knapp 300 Meter lang und besteht aus Metallfäden, die elektrisch geladen werden können. Das geladene Netz kann mit dem Magnetfeld der Erde wechselwirken und auf diese Art gesteuert werden. Sensoren im Netz suchen nach den Lichtreflektionen von Weltraummüll und richten das Netz dann automatisch so aus, dass der Schrott eingefangen wird. Ist das Netz voll, verändert es seine Bahn so, dass es sich der Erde immer weiter annähert und dann, mitsamt Schrott, in der Atmosphäre verglüht.

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Kommentare (16)

  1. #1 Max Erwengh
    28. Januar 2014

    EIne autarke Raumstation. Ja, das wäre ein wichtiges Ziel.
    Aber ich wäre weniger kritisch wenn es darum geht ob die benannte Methode wieder neuen Müll produziert, als das sie überhaupt so funktioniert wie geplant. Aber es ist doch ein netter Ansatz.
    Nachhaltigkeit im Weltraum? Eh ok, was auch immer das bedeuten mag, ich bin dafür!

  2. #2 McPomm
    29. Januar 2014

    Ohne Navigationssatelliten würde die weltweite Logistik zusammen- und Chaos ausbrechen; genau so wie es bei einem Ausfall der Kommunikationssatelliten der Fall wäre.

    Ich möchte die Bedeutung von Satelliten nicht schmälern, aber “zusammenbrechen” hört sich für mich zu dramatisch an. Jeder Pilot von Flugzeugen und Kapitän von Schiffen weltweit *muss* wissen, wie man ohne Satellitenhilfe navigiert. Beziehungsweise es gibt eigene Leute dafür, die das dann ausführen. Außerdem gibt es die Pflicht, sich nicht nur auf GPS und Wettersatelliten zu verlassen. Das kann nämlich auch nach hinten losgehen.

  3. #3 noch'n Flo
    Schoggiland
    29. Januar 2014

    @ FF:

    [Korinthenkackmodus]

    Kleine Korrektur: die Weltraumputze bei “Spaceballs” war doch gar nicht für das Putzen des Weltraums konzipiert, sondern lediglich dafür, dem Planeten Druidia die Luft abzusaugen.

    [/Korinthenkackmodus]

  4. #4 noch'n Flo
    Schoggiland
    29. Januar 2014

    @ McPomm:

    Jeder Pilot von Flugzeugen und Kapitän von Schiffen weltweit *muss* wissen, wie man ohne Satellitenhilfe navigiert. Beziehungsweise es gibt eigene Leute dafür, die das dann ausführen.

    Eben nicht mehr. Es gibt fast keine Airline mehr auf der Welt, die noch Navigatoren beschäftigt. Die Anzahl der Besatzungsmitglieder ist schon vor Jahren von 3 (Pilot, Copilot, Navigations- und Funkoffizier) auf 2 (Pilot und Copilot) gesunken.

  5. #5 Florian Freistetter
    29. Januar 2014

    @McPomm: “Ich möchte die Bedeutung von Satelliten nicht schmälern, aber “zusammenbrechen” hört sich für mich zu dramatisch an. Jeder Pilot von Flugzeugen und Kapitän von Schiffen weltweit *muss* wissen, wie man ohne Satellitenhilfe navigiert.”

    Schon klar. Aber mir gings nicht unbedingt so sehr um die Navigation selbst sondern um die ganze Organisation. Das wird alles über Computer und GPS-SIgnale gesteuert und die ganzen Produkte werden per GPS getrackt. Wenn das ausfällt, heißt das natürlich nicht, dass nichts mehr transportiert werden kann. Ging ja früher auch. Aber es wird erstmal ein ziemlich großes Chaos geben das lange braucht, bis es wieder aufgelöst ist.

  6. #6 Bullet
    29. Januar 2014

    Richtig. Man möge sich vorstellen, was passiert, wenn in einer Millionenstadt “nur” alle Ampeln ausfallen. In der Fahrschule wird Fahren ohne Ampeln explizit gelehrt. Trotzem gäbe es ein Knäuel par excellence.

  7. #7 frantischek
    29. Januar 2014

    Gibts eigentlich Schätzungen oder gar Berechnungen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, als Astronaut bei einem Ausseneinsatz von einem kleinen Stückchen Schrott durchlöchert zu werden?

  8. #8 Radio Eriwan
    29. Januar 2014

    Moin moin,
    aus eigener Erfahrung kann ich in Bezug auf „Ohne Navigationssatelliten würde die weltweite Logistik zusammen- und Chaos ausbrechen“ für die Schifffahrt mal eine kleine Lanze brechen. Auf meiner letztjährigen Ostseerundreise hab ich den Kapitän (alte Schule mit Hochseepatent) mal gefragt, ob er denn noch einen Sextant hätte. Voller Stolz holt er selbigen hervor. So richtig mit samtausgeschlagenen Holzschatulle und Gravuren. Und so quasi aus dem Ärmel geschüttelt, hat er während er mir die Funktion erklärt hat, nebenbei noch die Position bestimmt.
    So wie ich das rausgehört habe ist die heutige Positionsbestimmung via Satellit aber ‚komfortabler‘.

    so long and thanks for all the fish

  9. #9 Florian Freistetter
    29. Januar 2014

    @Radio Eriwan: “So wie ich das rausgehört habe ist die heutige Positionsbestimmung via Satellit aber ‚komfortabler‘.”

    Wie gesagt, es geht nicht nur um die Navigation sondern auch um die ganze Lagerverwaltung und Logistik…

  10. #10 noch'n Flo
    Schoggiland
    29. Januar 2014

    @ Radio Eriwan:

    Das Vorhalten eines Sextanten ist für Hochseeschiffe übrigens bis heute Pflicht – eben für den Fall, dass die Satellitennavigation mal ausfällt.

  11. #11 Alderamin
    29. Januar 2014

    @Radio Eriwan

    Soviel ich weiß hat man im Luftverkehr über Europa vor ein paar Jahren von ehemals wenigen feste “Straßen” auf mehr Kreuz- und Querverkehr umgestellt, weil die Flugzeuge per GPS ihre Position genauer kennen und damit das Kollisionsrisiko gesenkt werden konnte. Da es oben immer enger wird, waren die Luftstraßen ziemlich voll, das wurde somit entzerrt.

    Wenn man kein GPS hätte, müsste man wohl wieder auf verstopften Luftstraßen fliegen, mit entsprechenden Verzögerungen und einem eventuellen Kollaps.

  12. #12 Liebenswuerdiges Scheusal
    29. Januar 2014

    @all

    GPS ist ein System des US Militärs, umso wichtiger, dass Galileo als europäisches System weiter verfolgt und vorangetrieben wird.

    (Und das hat nichts mit Antiamerikanismus oder Ami-bashing zu tun; OK Skepsis gegen alles militärische spielt schon eine Rolle).

  13. #13 swage
    29. Januar 2014

    Skepsis gegen alles militärische
    Es ist ein gutes Prinzip.

  14. #14 advanced space propeller
    30. Januar 2014

    +1

  15. #15 Radio Eriwan
    30. Januar 2014

    Moin moin,
    so mal alle nach einander 😉
    @Florian Freistetter
    Dies habe ich als Beispiel herausgepickt, um einmal aufzuzeigen, dass noch nicht alles ‚verloren‘ ist. Denn wie Du es am Anfang beschreiben hast ist es nun leider einmal so, dass wir auf Gedeih und Verderb von der Technik abhängig sind.
    Ich will da nicht außen vorstehen. Man hat sich so an die Annehmlichkeiten der Technik gewöhnt, dass man bei Nichtverfügbarkeit selbiger so aus dem Konzept geworfen wird, dass man sich eigentlich nur die Frage stellen kann, „wie haben wir das früher gemacht?“
    Deshalb kann die diese Bemühungen das Problem in den Griff zu bekommen nur Gut heißen. Auch wenn die Vorschläge bis dato aus meiner Sicht etwas kurios anmuten. Aber was soll’s, wenn es am Ende funktioniert.
    Wir können ja nicht warten bis die Klingonen mal vorbeischauen und unseren Weltraummüll für Zielübungen nutzen 😉
    @noch’n Flo
    Youp, guter Hinweis, werde ich auf meiner nächsten Reise mal „prüfen“.
    @Alderamin
    Ich habe gelesen dass man sowas plant, ob das jetzt aber schon umgesetzt ist weiß ich nicht.
    so long and thanks for all the fish

  16. #16 Vor-Ort-Techniker
    14. März 2014

    Also, wenn Kunden nicht gerade ein Büro im Bayerwerk haben, sondern vielleicht im Homeoffice irgendwo im tiefsten Sauerland sitzen, würde ich die ohne Navi garnicht finden. Da würde so mancher PC unrepariert bleiben…