Bei der Suche nach außerirdischem Leben ist unsere Erde derzeit das Maß aller Dinge. Das ist auch logisch, denn sie ist der einzige bewohnte Planet den wir kennen und er beherbergt die einzige Art von Leben, die wir verstehen. Wir stellen uns die Erde gerne als optimalen Lebensraum vor. Nicht zu groß, nicht zu klein; nicht zu heiß und nicht zu kalt: Alles ist genau richtig für die Entstehung und Entwicklung von Leben. Und deswegen suchen wir auch anderswo immer nach “Kopien” unseres Planeten. Wir suchen die “zweite Erde”, weil wir denken, dass die Suche nach außerirdischem Leben dort am erfolgversprechenden ist. Aber vielleicht ist das nicht so. Vielleicht ist die Erde gar nicht das Optimum. Vielleicht gibt es Welten, die viel besser für Leben geeignet sind als unser Zuhause? Die Astronomen René Heller von der McMaster University in Kanada und John Armstrong aus Utah sind dieser Meinung und haben sich überlegt, wo es noch besser sein könnte als bei uns.
Der Artikel trägt den kurzen Titel “Superhabitable Words” und beginnt mit einer Übersicht dessen, was man bisher als “Habitable Zone” betrachtet hat. Die klassische habitable Zone wird meistens nur anhand der Eigenschaften des jeweiligen Sterns definiert. Je heißer ein Stern ist, desto weiter weg muss ein Planet rücken, damit es dort nicht zu heiß sondern angenehm warm für die Existenz von flüssigem Wasser ist. Aber natürlich spielen noch viel mehr Faktoren eine Rolle: Die Atmosphäre des Planeten darf nicht zu dick oder zu dünn sein. Der Planet muss eine feste Oberfläche haben. Und so weiter. Deswegen gibt es immer wieder neue Modelle und Berechnungen zur Ausdehnung der habitablen Zone – hier ist eine vom letzten Jahr (ich kann mich gar nicht mehr erinnern, ob ich damals darüber berichtet habe):
Hier ist die Ausdehnung der habitablen Zone (grün) in Abhängigkeit der Temperatur des Sterns gezeigt. Die x-Achse zeigt, wo die habitable Zone liegt und auch, wie viel Strahlung (verglichen mit der Sonnenstrahlung die uns auf der Erde erreicht) auf die Planeten fällt. Im Diagramm auch gezeigt sind diverse bekannte Planeten und man sieht, dass die Erde ganz am Rand der habitablen Zone liegt. Das ist keine neue Erkenntnis; wir wussten auch vorher schon, dass die Erde in der Zukunft aus der habitablen Zone rutschen wird und zwar noch lange bevor die Sonne das Ende ihres Leben erreicht. Es wird nur knapp eine Milliarde Jahre dauern bevor die Erde ihre lebensfreundlichen Bedingungen verliert und viel zu heiß wird.
Ein Planet, der zentraler innerhalb der habitablen Zone liegen würde, hätte es da besser. Es gibt aber auch Prozesse, die einen Planeten auch außerhalb der habitablen Zone am Leben erhalten können. Die sogenannte “Gezeitenheizung” zum Beispiel. Ein Planet der sich auf einer ausreichend elliptischen Bahn um einen Stern bewegt oder ein Mond, der sich auf einer ausreichend elliptischen Bahn um einen Planeten bewegt, spürt an verschiedenen Punkten seiner Bahn unterschiedlich starke Gezeitenkräfte. Ist er auf seiner Bahn dem Stern/Planet nahe, ist die Gezeitenkraft stark; ist er weit weg, dann ist sie schwach. Die Gezeitenkraft führt aber zu einer Verformung des Himmelskörpers: Der Mond zum Beispiel türmt nicht nur das Wasser der Meere zu Flutbergen auf, sondern hebt auch das feste Land ein klein wenig an. Wenn die Gezeitenkräfte sich dank der exzentrischen Bahn aber ständig ändern, ändert sich auch der Grad der Verformung. Der Himmelskörper wird quasi “durchgeknetet” und die dabei auftretende Reibung erzeugt Wärme. Ein durch solche Gezeiten gewärmter Mond eines Planeten kann auch noch weit entfernt von einem Stern ausreichend warm und habitabel sein.
Heller und Armstrong argumentieren, dass man solche Effekte berücksichtigen muss und vor allem berücksichtigen muss, dass es noch viel mehr Effekte gibt, die einen Planeten besser für Leben geeignet machen als die Erde. Wenn man also nach Leben auf anderen Planeten suchen will, soll man sich nicht immer nur auf die “zweite Erde” konzentrieren, sondern lieber auf die “superhabitablen” Welten. Ihr Artikel in der Fachzeitschrift “Astrobiology” ist eher als Diskussionsgrundlage gedacht und nicht als Beschreibung von Forschungsergebnissen. Man findet daher darin auch kaum Modellrechnungen oder konkrete Formeln. Aber es ist trotzdem interessant, sich anzusehen, was einen Planeten “superhabitabel” machen kann. Hier ist eine (unvollständige) Liste der Punkte, die Heller und Armstrong in ihrem Artikel ansprechen:
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