Über die chaotischen Vorgänge bei der Entstehung von Planeten habe ich ja schon oft geschrieben. Die Planeten bilden sich ja aus einer großen Scheibe voller Gas, Staub und Gesteinsbrocken und es braucht ziemlich viele Kollisionen, bis daraus ein großer Himmelskörper geworden ist. Und nicht alle der jungen Planeten überleben lange. Es entstehen immer mehr Planeten, als in einem System eigentlich Platz haben – das heißt, auch sie kollidieren wieder miteinander und zerstören sich gegenseitig. Manchmal völlig; manchmal nur teilweise, wie es bei der Entstehung des Mondes der Fall war. Am Ende sind viele Planeten auf jeden Fall verschwunden; entweder aus dem System geworfen oder wieder zurück zu Staub zertrümmert. Was genau mit diesem Staub passiert, haben Wissenschaftler aus Großbritannien und Frankreich nun untersucht.

In der Arbeit mit dem Titel “Debris from giant impacts between planetary embryos at large orbital radii” haben sich Alan Jackson aus Cambridge und seine Kollegen mit den Kollisionen von Protoplaneten beschäftigt; also von den jungen, großen Himmelskörpern die sich gerade erst gebildet haben. Dabei haben sich die Astronomen vor allem auf Kollisionen konzentriert, die weit entfernt vom Stern stattfinden. Einerseits, weil das noch ziemlich unerforschtes Gebiet ist, da man sich meistens immer der Entstehung erdähnlicher Planeten widmet, die näher am Stern sind. Andererseits aber auch, weil die Vorgänge weiter entfernt vom Stern langsamer ablaufen und es leichter ist, die Folgen der Kollisionen zu beobachten.

Wissenschaftler haben ja schon jede Menge Sterne entdeckt, die von großen Staub- und Gasscheiben umgeben sind und bei denen die Planeten gerade entstehen (“protoplanetare Scheibe”) oder die Planetenentstehung erst kurz vorbei bzw. noch nicht ganz abgeschlossen ist (“Trümmerscheiben”). Die erste dieser Scheiben hat man sogar schon 1984 beobachtet, also mehr als 10 Jahre vor der Entdeckung des ersten extrasolaren Planeten (ich hab die Geschichte dieser Entdeckung in meinem Buch genauer beschrieben). Man sah sie beim Stern Beta Pictoris, der heute immer noch zu den interessantesten Himmelsobjekten gehört. Man hat nicht nur die Scheibe um den Stern sehr detailliert beobachtet, sondern dort auch einen Planeten entdeckt.

Die Scheibe um Beta Pictoris weist diverse Unregelmäßigkeiten auf; zum Beispiel eine Asymmetrie mit einer deutlich helleren Region in der Scheibe, ungefähr 52 Astronomische Einheiten vom Stern entfernt (also deutlich weiter weg als zum Beispiel der Neptun von der Sonne, der nur 30 Astronomische Einheiten weit weg ist):

Die Scheibe von Beta Pictoris im Infrarotlicht. (Bild: Telesco et al, 2005 aus Jackson et al 2014)

Die Scheibe von Beta Pictoris im Infrarotlicht. (Bild: Telesco et al, 2005 aus Jackson et al 2014)

Es gibt noch mehr solcher Unregelmäßigkeiten in der Scheibe von Beta Pictoris und ich habe früher selbst mal darüber geforscht, wie die verursacht werden können. Ich kam zu dem Schluss, dass sich dort neben dem bekannten Planeten noch ein paar mehr Planeten herumtreiben, die diese Unregelmäßigkeiten verursachen. Aber vielleicht sind es auch die Trümmer einer planetaren Kollision. Das vermuten zumindest Jackson und seine Kollegen, nachdem sie sich genau angesehen haben, was bei so einer Kollision passiert.

Sie haben das ganze in Computermodellen analysiert und sich genau angesehen, wie und wie schnell sich die Trümmer verteilen. So sieht ein typisches Ergebnis aus:

Oben links sieht man den Zustand kurz nach der Kollision selbst. Die Zeit misst man hier in “Jahren” des kollidierten Himmelskörpers, also dem Zeitraum, den er gebraucht hat, um seinen Stern einmal zu umkreisen. Je nach Abstand vom Stern ist das länger oder kürzer. Im ersten Bild sind auf jeden Fall 0,2 Orbits vergangen; im zweiten Bild oben rechts sind es 2 Orbits und man sieht wie sich das Material spiralförmig verteilt. Da nicht alle Trümmerstücke gleich schnell davon fliegen, verteilen sie sich langsam im Raum; außerdem wirkt auch noch die Strahlung des Sterns und beeinflusst die Bewegung. Interessant ist der Zustand unten links nach 200 Orbits. Da hat sich der Staub schon weiter verteilt und bildet nun eine Scheibe bzw. einen Ring und keine Spirale mehr. Aber diese Scheibe ist deutlich asymmetrisch und man erkennt eine Region mit höherer Trümmerdichte an der Stelle, an der die Planeten kollidiert sind.

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Kommentare (7)

  1. #1 Alderamin
    12. März 2014

    Wie sähe es denn aus, wenn an dieser Stelle ein großer Planet entstünde? Ergäbe das ein symmetrischeres Bild?

  2. #2 Till
    12. März 2014

    im Titel sollte es, glaube ich, “kollidierenden” heißen.

  3. #3 Florian Freistetter
    12. März 2014

    @Alderamin: “Wie sähe es denn aus, wenn an dieser Stelle ein großer Planet entstünde? “

    Was du da siehst ist ja IR vom Staub. Das heißt, du hast hier ne Verklumpung von Staub und keinen Planeten. Die Phase, wo sich was aus Staub bildet ist bei BPic schon lange vorbei; das kanns also nicht sein. Und damit du Staub dort kriegst, darf da kein Planet sein; der würde den Staub ja rauswerfen und ne Lücke hinterlassen. Du brauchst links und rechts Planeten, die dann an entsprechenden resonanten Positionen den Staub festhalten (das war das, was ich in der verlinkten Arbeit selbst mal durchgerechnet habe).

  4. #4 Alderamin
    12. März 2014

    @Florian

    Danke 🙂

  5. #5 JaJoHa
    12. März 2014

    Ist es wahrscheinlich das der eine Körper ursprünglich in L4 oder L5 des anderen Körpers war?

  6. #6 Florian Freistetter
    12. März 2014

    @JaJoHa: Hmm – ich denke, damals wars so eng und so chaotisch, dass das egal war – und dass das Konzept der Lagrange-Punkte nicht mehr funktioniert. Die sind ja nur für das eingeschränkte 3Körperproblem definiert; also zwei große Körper und einen mit vernachlässigbarer Masse. Das ist bei Sonne, Jupiter und Asteroiden gerade noch erfüllt, obwohl die Störungen der anderen Planeten durchaus relevant sind. Aber bei der Planetentstehung war das wohl anders…

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