Die Inflation messen
Ein wenig technischer sind die Daten in diesem Diagramm aufgetragen:
Auf der x-Achse sieht man das sogenannte Multipol-Moment, das im wesentlichen beschreibt, auf welchen Größenskalen am Himmel man die Daten korreliert. Soll heißen, dass man zum Beispiel zwei 10 Grad umfassende Bereiche des Himmels betrachtet und nachsieht, wie stark sich die Intensität der polarisierten Strahlung unterscheidet. Dann wiederholt man das ganze für 5 Grad große Bereiche, und so weiter. Je größer das Multipol-Moment, desto kleiner der Bereich. Auf der y-Achse ist nun die Stärke des jeweiligen Signals aufgetragen und aus diesem Spektrum kann man einiges lernen. Die schwarzen und grauen Punkte sind Korrelationen verschiedener Messwerte die man mit verschiedenen Versionen (BICEP1, BICEP2, etc) der Messgeräte gewonnen hat. Die durchgehende rote Linie ist eine theoretische Vorhersage, dessen, was man sehen müsste, wenn die B-Moden alle erst später entstehen. Wenn sich die kosmische Hintergrundstrahlung auf ihrer langen Reise durchs All bis zu uns zum Beispiel an Galaxien und Galaxienhaufen vorbei bewegt, dann kann deren gravitative Wirkung die Polarisation ebenfalls verändern. Und wenn das der einzige Effekt ist, der B-Moden verursacht, dann sollten die Datenpunkte der durchgezogenen roten Linie folgen. Das tun sie aber nicht – sondern folgen der gestrichelten roten Linie. Und die beschreibt die primordialen B-Moden!
Diese Art der Polarisierung kann nur durch die kosmische Inflation verursacht werden. Als sich das Universum unmittelbar nach dem Urknall plötzlich viel schneller ausdehnte, wurden dabei Gravitationswellen erzeugt. Die extreme Expansion hat quasi den Raum selbst zum Wackeln gebracht und diese Gravitationswellen haben die Verteilung der Materie beeinflusst. Als sich das Licht ein paar hundertausend Jahre später dann endlich ausbreiten konnte, wurde ihm die Auswirkung dieser speziellen Verteilung in Form der Polarisierung aufgeprägt. Wir haben zwar die Gravitationswellen der Inflationsphase nicht direkt gemessen, aber wir haben ein direktes Bild dieser Wellen im frühen Universum gesehen.
Die Inflation ist eine wirklich seltsame Sache. Wenn man einfach nur sagt, dass sich das Universum früher mal ein bisschen schneller ausgedehnt hat als sonst, dann ist das zwar richtig, kommt aber einer Beschreibung dessen, was wirklich passiert ist, nicht wirklich nahe. Auch eine mathematisch exakte Beschreibung lässt die Vorstellungskraft ratlos zurück: Als die Inflationsphase begann, war das Universum gerade mal 10-35 Sekunden alt. Das sind 0,00000000000000000000000000000000001 Sekunden – was die Sache aber nicht unbedingt anschaulicher macht. Als die Inflationsphase zu Ende war, war das Universum 10-32 Sekunden alt. Die ganze Sache mit der Inflation hat gerade mal 0,00000000000000000000000000000001 Sekunden gedauert. Das klingt enorm kurz und das IST auch enorm kurz. Aber in dieser enorm kurzen Zeitspanne ist das Universum von einem unvorstellbar kleinen Zustand; kleiner als ein subatomares Elementarteilchen auf die Größe eines Fußballs angewachsen. Nun ist ein Fußball im Vergleich mit den heutigen Universum verdammt winzig. Aber im Vergleich zu dem noch viel kleineren Universum unmittelbar nach dem Urknall ist ein Fußball ein gigantisch großes Gebilde! Und der kurze Zeitraum den die Inflation gebraucht hat, ist enorm lange, wenn ihn mit der damaligen Lebensdauer des Universums vergleicht. Die Inflation dauerte tausende Male länger als das Universum zu diesem Zeitpunkt alt war. Aus Sicht des Universums war es also ein ziemlich langer Vorgang.
Modelle der Inflation
Aber egal wie man probiert es zu veranschaulichen: Es wird für uns Menschen immer unvorstellbar bleiben. Umso erstaunlicher ist es, das wir in der Lage sind, solche Dinge herauszufinden! Die Beobachtung der primordialen B-Moden erlaubt es uns, Aussagen über das zu machen, was 10-35 Sekunden nach dem Urknall passiert ist! Die Geschichte mit der Inflation ist schon den 1980er Jahren entwickelt worden um verschiedene Probleme des klassischen Urknallmodells zu lösen. Damals war es der Wissenschaftler Alan Guth, der auf die Idee mit der Inflation kam und wer möchte, dem kann ich sein Buch “Die Geburt des Kosmos aus dem Nichts. Die Theorie des inflationären Universums” empfehlen, in dem er genau erklärt, wie er darauf gekommen ist. Man wusste schon damals, dass man mit der Inflation viele Probleme lösen kann; wusste aber nicht, wie genau die Inflation abläuft.
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