Man kann die Expansion des Universums mit einem Ball vergleichen, der einen Hügel runter rollt. Wie schnell der Ball das tut und wie sich seine Geschwindigkeit verändert, hängt davon ab, wie steil der Hügel ist und welche Form der Abhang hat. So in etwa ist es auch bei der Inflation. Verschiedene theoretische Modelle erklären die Expansion des Alls auf verschiedene Art und Weise und bis jetzt hatte man keine Möglichkeit, das konkret zu überprüfen. Die bisherigen Beobachtungen standen zumindest nicht im Widerspruch zu der Inflationshypothese und wenn das auch vielversprechend ist, reicht es doch nicht als Beleg für deren Korrektheit aus. Mit den vorhandenen Daten konnte man nur gewisse Grenzen für die “Form des Hügels” angeben aber nicht sagen, wie er wirklich aussieht. In meinem Artikel von gestern habe ich ein Bild mit solchen Grenzen gezeigt:
Dieses Diagramm zeigt zwei grundlegende Parameter, mit denen man eine bestimmte “Hügelform” beschreiben kann. Auf der x-Achse ist der “scalar spectral tilt” aufgetragen. Diese Zahl beschreibt, ob es im frühen Universum eine bestimmte bevorzugte Größenordnung gab, mit der sich die Korrelation der Strukturen beschreiben lässt und die y-Achse zeigt das “Skalar-Tensor-Verhältnis”, eine Zahl die beschreibt, wie stark der Einfluss der primordialen Gravitationswellen im Vergleich zu den anderen Dichteschwankungen war. Das ist eine ziemlich wichtige Zahl, denn sie hängt von der Temperatur des damaligen Universums ab und sagt uns etwas über die Energie, die damals im Kosmos gesteckt hat.
Die bunten Linien und Flächen geben an, wo man bisher die korrekten Werte vermutet hat und die wahrscheinlichsten Zahlen lagen irgendwo bei 0,96 für den spectral tilt und 0,06 für das Skalar-Tensor-Verhältnis. Die neuen Daten zeigen nun aber, dass das Skalar-Tensor-Verhältnis deutlich höher, bei 0,2 liegt. Das sieht nach einem Widerspruch zum dem aus, was im Bild zu sehen ist, und diesen Widerspruch sprechen die Forscher in ihrer Arbeit auch an:
“These high values of r are in apparent tension with previous indirect limits based on temperature measurements and we have discussed some possible resolutions including modifications of the initial scalar perturbation spectrum such as running. However we emphasize that we do not claim to know what the resolution is.”
Das, was in dem Bild oben gezeigt ist, ist nur eine Möglichkeit, die Daten zu interpretieren. Es gibt auch andere Modelle, wie zum Beispiel das “running” des “spectral tilt” (fragt mich nicht, was das im Detail zu bedeuten hat, aber es geht dabei wohl um die Möglichkeit, dass zu verschiedenen Zeiten verschiedene bevorzugte Größenskalen existiert haben) die sehr gut zu den neuen Daten passen, wie dieses Diagramm zeigt:
Die roten Flächen zeigen die alten Grenzen in neuer Interpretation mit “running” und die blauen Flächen die neuen Daten. Und hier passen sie wunderbar zusammen.
Was bedeutet diese Entdeckung?
Die Bedeutung dieser Beobachtung der primordialen B-Moden ist noch gar nicht komplett abzuschätzen. Aber sie wird die zukünftige Forschung auf jeden Fall maßgeblich beeinflussen. Da ist zum Beispiel die Quantengravitation. So nennen Wissenschafler den Versuch, die Theorie der Gravitation mit der Theorie der Quantenmechanik in Einklang zu bringen, was bisher noch nicht gelungen ist aber irgendwann gelingen muss. Denn erst so eine Theorie der Quantengravitation wäre in der Lage, Phänomene wie schwarze Löcher oder den Urknall selbst mathematisch korrekt zu beschreiben. Wir haben aber bis jetzt noch so gut wie keine Ahnung, wie sich die Gravitation auf subatomaren Größenskalen verhält. Die Stringtheorie wäre in der Lage, die Quantengravitation zu beschreiben, ist aber selbst eigentlich immer noch nur eine Hypothese und keine Theorie, weil es noch keine Beobachtungsdaten gibt, anhand der man sie überprüfen könnte. Kein Teilchenbeschleuniger ist in der Lage, die enorm hohen Energien zu erzeugen, die dafür nötig wären.
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