Vor einem Monat habe ich ausführlich über die geplanten Veranstaltungen zum “Tag der Astrologie” berichtet. Die finden am 21. März 2014 statt und zwar im Technischen Museum Wien (TWM). Und das ist nicht nur irgendeine private Einrichtung, sondern ein staatliches Museum mit einem expliziten Bildungsauftrag. Das sich so ein Museum für astrologische Propaganda hergibt, ist erschreckend. Ich habe in meinem alten Artikel erklärt, warum Astrologie nicht immer ganz so harmlos ist, wie sie zu sein scheint und das gerade in Österreich die offizielle Wissenschaftspolitik immer wieder nicht in der Lage ist, sich von Esoterik und Pseudowissenschaft zu distanzieren. Den Astrologen ist das natürlich nur Recht – sie suchen sich Räumlichkeiten wie das Technische Museum (oder in der Vergangenheit auch das Naturhistorische Museum) ja nicht wegen der schönen Räumlichkeiten oder dem tollen Catering aus, sondern weil sie sich auf eine Stufe mit seriöser Wissenschaft stellen wollen.
Astrologie ist Unsinn, aber ein Unsinn mit dem sich viel Geld verdienen lässt und das um so besser, je weniger Leute darüber Bescheid wissen, dass es Unsinn ist. Je mehr die Menschen die Wissenschaft Astronomie mit dem Aberglauben Astrologie verwechseln, desto besser läuft es für die Astrologen, die sich im seriösen Image der Astronomie sonnen können. Und da lohnt es sich natürlich, wenn man sich mit seinen offiziellen Veranstaltungen dort aufhält, wo man die echte und seriöse Wissenschaft findet; also in den Bildungseinrichtungen und Museen.
Wie gesagt: Dass die Astrologen versuchen, von der Seriosität der Wissenschaft zu profitieren ist verständlich. Absolut unverständlich dagegen ist es, dass Einrichtungen wie das Technische Museum in Wien das zulassen. Das Thema hat nun auch die Aufmerksamkeit des österreichischen Fernsehen erregt, die zumindest kurz darüber berichtet haben. Den Beitrag kann man hier in der TVThek ansehen. Die dort getätigten Aussagen von der Museumsdirektorin Gabriele Zuna-Kratky sind aber so erstaunlich, dass ich sie hier noch Mal extra hervor heben möchte. Zuerst weißt sie darauf hin, dass das Museum die Astrologie-Veranstaltung ja nicht selbst organisiert, sondern die Räumlichkeiten einfach nur vermietet:
“Wir haben eine Kooperation mit der Wirtschaftskammer und wir vermieten unsere Räumlichkeiten. Ob das jetzt Astrologen sind oder ob das Kindergeburtstage sind, ob das Börsengänge sind – also hier ist sehr, sehr viel möglich.”
Ja, anscheinend ist im Technischen Museum Wien tatsächlich alles möglich… Aber zum Glück gibt es Grenzen:
“Also ich würde an niemanden vermieten der irgendetwas ungesetzliches tut, aber es muss nicht unbedingt mit dem Museum in Zusammenhang stehen.”
Immerhin. Mit einem Treffen von Mafia-Bossen oder einem Workshop zur Crystal-Meth-Produktion ist im Technischen Museum Wien also nicht zu rechnen…
Dieses Argument erinnert überraschend an das Argument des ehemaligen Wissenschaftsministers Johannes Hahn, als er begründet hat, warum der esoterische Wasserbeleber Johann Grander weiterhin mit einem offiziellen Wissenschaftsorden der Republik ausgezeichnet bleibt. Damals sagte er, dass dieser Orden bis jetzt nur dem NS-Mörder Heinrich Gross aberkannt wurde und man “aus Gründen der Verhältnismäßigkeit” deswegen nicht auch Grander den Orden aberkennen könne, da er ja kein Nazi-Massenmörder ist…
Das Argument von Frau Zuna-Kratky wäre dann zulässig, wenn das Technische Museum Wien eine Immobilienfirma wäre. Dann kann man seine Räumlichkeiten an alle vermieten, die dafür Geld bezahlen. Aber das Technische Museum ist eine Bildungseinrichtung und hat, wie es selbst sagt, einen “Bildungsauftrag mit wissenschaftlicher Verantwortung”. Zu dieser wissenschaftlichen Verantwortung gehört es aber auch, dass man sich nicht von Esoterik und Pseudowissenschaft instrumentalisieren lässt! Selbst wenn die nichts illegales tun und dem Museum Geld bezahlen…
In einer Stellungnahme bei mir im Blog hat das Technische Museum festgestellt, dass die Einnahmen durch die Vermietung enorm wichtig sind. Aber genau so wichtig für ein Museum ist seine Reputation. Und auch wenn das Technische Museum weiterhin darauf hinweist, dass es inhaltlich nichts mit der Astrologie zu tun hat und mir diverse Mitarbeiter des Museums versichern, dass sie die Veranstaltung selbst ablehnen: Die Reputation des Museums WIRD darunter leiden. Vielleicht nicht bei der Gruppe der Menschen denen auch jetzt schon der Unterschied zwischen Astrologie und Astronomie ein wenig unklar ist. Aber auf jeden Fall bei allen wissenschaftsinteressierten Leuten, die wissen, was Astrologie ist.
Ein staatliches Wissenschaftsmuseum mit Bildungsauftrag ist eben mehr als nur eine Vermietung für Party-Locations. Das, was in diesen Räumlichkeiten stattfindet, wird zwangsläufig mit dem Museum assoziiert werden. Und wenn man sich Aberglaube und Pseudowissenschaft ins Haus holt, dann bleiben Aberglaube und Pseudowissenschaft hängen. Ich habe das Technische Museum in der Vergangenheit immer gerne besucht. Es gibt dort viele interessante Dinge zu sehen und man kann viele schöne Experimente machen. Das wird sicherlich auch in Zukunft so sein. Aber das Technische Museum Wien wird trotzdem ab jetzt immer das Museum sein, dass sich nicht zu schade dafür war, den Astrologen eine seriöse Bühne zu bieten und Pseudowissenschaft und Aberglaube zu verbreiten.
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