Eine Wolke aus Stein und Eis
28 Jahre später beschäftigte sich der niederländische Astronom Jan Hendrik Oort ebenfalls mit den äußersten Bereichen des Sonnensystems. Er wurde bei seiner Forschung noch ein klein wenig konkreter, wie man auch dem Titel seiner Arbeit entnehmen kann: “The structure of the cloud of comets surrounding the Solar System and a hypothesis concerning its origin”.
Oort ging von einer “Wolke” voller Kometen aus, die das Sonnensystem umgibt und überlegte sich, wie sie entstanden sein konnte. Aus der Existenz der langperiodischen Kometen konnte man folgern, dass es irgendwo weit draußen ein Reservoir an Kometen geben muss aus dem immer wieder Mal Himmelskörper auf Bahnen gebracht werden, die sie aus der Wolke hinaus ins innere Sonnensystem führen. Aber, so Oorts Argument, diese Objekte konnten dort nicht entstanden sein.
So weit entfernt von der Sonne war einfach zu wenig Material vorhanden, als das sich daraus Kometen bilden hätten können. Nur weiter innen war in der Frühzeit des Sonnensystems genügend Gas und Staub vorhanden, das sich zu Fels- und Eisbrocken zusammenklumpen kann, die dann weiter zu Kometen (und Asteroiden) wachsen. Oort konnte auch zeigen, dass es unwahrscheinlich war, dass die Kometen von außerhalb des Sonnensystems kommen. Er war davon überzeugt, dass die Kometen tatsächlich ein Teil unseres Sonnensystems sind und sich in einer Entfernung von bis zu 150.000 AE aufhalten. Aber wie kommen sie dorthin, wenn sie viel weiter innen entstanden sein müssen? Oort erwähnt zwei Hypothesen. Die Kometen könnten der Überrest eines zerstörten Planeten oder aber auch irgendwie von den bekannten Planeten “ausgeworfen” worden sein. Oort hält das aber für unwahrscheinlich:
Er bevorzugt eine andere Hypothese. Die Kometen sollen gemeinsam mit den Asteroiden (oder den “Kleinplaneten” bzw. “minor planets”, wie es damals noch hieß) entstanden sein und später durch die gravitativen Störungen der Planeten in die äußersten Bereiche des Sonnensystems transportiert worden sein:
Damit lag Oort im wesentlichen richtig. Heute wissen wir einigermaßen darüber Bescheid, wie die Planeten entstehen. Sie wachsen durch die Kollision von Planetesimalen, also kleinen Felsbrocken, und wie das so ist bei Kollisionen, wird das oft ein wenig wild und chaotisch. Nicht bei jeder Kollision wachsen die Himmelskörper an; oft werden kleinere Objekte auch durch größere Protoplaneten aus ihrer Bahn und weit davon geworfen. Die sammeln sich dann irgendwo weit draußen und weil Jan Hendrik Oort die grundlegende Arbeit dazu geleistet hat, wird diese Region heute die Oortsche Wolke genannt (und die ebenfalls grundlegende Arbeit von Ernst Öpik leider ignoriert; zumindest was die Namensgebung angeht).
Ganz weit draußen, ein paar zehntausend bis hunderttausend Astronomische Einheiten von der Sonne entfernt, existiert also eine große “Wolke” aus Kometen. Aber direkt beobachten lässt sich die leider nicht. Dazu sind die Kometen zu klein und die Entfernung zu groß.
Noch mehr Asteroiden
Zuerst aber einmal fanden die Astronomen etwas näher an der Sonne neue Himmelskörper. Im Jahr 1992 entdeckte man außerhalb der Neptunbahn ein weiteres kleines Objekt: Den Asteroid 1992 QB1. Pluto war nun nicht mehr alleine in der Region hinter Neptun und in den Jahren danach fand man dort immer mehr Asteroiden. Man hatte den sogenannten Kuipergürtel entdeckt, einen großen Asteroidengürtel, der sich außerhalb der Bahn des Neptun erstreckt. Dort draußen haben sich die Planetesimale zur Zeit der Planetenentstehung so langsam bewegt, dass sie nicht oft genug miteinander kollidiert sind, um große Planeten zu bilden. Sie blieben kleine Fels- und Eisbrocken und Ende der 1990er Jahre war klar, dass Pluto einer von ihnen war. Der neunte Planet war nur ein großes Objekt inmitten vieler anderer Asteroiden und sollte eigentlich auch als Asteroid klassifiziert werden. Das geschah allerdings erst im Jahr 2006, nachdem man den fernen Asteroid Eris entdeckt hatte. So groß wie Pluto selbst und weiter entfernt als die meisten zuvor gefundenen Objekte setzte die Entdeckung einen Umdenkprozess in Gang, an dessen Ende Pluto völlig zu Recht der Planetenstatus aberkannt wurde.
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