Die Organisation in speziellen skeptischen Vereinen oder “anti-esoterischen” Gruppen hilft dabei aber meiner Meinung nach hauptsächlich den Skeptikern selbst. Egal welchen Beschäftigungen oder Hobbys man nachgeht: Es ist immer schön, wenn man gleichgesinnte Menschen trifft und sich gemeinsam mit den Dingen beschäftigt, die man gerne tut. Genau aus diesen Gründen gibt es Sportvereine, Modellbauvereine, Tanzgruppen, Literaturzirkel, Hackerspaces, und so weiter. Und wenn sich Menschen, die gerne über Esoterik und Pseudowissenschaft diskutieren in Vereinen und Gruppen zusammenschließen, dann gibt es daran natürlich nichts auszusetzen. Aber aus meiner Sicht ist eben “vernünftig denken” kein Hobby und wenn der skeptische Aktivismus quasi zum Vereinssport wird, ist das meiner Meinung nach eher kontraproduktiv.
Vielleicht liegt mein Problem mit dem Aktivismus auch daran, dass ich mich nie sonderlich viel mit den “klassischen” Skeptikerthemen beschäftigt habe. Ich war nie sehr an Geistern, Hexen, dem Yeti, dem Monster von Loch Ness, UFOs, Bigfoot, Gedankenlesen, PSI-Kram und ähnlichen Dingen interessiert. Ich wollte den Menschen immer einfach nur erzählen, wie faszinierend die echte Welt sein kann; wie spannend die echte Wissenschaft ist und wie lohnend es sein kann, mehr über das Universum heraus zu finden, in dem wir leben. Und genau diese Motivation treibt ja auch die Esoteriker und Pseudowissenschaftler an! Sie wollen die Welt ebenfalls verstehen, erklären und anderen davon erzählen – sie haben nur irgendwo unterwegs eine andere Abzweigung genommen. Darüber spricht ja auch Carl Sagan im ersten Kapitel seines Buchs “Der Drache in meiner Garage”, als er von der Begegnung mit einem Taxifahrer berichtet, der Anhänger diverser pseudowissenschaftlicher und esoterischer Thesen war:
“Mr. “Buckley” – well-spoken, intelligent, curious – had heard virtually nothing of modern science. He had a natural appetite for the wonders of the universe. He wanted to know about science. It’s just that all the science had gotten filtered out before it reached him. Our cultural motifs, our educational system, our communications media have failed this man. What the society permitted to trickle through was mainly pretense and confusion. It had never taught him how to distinguish real science from the cheap imitation. He knew nothing about how science works.”
Die letzten beiden Sätze fassen meine Motivation ziemlich gut zusammen: Viele Menschen können echte Wissenschaft von der billigen Imitation der Pseudowissenschaft nicht unterscheiden, meist ohne eigenes Verschulden. Sie wissen nicht, was Wissenschaft ist und wie sie arbeitet. Diese Menschen sind genau so daran interessiert die Welt zu verstehen wie alle anderen. Und irgendein Aktivismus hilft ihnen dabei nicht weiter, sondern bestärkt sie höchstens noch in den Vorurteilen über Wissenschaft, die sie sich im Laufe der Zeit angeeignet haben.
Nur damit kein falscher Eindruck entsteht (oder gleich wieder irgendwo irgendwelche Verschwörungstheorien entstehen): Ich habe keinen Streit mit Gruppen wie der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung der Parawissenschaft (GWUP); ich schreibe diesen Artikel hier nicht, weil ich mich dort mit irgendwem gezofft hätte; mich an irgendwem für irgendwas “rächen” will oder die Leute dort für doof und unfähig halte. Die Leute, die ich dort persönlich kenne, sind alle sehr nett und sehr engagiert. Ich denke, die GWUP leistet gute Arbeit, wenn es um das Bereitstellen von Informationen und Kontakte zu den Medien geht – ich bin halt nur nicht davon überzeugt, dass skeptischer Aktivismus viel mehr bewirkt als Spaß und verstärkten Zusammenhalt innerhalb der organisierten Skeptikergruppen.
Genausowenig bringt es etwas, einzelne Leute persönlich aktiv und aggressiv anzugreifen, wie das Hayley Stevens in ihrem Blog beschrieben hat und wie das an den Rändern der skeptischen Szene (zB in diversen Facebook-Gruppen) auch hier immer wieder mal vorkommt. Sich über konkrete Homöopathen, Esoteriker und Pseudowissenschaftler öffentlich lustig zu machen, mag spaßig sein und hilfreich, wenn man Frust abbauen will. Genau so wie ausufernden “Diskussionen” (die man besser einfach “Streit” nennen sollte) zwischen Skeptikern und Esoterikern in Internetforen, sozialen Medien und Kommentarspalten. Aber in Sachen Aufklärung hilft es nicht weiter.
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