Randall beschreibt das Feld als Träger einer Art von Ladung, die mit der schwachen Kernkraft verknüpft ist und die wir nicht direkt “empfinden” können, weil sie eine so kurze Reichweite hat, aber beispielsweise den Betazerfall von Neutronen (in ein Proton, Elektron und ein Neutrino) ermöglicht. Weil jedes Teilchen auf seine individuelle Art mit dem Higgsfeld wechselwirkt, entsteht das breite Spektrum der verschiedenen Teilchenmassen. Und falls man sich fragt, warum eigentlich das Higgs-Teilchen selbst eine Masse hat, wird das hier auch beantwortet, weil es nämlich auch selbst mit dem Feld wechselwirkt.
An dieser Stelle wirft die Autorin eine noch ungelöste Frage auf, über die wir uns vielleicht Gedanken machen können:
Sie können nun fragen, ob das Higgs-Feld auch ein Träger von Energie ist. Wir kennen die Antwort nicht, da alles, was man messen kann, der Gravitationsenfluss der Nettoenergie aller Felder des Universums ist. Diese Energie hat einen von Null verschiedenen Wert, der als dunkle Energie bezeichnet wird, die selbst ein reichhaltiges und faszinierendes Thema ist. Die dunkle Energie ist ebenfalls mit dem leeren Raum verknüpft – sie ist die Energie, die der leere Raum besitzt. Einstein hat uns gelehrt, dass jede Energiequelle Folgen für die Schwerkraft hat, u. a. auch für die absolute Energie eines leeren Universums. Tatsache ist, dass der leere Raum nicht wirklich leer ist. Er kann Energie und Ladung aufweisen, nur eben keine Materie.
Über den leeren Raum hat Martin Bäker auch etwas Informatives geschrieben, wenn jemand das Thema vertiefen will.
Dann werden nochmal die Zerfallsarten des Higgs-Bosons kurz beschrieben, wobei es eben hauptsächlich in Bottomquarks und -antiquarks zerfällt, welche aber bei den LHC-Kollisionen nur schwer von durch andere Prozesse entstehende Bottomquarks zu unterscheiden sind. Deshalb beruht die Entdeckung in erster Linie auf zwei anderen Zerfallsmodi, nämlich diejenigen, bei denen Photonen erzeugt werden (was in 0,2% der Fälle passiert) oder bei denen virtuelle schwache Eichbosonen entstehen, wobei noch mal kurz darauf eingegangen wird, dass dieser Zerfallsprozess nicht klassisch beschrieben werden kann (die Summe der Energien von zwei W- oder Z-Bosonen beträgt 160 bzw. 182GeV, der Grundsatz der Energieerhaltung wäre also verletzt), ist also nur quantenmechanisch über virtuelle Teilchen zu verstehen. Wie das mit den virtuellen Teilchen im Detail funktioniert (und noch einiges mehr) hat wiederum Martin Bäker in einer Artikelserie erläutert.
Es werden dann noch die Monate vor der endgültigen Bekanntgabe der Entdeckung geschildert, dass man auf einem guten Weg war wurde für Randall im Dezember 2011 klar, als die ATLAS-Daten ein mögliches Signal zeigten, die CMS-Daten aber noch nicht eindeutig waren. Es folgen ein paar Anekdoten über einen CERN-Besuch und eine Konferenz im März, wo noch das “Überlichtgeschwindikeitsneutrino” Thema war, welches sich ja auf ein defektes Kabel zurückgeführt werden konnte. Ein paar Details aus dem Leben von Peter Higgs und Francois Englert, die zusammen mit Robert Brout, Gerald Guralnik, Carl R. Hagen und Tom Kibble den sogenannten Higgsmechanismus entwickelten, rundet die Geschichte ab.
Einige der Beteiligten hätten wohl erhofft, das man das Higgs-Teilchen nicht in der vorhergesagten Form finden würde, denn dann hätte man nach etwas noch Überraschenderem und Interessanterem Ausschau halten müssen, das sich widerspruchsfrei in das Standardmodell einfügt. Es ist vielleicht vergleichbar mit dem Gefühl, das man selber hat, wenn man kurz vor dem Abschluss eines größeren Projekts steht, und dann fällt einem noch dieses und jenes ein, was man noch besser machen könnte, bevor man sein “Baby” aus der Hand gibt.
Zwischen März und Juli wurden noch intensiv weitere Daten ausgewertet und am 4. Juli folgten schließlich die begeistert aufgenommenen Vorträge von Joe Incandela und Fabiola Gianotti, Sprecher der CMS- und ATLAS-Experimente. An beiden Detektoren war eine Entdeckung gemacht, die höchstwahrscheinlich mit dem Higgs-Mechanismus verknüpft war, von der man aber noch nicht wusste, ob es das einfache Art des Higgs-Bosons war oder etwas Komplizierteres, das dieselbe Rolle spielt, und dies werden die Daten aus weiteren Teilchenkollisionen zeigen. Es wurde beschlossen, den LHC noch etwas länger als ursprünglich geplant laufen zu lassen, bevor die Wartungs- und Aufrüstungsphase begann, um die Eigenschaften des gefundenen Teilchens noch etwas genauer zu bestimmen. Am 14. Februar 2013 wurde der LHC schließlich vorläufig abgeschaltet, das genaue Datum hat aber nicht mehr den Weg ins Buch gefunden, ich habe es dort nachgelesen.
Kommentare (9)