Letzte Woche gab es die Ankündigung einer “bedeutenden Entdeckung” durch das Weltraumteleskop Kepler. Es war ziemlich klar, worum es sich handeln würde: Einen kleinen Planeten in der habitablen Zone seines Sterns. Und es war auch ziemlich klar, wie die PR zu dieser Entdeckung ablaufen würde und wie die Medien damit umgehen würden: Man würde wieder mal erklären, die “zweite Erde” gefunden zu haben. Und genau das ist auch passiert. Entdeckt wurde die “zweite Erde” deswegen aber natürlich noch lange nicht. Genau so wenig wie das 2010 der Fall war, oder 2011 oder 2012, nochmal 2012 oder ein drittes Mal 2012. Schon bevor die Entdeckung bekannt gegeben wurde, war klar, das keine “zweite Erde” gefunden worden sein konnte – weil das derzeit gar nicht möglich ist!
Bei der “zweiten Erde” stellen wir und ja einen Planeten wie die Erde vor. Mit Flüssen, Seen und Ozeanen; mit Wäldern und Pflanzen; mit angenehmen Temperaturen und vielleicht sogar Tieren und anderen höheren Lebewesen. Und es ist durchaus nicht unwahrscheinlich, dass solche Planeten existieren. Wir wissen, dass es überall Planeten gibt und warum soll da nicht irgendwo auch einer dabei sein, der unserer Erde ähnelt? Aber um das feststellen zu können, brauchen wir jede Menge Informationen. Wir müssen wissen, welche Atmosphäre ein Planet hat. Wir müssen wissen, wie seine Rotationsachse orientiert ist; wie sein Magnetfeld aussieht; ob der Stern den er umkreist aktiv ist oder nicht und jede Menge mehr (ich hab das in meinem aktuellen Buch ausführlich erklärt). Momentan können wir aber im wesentlichen nur drei Dinge über einen Planeten herausfinden: Seinen Abstand vom Stern, seine Größe und seine Masse. Das sind durchaus wichtige Parameter aus denen man enorm viel lernen kann. Aber es reicht definitiv nicht aus, um eine “zweite Erde” zu identifizieren.
Der neu entdeckte Planet mit dem Namen Kepler-186f ist ungefähr 10 Prozent größer als die Erde. Er braucht für eine Runde um seinen Stern knapp 130 Tage. Und mehr weiß man nicht. Genaugenommen weiß man nicht mal, wie schwer der Planet ist, und ob es sich tatsächlich um einen erdähnlichen Planeten mit fester, felsiger Oberfläche handelt oder nicht. Die Autoren des Fachartikels argumentieren, dass es sich bei solch kleinen Planeten nur schwerlich um zum Beispiel Neptunähnliche Himmelskörper mit dicker Gashülle handeln kann und es sich mit großer Wahrscheinlichkeit wirklich um einen Planeten handelt, der in seiner Zusammensetzung der Erde ähnelt. Aber um das einwandfrei feststellen zu können, müsste man noch weitere Beobachtungen von der Erde aus durchführen.
Kepler-186f wurde mit der Transitmethode vom Weltraumteleskop Kepler gefunden; man hat also die Verdunkelungen beobachtet, die der Planet beim Licht des Sterns verursacht, wenn er von uns aus gesehen an ihm vorüber zieht. Damit kann man die Größe des Planeten bestimmen aber nicht seine Masse. Da geht nur mit der Radialgeschwindigkeitsmethode die hier (noch) nicht angewandt wurde (weswegen in der Extrasolar Planets Encyclopaedia für Kepler-186f auch kein Wert für die Masse angeführt wird). Der Fachartikel der Entdecker ist nur für zahlende Kundschaft lesbar und ich bin ja bekanntermaßen kein Freund von nicht frei zugänglicher wissenschaftlicher Literatur. Deswegen werde ich auch gar nicht weiter auf den Artikel der Entdecker eingehen. Kepler-186f ist sicherlich ein sehr interessanter Himmelskörper und ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum besseren Verständnis der extrasolaren Planeten. Aber eine “zweite Erde” ist er – solange wir nicht besser Bescheid wissen – nicht.
Ich habe mir stattdessen lieber den Artikel von Emeline Bolmont von der Universität Bordeaux und ihren Kollegen angesehen. Er heißt “Formation, tidal evolution and habitability of the Kepler-186 system” und wie der Titel schon verrät, handelt es sich um eine Analyse des gesamten Kepler-186-Systems. Denn neben Kepler-186f sind dort noch vier weitere Planeten. Und wenn man ein ganzes Planetensystem hat, das man untersuchen kann, dann werden die Dinge so wirklich interessant!
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