Die entsprechende Gleichung zur Beschreibung der Wellenfunktion, die Wheeler-DeWitt-Gleichung trägt zwar DeWitts Namen; DeWitt selbst war aber von seinem zweiten Ansatz viel mehr überzeugt. Dieser kovariante Weg schaffte Einsteins geometrische Erklärung der Gravitation schlicht und einfach ab und ging davon aus, dass sich die Gravitation genau so wie jede andere Kraft einfach als Kraft beschreiben lässt. So wie im Standardmodell der Teilchenphysik der Elektromagnetismus als Kraft mit dem Photon als Trägerteilchen erklärt wird; die schwache Kraft mit den Z- und W-Bosonen als Trägerteilchen und die starke Kraft mit den Gluonen als Trägerteilchen sollte auch die Gravitation eine “normale” Kraft mit einem Graviton als Trägerteilchen sein.
Dieser kovariante Ansatz war schon früher versucht worden und blieb erfolglos. Aber dann kam die Stringtheorie. Das war ein radikal neuer Versuch, die Vielfalt der in den 1960er und 1970er Jahren an Teilchenbeschleunigern entdeckten Teilchen zu erklären. Man stellte sich die Materie nicht mehr aus kompakten, irgendwie punktförmigen Teilchen aufgebaut vor, sondern aus Strings bestehend. Strings sind eindimensionale “Fäden”, die schwingen und die verschiedenen Teilchen sind unterschiedliche Schwingungszustände des Strings. Je nachdem wie ein String schwingt soll er uns mal als Quark erscheinen, mal als Elektron, und so weiter. Und sogar ein Teilchen, das einem Graviton ähnelt, sollte aus dem Schwingen der Strings entstehen.
Die Stringtheorie war sehr elegant und auf jeden Fall neu und originell. Aber sie hatte auch jede Menge Probleme. Sie funktionierte nur dann, wenn man davon ausging, dass das Universum mehr als nur die drei Dimensionen hat, die wir beobachten. Nur wenn da noch 7 weitere Dimensionen sind, haben die Strings genug Richtungen, in die sie schwingen können. Diese Extradimensionen sollten “kompaktifiziert” sein, also so klein, dass wir sie nicht wahrnehmen können (wie man sich das vorstellen kann, habe ich hier erklärt). Aber keine hatte eine Ahnung, wie die Form dieser Dimensionen genau aussieht – was dazu führt, dass es knapp 10500 Versionen der Stringtheorie gibt. Das alles erschien vielen Physikern ziemlich dubios; genau so wie die Tatsache, dass die Stringtheoretiker nicht in der Lage waren, die komplizierten Gleichungen zur Beschreibung der Strings komplett aufzustellen sondern nur mit Näherungslösungen arbeiten konnten. Richard Feynman war davon gar nicht begeistert und Ferreira zitiert ihn in seinem Buch mit:
“Mir gefällt nicht, dass sie überhaupt nichts berechnen. Mir gefällt nicht, dass sie ihre Ideen nicht überprüfen. Mir gefällt nicht, dass sie für alles, das mit einem Experiment nicht übereinstimmt, eine Erklärung zusammenbasteln. Das scheint nicht richtig.”
Die Mehrheit der Physiker fand die Stringtheorie aber durchaus interessant und wichtig. Sie wurde immer populärer und immer mehr Wissenschaftler forschten daran. Heute dominiert die Stringtheorie das Gebiet der Quantengravitation und sie hat – zum Beispiel bei der Beschreibung schwarzer Löcher – schon einige Erfolge feiern können. Eine experimentelle Überprüfung steht allerdings immer noch aus. Die Stringtheorie macht zwar durchaus Vorhersagen – allerdings sind unsere Instrumente nicht einmal annähernd in der Lage, die kleinen Skalen bzw. riesigen Energien zu untersuchen, auf denen sich diese Vorhersagen abspielen. Und bis jetzt hat man die Stringtheorie auch noch nicht gut genug verstanden, um sich andere Experimente ausdenken zu können. Ganz hoffnungslos ist die Sache aber auch nicht; es kann durchaus sein, dass bestimmte Versuche an Teilchenbeschleunigern ein paar neue Effekte entdecken, die sich aus der Stringtheorie ergeben; sogar die Existenz der Extradimensionen könnte unter bestimmten Umständen nachgewiesen werden (zB wenn man die Gravitationskraft bei ganz kleinen Skalen misst und dabei merkt, dass sie sich nicht so verhält wie angenommen, weil sich die Gravitation dort über mehr als drei Dimensionen verbreitet).
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