Die EU-Wahlen sind schon im Gange und morgen wird auch in Österreich und Deutschland gewählt. Warum man zur Wahl gehen soll, obwohl die EU-Wahlen “langweilig” sind und wie man sie vielleicht interessanter machen könnte, habe ich ja schon letzte Woche erklärt (Und überraschenderweise hat gestern ein Politikwissenschaftler in den österreichischen Nachrichten erzählt, dass es schon eine Initiative gab, laut der ein einheitlicher europäischer Wahlzettel für die Wahl geschaffen werden sollte, wie ich mir das vorgestellt habe – die Länder haben das aber leider nicht umgesetzt…). Wer immer noch unschlüssig ist, wo sich das Kreuz morgen am besten machen lässt, und mehr über die Positionen der Parteien zu Wissenschaft und Bildung wissen möchte, kann diesen ausführlichen Artikel von EuroScientist lesen.
Die Lage lässt sich europaweit (leider) recht knapp und unerfreulich zusammenfassen: Die Parteien reden zwar viel von Wissenschaft und Bildung und davon, dass man diese Bereiche stärken muss. Konkrete Initiativen gibt es aber keine. Es passiert genau das, was die EU-Wahlen so unattraktiv macht. Die nationalen Parteien in den einzelnen Ländern konzentrieren sich auf nationale Themen und ignorieren die Tatsache, dass es sich um eine europäische Wahl handelt, bei der man auch mal über die eigenen Landesgrenzen hinaus denken sollte.
EuroScientist hat sich im Detail angesehen, was die verschiedenen Parteien in letzter Zeit über Wissenschaft und Bildung zu sagen hatten. Zum Beispiel zum großen Forschungsförderungsetat von Horizon 2020. Für die Förderung wissenschaftlicher Projekte in den nächsten Jahren stehen derzeit 77 Milliarden Euro auf dem Budgetplan. Aber 2016 wird das Programm nochmal überarbeitet und die spanischen Grünen fordern beispielsweise eine Verdoppelung auf 150 Milliarden Euro. In Deutschland ist man leider weniger konkret. Die SPD fände mehr Geld für die Forschung eine gute Sache, denkt aber nicht, dass es realistisch ist. Die CDU will weniger Schulden haben und die Grünen sind wissenschaftsfern genug zu denken, es wäre sinnvoll, sich bei der Forschungsförderung auf strategische “zukunftsorientierte” Felder zu beschränken. Wie man herausfindet, welche Grundlagenforschung in Zukunft wichtige Ergebnisse liefern wird und welche nicht, sagen sie nicht (wenig überraschend, denn das kann man auch nicht sagen). Andererseits sind SPD, Gründe und Linke dafür, verstärkt darauf zu achten, dass die Länder Europas das Ziel erreichen, mindestens 3% des BIP für Forschung auszugeben, was auch die polnischen Linken und britischen Grünen für eine gute Idee halten. Überall streitet man darüber, ob man die Ausgaben für Bildung ebenfalls in die 3% miteinrechnen soll oder nicht. Französische Konservative, deutsche FDP und andere rechtsorientierte Parteien sind der Meinung, man solle das tun; die linken Parteien sind dagegen.
In Österreich sind Grüne, die liberalen NEOS und das Wahlbündnis aus Kommunisten und Piratenpartei (“Europa Anders”) dafür, dass es für alle EU-Bürger keine Zugangsbeschränkungen mehr zu europäischen Universitäten gibt – die großen Parteien halten das aber offensichtlich für keine gute Idee. Der Bericht von EuroScientist hat noch jede Menge mehr interessante Informationen über die Wissenschaftslandschaft in Europa zu bieten, aber am Ende läuft es fast immer auf unverbindliche Aussagen ohne konkrete Maßnahmen hinaus. Wenn es überhaupt Aussagen gibt… In der der großen Debatte der “EU-Spitzenkandidaten” wurde über Wissenschaft und Forschung gar nicht gesprochen.
Gerade wenn es um Wissenschaft geht sollte eigentlich allen klar sein, dass hier nationale Befindlichkeiten eine untergeordnete Rolle spielen. Wissenschaft ist schon lange ein grenzüberschreitendes Geschäft und wenn jedes Land sein eigenes Süppchen kocht, kann das nur böse enden. WENN die Länder Europas auf irgendeinem Gebiet massiv kooperieren sollten, dann bei Wissenschaft, Forschung und Bildung! Es sollte keine Rolle spielen, aus welchen Land man kommt oder wo man lernt und forscht. Universitäten und Forschungsinstitute sollten allen Menschen in allen Ländern offen stehen. Je mehr Kontrolle Europa über die Wissenschafts- und Bildungspolitik hat, desto weniger können nationale Politiker mit ihren nationalen Befindlichkeiten die Entwicklungen stören. Aber dazu muss man auch dem EU-Parlament erst einmal klar machen, wie wichtig Wissenschaft für Europa ist…
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