Die Suche nach fremden Welten und fremden Leben beschäftigt die Menschheit schon seit Jahrtausenden (siehe dazu auch mein Buch “Die Neuentdeckung des Himmels”). Aber erst seit wenigen Jahren sind wir in der Lage, konkrete wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiet anzustellen. 1995 wurde der erste extrasolare Planet gefunden und mittlerweile kennen wir die fremden Welten recht gut. Es wird nicht mehr lange dauern, bevor wir Teleskope haben, die gut genug sind, um die sogenannten “Biomarker” zu finden, also die Gase in der Atmosphäre eines Planeten, die auf die Existenz von Leben hindeuten. Astronomen aus den USA haben nun eine weitere Methode vorgeschlagen, bei der es um die Suche nach intelligenten außerirdischen Lebewesen geht: Luftverschmutzung!
Bei der Suche nach Leben im All muss man zwei Dinge grundlegend unterscheiden: Die Suche nach Leben und die Suche nach intelligenten Leben! Ersteres ist vergleichsweise einfach und vergleichsweise erfolgsversprechend. Wir wissen, dass da draußen unzählige Planeten sind, auf denen Leben im Prinzip existieren kann. Wir wissen, dass wir kurz davor stehen, die entsprechenden Techniken zu beherrschen, mit denen sich Leben finden lässt, wenn es dort ist. Wir wissen nicht, wie wahrscheinlich die Entstehung von Leben ist, aber die große Zahl an fremden Planeten lässt seine Existenz zumindest plausibel erscheinen. Aber hier geht es nicht um fortschrittliche Alien-Zivilisationen; nicht um die Suche nach futuristisch-glänzenden Alien-Städten mit hoch-entwickelten Alien-Bewohnern. Es geht um Algen, Bakterien, Pflanzen und ähnlich “unaufregende” Lebewesen (obwohl meiner Meinung nach JEDE Form von außerirdischem Leben eine grandiose und revolutionäre Entdeckung wäre!). Diese Art von Leben in den nächsten Jahrzehnten zu finden (sofern vorhanden) ist durchaus realistisch. Bei intelligenten Aliens sieht die Lage ganz anders aus.
Zuerst einmal wissen wir nicht, wie häufig intelligentes Leben ist. Die Erde kam fast die gesamte Zeit ihrer Existenz wunderbar ohne Intelligenz aus. Leben existiert auf unserem Planeten im Prinzip von Anfang an. Seit die Bedingungen so waren, das Leben möglich war, gibt es auch Leben. Aber während all der Milliarden Jahren war das Leben nicht intelligent. Wir Menschen sind eine relativ neue und kurzfristige Erweiterung des irdischen Inventars. Es ist also durchaus nicht selbstverständlich, dass intelligentes Leben immer zwangsläufig die Folge der Existenz von Leben an sich ist. Außerdem ist es viel schwieriger, nach intelligenten Lebewesen zu suchen. Wir können die fremden Planeten ja nicht direkt sehen und selbst wenn das in den nächsten Jahren möglich sein wird, werden wir nie mehr sehen können, als schwache Lichtpunkte. Irgendwelche “Satellitenbilder” von fremden Kontinenten voller Alien-Städte wird es nicht geben. SETI, die Suche nach außerirdischer Intelligenz, hat sich daher bis jetzt mehr oder weniger darauf beschränkt, nach zielgerichteten Botschaften von Aliens zu suchen; nach Radionachrichten, die absichtlich ins All geschickt wurden um auf sich aufmerksam zu machen.
Nicht nur müssen die intelligenten Aliens also dort draußen sein; sie müssen auch noch aktiv auf sich aufmerksam machen wollen, damit wir eine Chance haben, sie zu finden. Das macht die Suche zu einer sehr frustrierenden und bisher auch erfolglosen Angelegenheit. Henry Lin vom Harvard College und seine Kollegen haben nun aber eine neue Strategie aufgezeigt. Man könnte doch mal probieren, nach außerirdischer Luftverschmutzung zu suchen (“Detecting industrial pollution in the atmospheres of earth-like exoplanets”).
Aliens stellen wir uns ja – ganz nach dem Vorbild der Science-Fiction – entweder als böse, welterobernde Monster oder als weise gottgleiche Überwesen vor. Aber was, wenn die Außerirdischen auch nur ganz normale Leute sind, die den ganz normalen Kram machen, den Leute halt so tun. Zum Beispiel ihre Umwelt verschmutzen… Wir Menschen haben die Atmosphäre unseres Planeten deutlich beeinflusst und das könnte auf anderen Planeten mit einer entsprechenden Zivilisation ebenso sein. Lin und seine Kollegen schlagen vor, dass man nach den Abfallprodukten dieser Zivilisation suchen könnte. Nicht unbedingt Gase wie Methan oder Stickoxide, denn die können auch natürlich produziert werden. Aber die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKWs) wären ein gutes Ziel. Diese speziellen Gase entstehen nicht von selbst und verschwinden wieder, wenn sie nicht laufend nachproduziert werden. Leider nicht so schnell, wie wir Menschen das gerne hätten – auf unserem Planeten haben sie das Ozonloch verursacht und das ist noch lange nicht weg (siehe dazu auch meinen Artikel über den Erfinder der FCKWs). Es gibt FCKWs, die nur wenige Jahrzehnte überleben und wenn man die in der Atmosphäre eines anderen Planet findet, ist das ein eindeutiges Zeichen dafür, dass sich dort noch eine aktive Zivilisation aufhalten muss. Es gibt aber auch FCKWs, die ein paar zehntausend Jahre überleben können und es ist wahrscheinlicher, das man zuerst auf diese Gase stößt (wenn es sie überhaupt gibt).
Als Ziel für die Suche schlagen Lin & Co Planeten vor, die weiße Zwerge umkreisen. Das sind eigentlich Sterne, die schon längst tot sind – trotzdem kann es dort Planeten geben und die Bedingungen für Leben sind erstaunlich gut (siehe hier und hier). Prinzipiell sollte die Suche aber bei allen potentiell bewohnbaren Planeten möglich sein (und ich vermute, dass man die weißen Zwerge in diesem Artikel nur deswegen so prominent erwähnt hat, weil Koautor Abraham Loeb auch der Autor der Arbeiten über die Habitabilität weißer Zwerge ist).
Das Instrument, mit dem die Autoren auf die Suche gehen wollen, ist das noch nicht existierende JWST (James-Webb-Space-Telescope), der Nachfolger des Hubble-Weltraumteleskops. Damit kann man auf die Suche nach Trichlorfluormethan und Tetrafluormethan gehen; beides Kältemittel die auch bei uns eingesetzt werden. Sind sie in ausreichender Konzentration in der Atmosphäre anderer Planeten vorhanden, ist ihre Detektion technisch machbar. Das JWST müsste unter Umständen zwar sehr lange beobachten, wie die folgende Grafik zeigt. Aber es wäre nicht unmöglich.
Das Bild zeigt auf der x-Achse die Konzentration der Gase im Vergleich mit der Konzentration auf der Erde und auf der y-Achse die für das JWST nötige Belichtungszeit, um die Gase nachweisen zu können. Trichlorfluormethan (CCl3F) kann man also zum Beispiel schon mit knapp 1,5 Tagen Belichtung finden, wenn die Konzentration in der Alien-Atmosphäre 100 Mal höher ist als bei uns.
Wesentlich leichter sind die klassischen Biomarker wie Methan, Stickoxide, Ozon, etc zu finden. Hier muss JWST nur wenige Stunden belichten um einen Nachweis erbringen zu können. Die Autoren schlagen also vor, zuerst nach ihnen zu suchen und dort, wo man fündig wird, noch einmal ganz genau hinzusehen und auf die Suche nach der Luftverschmutzung zu gehen.
Wie erfolgreich man mit dieser Strategie sein kann, lässt sich nicht sagen. Aber zumindest wäre es eine Methode, die 1) technisch machbar ist und bei der man 2) nicht darauf angewiesen, dass die Aliens von sich aus auf ihre Anwesenheit aufmerksam machen wollen. Und die Astronomen werden die Atmosphären von Exoplaneten so oder so untersuchen. Sobald die Teleskope der nächsten Generation in ein paar Jahren fertig sind, ist genau das der nächste Schritt in der Forschung. Man will die Planeten nicht nur finden, sondern auch verstehen und dazu muss man ihre Atmosphären kennen. Egal, ob da nun Aliens wohnen oder nicht – man wird die entsprechenden Daten sammeln und auswerten. Und wenn man schon mal dabei ist, kann man ja ruhig auch nach etwaiger außerirdischer Luftverschmutzung Ausschau halten. Wer weiß, was man findet…
Kommentare (13)