Es ist Juli und die Leute fahren in Urlaub. Viele irgendwo ans Meer oder sonst an einen Ort, an dem man sich erholen kann. Und so schön es sein kann, ein paar Tage lang überhaupt nichts zu machen und einfach nur am Strand zu liegen – so schön ist es auch, neue Dinge zu erleben und vor allem neue Sachen zu lernen (ansonsten könnte man ja auch gleich zu Hause bleiben wo alle so ist wie immer). Und zu sehen und zu lernen gibt es auf dieser Welt ja genug! Die meisten Reiseführer listen jede Menge Kirchen, Tempel und andere “klassische” Sehenswürdigkeiten auf. Aber es lohnt sich, auch mal nach Orten Ausschau zu halten, die vielleicht nicht unbedingt Kunstwerke und Statuen zu bieten haben, dafür aber jede Menge Wissenschaft.
Ich habe in diesem Artikel einmal all die Plätze auf dieser Welt aufgelistet, die ich gerne besuchen würde. Bei vielen davon wird das unmöglich sein; entweder weil man als Normalsterblicher nicht die Gelegenheit bekommt sie zu besuchen oder eine Reise außerhalb meiner finanziellen Möglichkeiten liegt. Andere Orte dagegen sind einfacher zu erreichen (und natürlich würde ich mich auch über Anregungen aus der Leserschaft freuen).
Amundsen-Scott-Südpolstation
Eine Forschungseinrichtung direkt am Südpol unseres Planeten! Mitten in einem ganzen Kontinent, auf dem keine Menschen (dauerhaft) leben, auf dem extreme Umweltbedingungen herrschen, auf dem Tag und Nacht ein halbes Jahr dauern und wo es Dinge zu sehen gibt, die man nirgendwo anders sehen kann! Wer würde diesen Ort nicht besuchen wollen? Ich würde wahnsinnig gern mal in die Antarktis fahren. Am liebsten natürlich zur Amundsen-Scott-Südpolstation um mir dort zum Beispiel das Neutrino-Observatorium IceCube anzusehen, das BICEP-Teleskop und all die anderen faszinierenden Forschungseinrichtungen. Ich würde aber auch zur Neumayer-Station fahren oder irgendeiner anderen Siedlung der Antarktis. Und dann dort auch tatsächlich ein wenig am faszinierenden Leben im ewigen Eis teilnehmen und nicht nur einfach mit nem Kreuzfahrtschiff vorbei fahren oder so. Aber wahrscheinlich wird mir nichts anderes übrig bleiben, als in Büchern über die Antarktis zu lesen…
Svalbard Global Seed Vault
Den Norden finde ich genau so faszinierend wie den Süden. Und da vor allem die Inseln von Spitzbergen. Auch dort findet jede Menge Wissenschaft statt und am liebsten würde ich den Svalbard Global Seed Vault besuchen. Das was dort geschieht, hat zwar nichts mit Astronomie zu tun sondern mit Biologie und Ökologie, ist aber nicht minder interessant. Ich habe ja ein Faible für Grundlagenforschung und es würde mich sehr interessieren direkt vor Ort zu erfahren, wie die Biologen von der Saatgutdatenbank im nordischen Eis profitieren können und was sie mit den Daten anstellen. Aber auch da werde ich mich wohl mit einem Blick aus der Ferne zufrieden geben müssen (immerhin gibt es eine gute Dokumentation (“Seed Warriors”) zu dieser Einrichtung). Aber vielleicht werde ich ja zumindest mal zu einem Besuch am University Centre Svalbard eingeladen – obwohl die dort vermutlich keinen Astronomen brauchen können…
Summit Camp
3216 Meter hoch, mitten auf der größten Insel der Welt und vermutlich noch einsamer und ungemütlicher als die Südpolstation: Das “Summit Camp” liegt in der Mitte von Grönland und wenn man nicht gerade einer der dort arbeitenden Wissenschaftler ist, hat man an diesem abgelegenen Ort vermutlich nichts verloren. Aber so ein kurzer Besuch dort wäre schon irgendwie nett… oder an einer der anderen Forschungseinrichtungen in Grönland.
Mauna Kea
Aber genug vom kalten Norden oder Süden. In Hawaii ist es auch schön – nicht nur unten am Strand, sondern auch auf den hohen Bergen. Abgesehen davon, dass ich sowieso schon immer gerne mal einen Vulkan besuchen will bzw. eine entsprechende Forschungseinrichtung stehen auf dem 4200 Meter hohen Gipfel dieses Berges auch jede Menge tolle Sternwarten herum die ich alle unbedingt sehen will! Aber ich hab mir ja damals unbedingt die theoretische Astronomie als Arbeitsgebiet aussuchen müssen – das hab ich jetzt davon! Ich bin immer nur in Uni-Büros rumgesessen und nie zu den großen Sternwarten an exotischen Orten gefahren (aber immerhin hab ich vor 5 Jahren mal an zwei Beobachter–Projekten mitgearbeitet und dabei sogar das Teleskop bedient – wenn also irgendwer in Hawaii ein bisschen Hilfe beim Beobachten braucht: sagt Bescheid!). Aber vielleicht komme ich ja zumindest mal in die Visitor Information Station und auch der Gipfel lässt sich als Besucher erreichen.
Europäische Südsternwarte
Und wenn wir schon mal bei den Teleskopen sind, dann will ich natürlich auch mal in die chilenische Wüste. Dort steht das Paranal Observatorium mit den großen VLT-Geräten. Aber auch das La-Silla-Observatorium ist sehenswert und wenn ich schon mal in der Gegend bin, dann würde ich auch gerne auf das über 5000 Meter hohe Chajnantor-Plateau gehen und mir ALMA ansehen. Und natürlich die Baustelle des EELT, dem bald größten Teleskop der Welt. Aber auch an diesen ganzen Sternwarten habe ich als theoretischer Astronom leider nie etwas zu tun gehabt. Immerhin kann man offizielle Reisen dorthin buchen – allerdings nur, wenn man sehr viel Geld übrig hat… Wenn man sich auf eigene Faust durch die Wüste kämpft, gibt es aber sogar jeden Samstag die Möglichkeit einer Führung durch die Sternwarten; nur um ALMA zu besuchen muss man Wissenschaftler oder Journalist sein.
Gran Telescopio Canarias
Etwas näher und von Deutschland aus günstiger zu erreichen ist das derzeit größte Teleskop der Welt, das Gran Telescopio Canarias. Die kanarischen Inseln sind ja touristisch gut erschlossen und man kann das Teleskop auch besuchen, wenn man kein Astronom ist. Derzeit steht die Insel La Palma noch nicht auf meinem Reiseplan, aber im Gegensatz zu den bisher genannten Reisezielen, ist das GTC zumindest eine realistische Option und falls jemand von euch den Sommer auf den Kanaren verbringt, dann kann ich euch nur empfehlen, dort mal vorbei zu schauen.
Parabelflug
Im Urlaub fliegt man ja auch oft mit dem Flugzeug. Meistens (hoffentlich!) ohne außergewöhnliche Vorkommnisse und im wesentlichen auf gleicher Höhe von A nach B. Ein Parabelflug dagegen wurde eigentlich zum Training für die Astronauten entwickelt; als eine Möglichkeit auch hier auf der Erde Schwerelosigkeit zu erfahren. Mittlerweile kann man solche Flüge auch als Privatperson buchen – vorausgesetzt man hat ein paar tausend Euro übrig. Aber mal sehen – vielleicht lässt sich ja auch der Pilot des Urlaubsfliegers dazu überreden, mal ein wenig “abzustürzen”, um den Fluggästen ein bisschen Schwerelosigkeit zu bescheren…
Centre Spatial Guyanais
Ja, es gibt auch Weltraumtourismus (zumindest auf dem Papier), aber mir würde es schon reichen, einfach mal nur einen Raumbahnhof zu besuchen und einer Rakete beim Start zuzusehen. Am liebsten einer Saturn V – aber die gibt es ja leider nicht mehr. Eine Reise nach Französisch-Guayana zum Weltraumbahnhof der Europäischen Weltraumagentur ESA mit dem Besuch eines Ariane-Starts wäre aber sicher auch sehr nett. Ob diese Ecke von Südamerika touristisch sonst noch etwas zu bieten hat, weiß ich nicht – aber zumindest ist es ein Teil von Frankreich und sollte halbwegs vernünftig erreichbar sein. Aber ich vermute, es ist einfacher, eines der NASA-Zentren zu besuchen als den europäischen Bahnhof mitten im Dschungel, der wohl nicht auf Touristen-Besuch eingerichtet ist. Aber zumindest die Presse dürfte dort ab und zu eingeladen werden und vielleicht bin ich ja irgendwann mal ein Journalist der wichtig genug für so eine Einladung ist…
ITER
Kernfusion fand ich immer schon enorm faszinierend und auch wenn die große europäische Kernfusionsanlage ITER noch eine Baustelle ist, würde ich trotzdem gerne mal direkt vor Ort von Experten über das Thema informiert werden. Und zur Not kann man in Südfrankreich, wo ITER gebaut wird, ja auch noch ein paar andere nette Dinge anstellen. In der Zwischenzeit wäre aber auch ein Besuch beim deutschen Wendelstein 7-X Fusionsreaktor in Greifswald interessant. Oder auch nur eine Führung durch eines der vielen Kernkraftwerke – aber die zählen ja leider normalerweise auch nicht unbedingt zu den touristisch erschlossenen Zielen in Deutschland…
GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung
Das GSI in Darmstadt klingt jetzt nicht unbedingt nach einer exotischen Urlaubslocation. Aber das ist der Ort, an dem immerhin sechs völlig neue chemische Elemente erzeugt worden sind und welcher Ort kann das sonst noch von sich behaupten? Nur das Vereinigte Institut für Kernforschung im russischen Dubna, das ich natürlich auch mal gerne besuchen würde. Aber die Chancen, dass ich irgendwann mal jemanden kennenlerne, der im GSI Darmstadt arbeitet und mich zu einer Führung dorthin einlädt sind wohl doch größer und netterweise kann man das GSI auch einfach so besichtigen. Mal sehen – ich muss im Herbst sowieso nach Hessen; da könnte ich auch endlich mal am Beschleuniger vorbei schauen. War jemand aus der Leserschaft schon mal dort und möchte davon berichten?
LIGO
Apropos große Forschungseinrichtungen: In den USA steht LIGO, das Instrument mit dem man hofft, einen direkten Nachweis von Gravitationswellen zu bringen. Und in Livingston, Louisiana gibt es auch ein LIGO Science Education Center, das mit Sicherheit einen Besuch wert ist. Ich war ja noch nie in den USA (ich war überhaupt noch nie außerhalb von Europa), aber wenn, dann wäre LIGO sicherlich eines meines bevorzugten Ziele. In Deutschland gibt es noch den kleineren GEO600-Gravitationswellendetektor – ohne Science Center aber dafür mit Tag der offenen Tür, den ich dieses Jahr leider verpasst habe. Mist.
Institute for Advanced Studies
Und wenn ich sowieso schon mal in den USA bin, dann will ich auch das IAS in Princeton sehen! Das ist “nur” eine normale Forschungseinrichtung und nicht mal eine öffentliche Universität und ich weiß nicht, ob es da ein großes touristisches Programm gibt. Aber dort hat Albert Einstein gelebt und gearbeitet und genau so wie man sich bei einem Besuch in Rom den Petersdom und den Trevi-Brunnen ansehen muss, muss man sich auch die Wirkungsstätte des größten Physikers aller Zeiten ansehen, wenn man eine wissenschaftliche Reise durch die Welt macht!
Biologische Anstalt Helgoland
Aber da Fernreisen sowieso nicht in meinem Budget vorgesehen sind, suche ich mir lieber noch ein paar lokale Ziele. Die Biologische Anstalt Helgoland zum Beispiel. Das ist sowieso immer einen Besuch wert, aber dort dann auch noch über die Forschung auf der Hochseeinsel informiert zu werden, wäre noch interessanter. Ich konnte leider auf der Homepage nicht herausfinden, ob es da die Möglichkeit für einen Besuch gibt; wenn jemand Bescheid weiß, würde ich mich über Informationen freuen. Betrieben wird die Station vom Alfred-Wegener-Institut und wenn ich mir ansehe wo das AWI überall Forschungsstationen betreibt und das mit meiner bisherigen Reiseliste vergleiche, dann sollte ich wohl über einen Jobwechsel nachdenken… 😉
Was gibt es sonst noch?
Die bisherige Liste ist natürlich absolut unvollständig. Ich habe nur die Ziele aufgezählt, die mir schon länger im Kopf herumgespukt haben – aber es gibt überall auf der Welt noch sehr viel mehr interessante Wissenschaft zu erleben. Wo würdet ihr gerne mal hinreisen? Wenn ihr Tipps habt; selbst schon interessante Orte besucht habt oder vielleicht sogar in einer sehenswerten Forschungseinrichtung arbeitet und wisst was man tun muss, um dort mal vorbei kommen zu dürfen: Dann sagt bitte hier in den Kommentaren Bescheid!
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