Den “Weltuntergang” durch die Säurewolke aus dem Weltall haben wir ja zum Glück schon hinter uns, genau so wie die diversen anderen angeblichen Weltuntergänge die in den letzten Monaten vorhergesagt wurden. Wie üblich war da nichts dran. Und das gilt auch für die nächste angebliche Apokalypse. Sie stammt von einer besonders obskuren Quelle: Der Spracherkennungssoftware “Siri”, die auf den Smartphones von Apple installiert ist. Fragt man Siri, was am 27. Juli 2014 passiert, dann antwortet die Software mit
“Opening Gates of Hades”
An diesem Tag öffnen sich also die Türen zur Hölle. Heißt das, dass die Welt untergeht? Nein, natürlich nicht! Aber es ist eine gute Gelegenheit, mal wieder ein bisschen über Kalenderkunde zu reden.
Denn die Tore der Hölle öffnen sich nicht nur am 27. Juli 2014. Laut Siri tun sie das auch am 14. August 2015 und haben das auch schon letztes Jahr am 7. August 2013 getan. Nicht nur scheint die Öffnung der Höllentore keinen großen Einfluss auf unsere Welt gehabt zu haben. Der Türöffner scheint auch ein wenig unpünktlich zu sein und nicht zu wissen, wann denn nun der Tag der offenen Tür zu sein hat…
Die unterschiedlichen Daten sind Hinweis darauf, dass es sich bei der Öffnung der Tür zur Unterwelt um ein Ereignis handelt, das jedes Jahr im Sommer stattfindet, aber nicht immer exakt zum gleichen Zeitpunkt. Und das ist ein Hinweis darauf, dass es sich um Ereignis handelt, dessen Zeitpunkt nicht nach unserem normalen Kalender bestimmt wird, sondern einem anderen Kalender.
Es gibt eigentlich nur zwei prinzipielle und natürliche Arten, einen Kalender zu konstruieren. Entweder man richtet sich dabei nach den Zyklen des Mondes oder nach den Zyklen der Sonne. Unser normaler Kalender, der gregorianische Kalender ist ein Sonnenkalender. Ein Jahr in diesem Kalender hat normalerweise 365 Tage und das entspricht in etwa der Zeit die auch die Erde braucht um die Sonne einmal zu umrunden. Der kleine Unterschied wird durch die Einführung von Schalttagen ausgeglichen und wie das im Detail funktioniert habe ich hier erklärt. Am Ende weicht ein durchschnittliches Jahr im gregorianischen Kalender nur noch um knapp 17 Sekunden von der realen Umlaufzeit ab und das ist gut genug. Damit ist sichergestellt, dass die Jahreszeiten immer an den gleichen Kalenderdaten stattfinden und zum Beispiel der 24. Dezember nicht irgendwann gefeiert wird, wenn auf der Nordhalbkugel der Erde Sommer herrscht.
Bei der zweiten Kalendermöglichkeit kann das ziemlich leicht passieren. Hier richtet man sich nach dem Mond. Von Vollmond bis Vollmond dauert es ungefähr 29,5 Tage und diese Dauer wurde früher als Basis für einen grundlegenden Kalenderzyklus genommen. Die ersten und ältesten Kalender waren Mondkalender denn die Mondphasen lassen sich recht leicht beobachten und leichter verstehen als der Lauf der Sonne. Das Problem ist allerdings, dass man mit Monaten kein Jahr voll bekommt. Wechselt man Monate mit 29 und 30 Tagen ab, dann hat man nach 12 Monaten 354 Tage beisammen. Das sind 11 zu wenig für ein volles Jahr. Macht man dann einfach weiter, verschieben sich alle Ereignisse im Kalender im Vergleich zu den realen Jahreszeiten und das ist äußerst unpraktisch. Man will ja einen Kalender gerade deswegen haben, um einen Überblick über die Jahreszeiten zu haben. Um zu wissen, wann man die Felder bestellen muss und wann geerntet werden kann. Oder um zu wissen, wann religiöse Feste gefeiert werden sollen. Die Jahreszeiten richten sich aber nach der realen Umlaufzeit der Erde um die Sonne und wenn der Kalender diese Umlaufzeit nicht möglichst exakt annähert, dann verschiebt sich alles ziemlich schnell.
Deswegen ging man schon bald dazu über, Lunisolarkalender zu konstruieren, die beide Zyklen kombinieren. Man nimmt die Monate als Grundlage, modifiziert sie aber, um die Übereinstimmung mit dem Sonnenzyklus nicht zu verlieren. Zum Beispiel in dem man nach den 12 Monaten immer wieder mal einen kürzeren Schaltmonat einführt. Nach diesem Schema funktionieren viele Kalender – zum Beispiel der jüdische Kalender, nach dem wir auch heute noch den Tag des Osterfests berechnen (siehe hier für Details). Und genau deswegen wird Ostern auch jedes Jahr an einem anderen Tag gefeiert: Der Kalender, auf dem dieses Fest beruht ist nicht unser gregorianischer Kalender, sondern ein anderer.
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