Es heißt ja immer, dass die “Alternativmedizin” ja zumindest nicht schadet, wenn sie schon nicht medizinisch nachweisbar wirkt. Wer gerne ein paar Kräutertees oder Zuckerkügelchen konsumiert, soll das ruhig machen. Schadet ja nicht. Oder doch? Abgesehen davon, dass “Alternativmedizin” nicht unbedingt mit “sanfter Pflanzenmedizin” gleichzusetzen ist (dieses Image ist nur auf erfolgreiche PR und Lobbyarbeit zurückzuführen) kann sie durchaus gefährlich sein. Weil sie eine Behandlung mit echten Medikamenten verzögert oder verhindert. Oder selbst schädlich ist. Bei dem derzeitigen Modetrend in der “alternativen” Szene ist das der Fall. Hier konsumiert man “MMS”. Das steht für “Miracle Mineral Supplement” oder “Multieffect Mineral Solution” und das klingt zuerst ja recht viel versprechend. Ein mineralisches Wundermittel, das laut seinem Erfinder Jim Humble so gut wie alles heilen kann, was es an Krankheiten zu heilen gibt, bis hin zu AIDS oder Krebs. Blöd nur, dass MMS bei genauerer Betrachtung aus dem giftigen Natriumchlorit besteht. Und als ob es nicht schon dumm genug wäre, eine stark ätzende und reizende Substanz zu konsumieren, wird MMS meistens noch mit einem “Aktivator” verkauft. Das ist eine Säure, die aus dem Natriumchlorit Chlordioxid macht. Und Chloridioxid ist nichts anderes als ein industrielles Bleichmittel. Kein normal denkender Mensch käme auf die Idee, Bleichmittel zu trinken und sich davon irgendwelche gesundheitlichen Vorteile zu erhoffen. In der “Alternativmedizin”-Szene gilt MMS allerdings weiterhin als neue, revolutionäre Therapie die nur deswegen nicht überall eingesetzt wird, weil die böse Pharmaindustrie gemeinsam mit den noch böseren Regierungen dieser Welt alles unterdrückt. Besonders tragisch ist es immer dann, wenn Eltern ihre Kinder mit solchen Mittelchen Schaden zufügen. Denen geht es natürlich schlecht, wenn sie das Bleichmittel eingeflößt bekommen. Aber die (natürlich!) auftretenden Vergiftungserscheinungen werden von den MMS-Vertretern als Zeichen der “Heilung” interpretiert.
Misha Anouk vom indub.io-Blog hat die Thematik zusammengefasst und dankenswerterweise dazu auch ein aufklärendes Video produziert, das hoffentlich weit verbreitet wird. Wer sich tatsächlich so weit von jeder Realität entfernt hat und denkt, dass Bleichmittel ein wirksames Medikament für Kinder wäre, ist durch rationale Argumente vermutlich sowieso nicht mehr zu erreichen. Aber vielleicht hilft diese Information dabei, dass nicht noch mehr Menschen auf diesen gefährliche “Therapie” hereinfallen und sich bzw. ihren Kindern unabsichtlich Schaden zufügen.
Es ist gut, dass MMS nicht als Medikament zugelassen ist. In diesem Fall wäre es allerdings angebracht, das Zeug komplett zu verbieten. Gab es nicht mal so etwas wie Konsumentenschutz?
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