Nimmt man aber diese Zahlen und sortiert sie nach den Zeiträumen und Rangstufen unter Ministerialräten und Ministerialsekretären, so stellt man fest daß die zahl der Nichtbayern, die vor 1847 immerhin 22,8% der Ministerialräte ausgemacht hatten auf Null fällt – im Gegenzug steigt die Zahl der Schwaben und Pfälzer konsequent an.

Bei den Ministerialsekretären bietet sich ein ähnliches Bild – wobei es im Zeitraum von 1825 bis 1864 keinen Pfälzer Ministerialsekretär im bayerischen Innenministerium gegeben hat. Der Anteil der Franken war bei Ministerialräten höher als bei den Referenten, insgesamt waren sie leicht stärker repräsentiert als es ihrem Bevölkerungsanteil entsprach, ganz im Gegensatz zu Schwaben und Pfälzern, die teilweise vollkommen unterrepräsentiert waren. Götschmann erklärt dazu (Zitat): “Hier dürfte es sich allerdings im eine innenministerielle Besonderheit handeln, da die Pfalz wegen ihrer zahlreiche abweichenden Verwaltungsvorschriften immer ein Fremdkörper in der inneren Verwaltung blieb. Offensichtlich fehlte aber auch der Wille, eine Integration aus dieser Ebene voranzutreiben. Dies ersieht man daraus, daß nicht ein einziger Pfälzer als Ministerialseketär eingestellt wurde, denn damit unterließ man von vorneherein jeden versuch, intensive Verbindungen auf der obersten Ebene der Inneren Verwaltung herzustellen.” (Zitat Ende).

Diese fehlende Verbindung auf der Ebene der Inneren Verwaltung schließlich machte es den Pfälzern schwer, den Anschluß nach Bayern zu finden und wenigstens verwaltungstechnisch “dazu zu gehören”.

Meine Damen und Herren,

wenn ich nun ein Fazit ziehen müsste, so muß ich noch einmal an den Anfang zurückkehren. Ausgehend von den Entwicklungen der Behördenstruktur zwischen 1817 und 1864, die ich Ihnen anhand zweier Bereiche, namentlich dem Bauwesen und dem Schulwesen sowie der geistlichen Aufsicht, führte ich Sie durch die Entwicklungen der Sozialstruktur des Ministeriums mit der besonderen Berücksichtigung auf den Bruch 1847, der als Zäsur auch in der innenministeriellen Entwicklung zu verstehen ist und letzten Endes landeten wir nun beim in Bayern allgemein so beliebten Regionalproporz.

Welches Bild ergibt sich aus diesen Erkenntnissen für die Horizonte administrativen Handelns im mittleren 19. Jahrhundert in Bayern?

Die Entwicklung zum modernen Staat war in ganz Europa zu spüren und ist auch für jeden deutschen Teilstaat nachzuvollziehen, allerdings gibt es eine Reihe von Unterschieden die historischer, kultureller und politischer Natur geschuldet waren. Während sich in Preußen eine professionelle, aber vor allen Dingen gehorsame Beamtenschaft entwickelte, die dem preußischen König nicht nur ergeben, sondern auch bis zum letzten Detail untergeordnet war, so zeigen sich in Bayern andere Entwicklungen. Bayerische Beamte waren nicht weniger loyal als preußische, aber das Berufsbeamtentum legte viel Wert auf die Unanfechtbarkeit der Verfahrensweise.

Willkürliche Strafversetzungen von unliebsamen Beamten kamen zwar vor, wurden aber höchstens geduldet und oftmals setzte sich die Behörde für den in Ungnade gefallenen Beamten ein. Insbesondere nach der Revolution von 1848 gab es zwar eine Reihe von Verhaftungen, Aburteilungen und Entlassungen, aber es setzte weder eine politische Verfolgung, noch eine scharfe Gewissenskontrolle der Ministerien ein, wie das in Preußen der Fall gewesen war.

Im Gegenteil: Durch das Beibehalten der Märzforderungen in ihrer Substanz, also der Versammlungsfreiheit und der Vereinsfreiheit, sogar durch das Einspannen der letzteren für politische Ziele blieb in Bayern die Lage verhältnismäßig ruhig.

Gleichzeitig festigte dieses Verhalten den Schwund an Kontrolle des Monarchen über die Bürokratie, die damit die Macht über Funktion und Wohl des Staates übernahm, wie Max Weber treffend analysierte. Die sich entwickelnde Rechtssicherheit, die nicht nur verfassungsrechtliche Aspekte hat, sondern auch verfahrensrechtliche gab dem Apparat die Kontrolle über das wie – und die sich durch ihn entwickelnde gesellschaftliche Schicht nahm diese Macht an sich.

Die Macht der Behörden war und ist jedoch beschränkt – sie ist nicht nur ebenso an Recht und Gesetz gebunden, sondern in bestimmten Gebieten dem Monarchen auch nach wie vor streng untergeordnet – das galt besonders für den Bereich Außenpolitik, was das Beispiel zeigt, als sich Maximilian II. gegen die Reichsverfassung des Paulskirchenparlaments aussprach und es damit zu Fall brachte – obwohl seine eigenen Beamten zu einem nicht unerheblichen Teil anderer Ansicht waren.

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Kommentare (7)

  1. #1 Crazee
    12. September 2014

    Zunächst einmal das Lob: Ich habe bisher noch nicht einmal geahnt, dass man sich über so ein Thema gedanken machen kann und auch sollte. Eine geschichtliche Veränderung der Gesellschaft/des Staates über die Veränderungen seiner Verwaltung zu bewerten ist sicherlich interessant. Von daher finde ich es prima, dass dieser Artikel hier das Publikum bekommt.

    Aber: Ich habe es leider nicht geschafft, den Artikel bis zum Ende durchzulesen. Für mich sind es vermutlich zu viele Fakten, die mich daran hindern, die Struktur der Veränderungen mitzubekommen. In diesem Rahmen vielleicht schwierig: Vielleicht wäre das Thema in zwei Happen ggf. mit irgendetwas graphischem für jemand themenfremden besser geeignet.

    Aber danke für den Denkanstoß.

  2. #2 Florian Freistetter
    12. September 2014

    Ich fand das Thema auch interessant; hätte aber ebenfalls einen kürzeren Text bevorzugt; am besten mit ein paar Bildern als Auflockerung. In der Form ist der Text dann doch ein wenig zu “akademisch” für den Laien

  3. #3 Crazee
    12. September 2014

    Selbst ein oder zwei Symbolfotos (z.B. vom aktuellen Ministerium) mit einer munteren Bildunterschrift würden schon helfen (macht Florian auch manchmal). Z. B. hier: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2014/09/08/warum-suchen-wissenschaftler-immer-nur-nach-ausserirdischem-leben-das-dem-auf-der-erde-aehnlich-ist/

  4. #4 Sven
    Berlin
    12. September 2014

    Hey super Text! Echt informativ und spannendes Thema. Die Länge waqr jetzt nicht das Problem, das bin ich gewöhnt. Natürlich schön, dass man anhand der Anmerkungen alles nachvollziehen kann und wenn man will auch den Schneeballeffekt der eigenen Nachforschungen aktivieren…

  5. #5 thomas
    12. September 2014

    Nette Aufarbeitung eines Themas über das ich mir auch noch nie Gedanken gemacht habe. Danke dafür!
    Als Blogartikel IMO ein wenig zu lang…

  6. #6 Dampier
    12. September 2014

    Hallo Last Knight Nik,

    ich muss zugeben, dass ich den Artikel zum Ende hin nur noch quergelesen habe. Ich finde man merkt, dass es ein Vortrag ist, der sich an einen Saal voller Fachleute richtet. (Ich kann fast den Hall im Saal hören, das Rascheln von Kleidung, leises Husten, knarzende Stühle …)

    Von einem Blogartikel würde ich eine direktere Ansprache an die Leser erwarten, hier hätte ich eine Zusammenfassung im Erzählton passender gefunden, die auch ein wenig die Persönlichkeit des Autors durchschimmern lässt und vielleicht dessen Begeisterung für das Thema vermittelt – eher so wie man vielleicht bei einem guten Abendessen im Freundeskreis über sein Fachthema sprechen würde.

    Das macht für mich einen guten Blogartikel aus, wenn ich die Begeisterung des Autors für sein Thema spüre. Deswegen lese ich Florians Artikel so gern und zB. auch Bettina Wurches Meertext, da lasse ich mich gern mitreißen. Das ist hier leider nicht der Fall.

    nix für ungut 😉

    Grüße
    Dampier

  7. #7 Lastknightnik
    16. September 2014

    Hi,

    verstehe ich gut. Ich hatte ihn damals mal online gestellt weil ich das Thema eben interessant fand – undwarum nicht auch mal einen historischen / wissenschaftlichen Vortrag so quasi veröffentlichen.

    Ihr habt aber Recht; Vielleicht bearbeite ich das mal irgendwann und setze es in Häppchen bzw. EInzelartikeln / -ergebnisse um.