Dieser Gastartikel ist ein Beitrag zum ScienceBlogs Blog-Schreibwettbewerb. Alle eingereichten Beiträge werden im Lauf des Septembers hier im Blog vorgestellt. Danach werden sie von einer Jury bewertet. Aber auch alle Leserinnen und Leser können mitmachen. Wie ihr eure Wertung abgeben könnt, erfahrt ihr hier.
Dieser Beitrag wurde von Paul Busse eingereicht.
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Als Student der Elektrotechnik nehme ich regelmäßig an Exkursionen teil. Meist werden dabei Orte besucht, wie man sie erwarten würde: Kraftwerke, Elektronikhersteller, Rundfunkanstalten oder Forschungszentren wie die PTB. Worüber ich schreiben möchte, ist jedoch eine Exkursion der ungewöhnlichen Art, nämlich in das Klinikum Salzdahlumer Straße in Braunschweig. Hier habe ich nicht etwa einfach einen Rundgang durch ein Krankenhaus gemacht. Nein, ich stand während einer Operation im OP-Saal. Möglich ist das, weil man an der TU Braunschweig sich in der Elektrotechnik auch in Richtung der Medizintechnik spezialisieren kann. Bestandteil dieser Spezialisierung ist eine Vorlesung “Medizin für Ingenieure”, in der auf freiwilliger Basis die Hospitation bei einer Herz-OP angeboten wird. Ich war mir zuerst sehr unsicher, ob ich dieses Angebot annehmen sollte. Immerhin war ich schon in der Vorlesung der einzige, der beim Anblick der OP-Bilder und -Videos umgekippt ist. Wie sollte das erst live im OP-Saal werden? Aber ich hab mich dennoch getraut und zusammen mit meinem Mitbewohner für die OP angemeldet.
Der Tag der OP ging für Studentenverhältnisse früh los. Um 7 Uhr schlugen wir im Krankenhaus auf und wurden in den Umkleideraum geführt. Hier hieß es sich bis auf die Unterhose zu entkleiden um mit der schicken OP-Kleidung eingekleidet zu werden. Mit grüner Hose und grünem Oberteil, Gummilatschen, Gesichtsmaske und OP-Haube sahen wir dann schon sehr professionell aus. Bevor wir jedoch in die heiligen Hallen durften, mussten wir noch unterschreiben, dass wir ab jetzt der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen. Alles was nicht allgemein bekannt ist, darf ich deshalb nicht berichten. Im Besprechungsraum saßen die Ärzte bereits. Hier wurde durchgegangen, welche Patienten mit welchen Diagnosen für den Tag auf dem OP-Plan standen und welches Vorgehen bei der OP geplant war. Mein Mitbewohner und ich wurden einer Aortenklappenrekonstruktion zugeordnet. Im Vorbereitungsraum trafen wir dann auf den Patienten. Hier wurde die Narkose eingeleitet und der Patient zur Beatmung intubiert, also ein Beatmungsschlauch durch den Mund bis in die Luftröhre eingeführt. Außerdem wurden weitere für die OP notwendige Zugänge und Messinstrumente gelegt. Über eine Sonde in der Oberschenkelarterie wird der Blutdruck direkt gemessen. Die Narkosenadel im Handrücken war gleich an ein ganzes Schlauch- und Ventilsystem angeschlossen, über das ein ganzes Arsenal an Analgetika, Koanalgetika und Adjuvantien gegeben wurde, von denen ich die Hälfte noch nie gehört hatte. Über die Halsarterie wurde ein Draht bis zum Herzen geschoben, der den Puls maß, aber durch seine Nähe zum Herzen schon bei leichtem Wackeln den Puls auch beeinflusste. Hier war eigentlich noch nichts zu sehen, was man nicht auch beim Hausarzt zu sehen bekommt, dennoch wurde mir schon hier etwas unwohl. Die Ansage der Ärzte war: “Wir können uns nur um einen Patienten kümmern und der auf dem Tisch hat Priorität”. Also setzte ich mich zur Sicherheit kurz auf den Boden. Als es mir wieder besser ging, stand ich auf genau in dem Moment, in dem der unangenehmste Zugang gelegt wurde. Um während der OP auch die Harnabgabe überprüfen zu können, wurde ein Blasenkatheter gelegt. Der dafür verwendete Schlauch sah einfach viel zu groß aus. Damit war die Vorbereitung aber auch abgeschlossen. Nach fast einer Stunde war der Patient bereit in den OP-Saal geschoben zu werden.
Sagte ich, die Vorbereitung wäre abgeschlossen? Weit gefehlt. Jetzt musste der Patient noch von Kopf bis Fuß mit Desinfektionsmittel eingestrichen werden. Hier ein kleiner Insidertipp an alle, die sich mal einer OP unterziehen müssen: Auch wenn ihr denkt, dass ihr doch eh nur da rum liegt, geht trotzdem vorher nochmal duschen. Die OP-Schwester, die euch unter den Achseln einpinseln muss, wird es euch danken. Am ganzen Körper gelb und eingedeckt in OP-Tücher war der Patient dann aber wirklich bereit für die eigentliche Operation. Am Kopfende des Patienten standen wir auf einem Podest, um über das Tuch blicken zu können, dass den hochsterilen Bereich mit dem Patienten und den Chirurgen von dem Bereich trennte in dem wir mit dem Anästhesisten standen.
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