Vor allem England, zu dieser Zeit die unangefochtene europäische Seemacht fürchtet sich vor Machtverlust. Auch wird der Ärger der Engländer 1896 durch die Krüger-Depesche noch verstärkt: Nachdem Großbritannien bei dem Versuch die Burenrepublik Transvaal durch militärischen Eingriff einzunehmen scheitert, reagiert das deutsche Außenministerium äußert taktlos. Der Kaiser schickt ein Telegramm an den Burenkönig, in dem er zur Niederschlagung des britischen Aufstandes gratuliert. Die Britten sind empört und ziehen sich als Konsequenz dieser ganzen Geschehnisse aus dem Mittelmeerabkommen zurück und nähert sich Frankreich durch die „Entente Cordiale“, einem Interessenabkommen zwischen den beiden Ländern.
Doch nicht nur England, sondern auch Russland fühlt sich vom Deutschen Reich vor den Kopf gestoßen. 1900 möchte Russland den bestehenden Neutralitätsvertrag mit dem Deutschen Reich verlängern, der Kaiser zeigt allerdings kein Interesse. Andere, strategisch günstige Abkommen suchend, wendet sich der Zar nun zuerst an Frankreich und bildet mit diesem 1894 einen Zweibund, 1907 bildet sich zwischen Russland, England und Frankreich schließlich die „Triple Entente“, – welche eine Erweiterung der „Entente cordiale ist “ – ein Bündnis, das das Deutsche Reich nun fast vollkommen isoliert. Beachtenswert ist auch, dass Deutschland es praktisch geschafft hat, die anderen Staaten so gegen sich aufzuwiegen, dass sogar historische Feinde wie Russland und England sich verbündeten und Frankreich – trotz früherer politischer Isolation aufgrund der Niederlage gegen den Deutschen Staatenbund von 1870/71 – auch wieder in deren Verträge einbezogen wurde. Das zeigt sich auch an den beiden Marokkokrisen 1905 und 1911. Kaiser Wilhelm wurde sich der ausgeschlossenen Lage seines Reiches bewusst, weshalb er in einer internationalen Versammlung klären wollte, wie Marokko aufgeteilt werden sollte. Sein Ziel war die erneute Isolation Frankreichs. Zwar wurde auf dieser Konferenz Deutschland sowie allen anderen Staaten wirtschaftliches Handeln erlaubt, faktisch hatte aber Frankreich den größten politischen Einfluss in der Kolonie. Des deutschen Kaisers Bemühungen waren also umsonst gewesen. Der zweite Teil der Marokkokrise (auch genannt Panthersprung nach Adagir) verlief dann für die Deutschen noch unglücklicher: Als Drohgebärde für die Franzosen, die immer tiefer in Marokko eindrangen, ließ das Reich das Flottenschiff „Panther“ in den Hafen der Kolonie einlaufen. Jedoch wieder schlagen sich die anderen Großmächte auf die Seite der Franzosen, die deutschen Forderungen nach mehr Einfluss bleiben unerfüllt.
Alles in allem ist spätestens jetzt eine so spannungsgeladene Stimmung in Europa erreicht, dass eine Eskalation unausweichlich scheint. Drei Jahre später ist es dann soweit, wir sind am Anfang des Artikels angelangt. Mit dem Attentat auf Sarajevo steuert Europa auf den Untergang zu.
Kommentare (13)