Nächste Woche wird es wieder spannend! Von 6. bis 10. Oktober werden die Gewinnerinnen und Gewinner der diesjährigen Nobelpreise verkündet. Den Anfang macht die Kategorie “Medizin und Physiologie” am 6. Oktober; am Dienstag dem 7. Oktober ist dann die Physik an der Reihe, am Mittwoch die Chemie und der Friedensnobelpreis wird am Freitag dem 10.10 verliehen. Und wie jedes Jahr wird vorab schon heftig spekuliert, wer denn nun gewinnen wird.
Letztes Jahr war es relativ einfach, vorherzusagen dass der Preis an Peter Higgs und seine Kollegen gehen wird. Dieses Jahr ist die Sache nicht ganz so einfach – zumindest für mich. Was Chemie und Medizin angeht habe ich sowieso zu wenig Ahnung um einschätzen zu können, welche Leistungen preiswürdig sind und welche nicht. Und bei der Physik ist es für mich auch ziemlich schwierig. Da werden die Preise ja vom Komitee äußerst gerne für Teilchen- und Festkörperphysik vergeben und auch hier bin ich kein Experte. Ich traue mir nur bei den astronomischen Entdeckungen eine brauchbare Einschätzung zu – aber Astronomie war ja erst 2011 an der Reihe und es ist zweifelhaft, ob 3 Jahre später schon wieder astronomische Forschung ausgezeichnet werden wird.
Obwohl ich immer noch hinter meiner (fehlgeschlagenen) Prognose aus dem Jahr 2011 stehe: Die Entdeckung der ersten extrasolaren Planeten IST nobelpreiswürdig und wenn alles mit rechten Dingen zugeht, dann MUSS es dafür früher oder später einen Preis geben. Man wäre in diesem Fall auch in einer vergleichsweise günstigen Lage und müsste sich nicht mit den üblichen Problemen herum ärgern. Als letztes Jahr Peter Higgs und Francois Englert ausgezeichnet wurden, gab es (zu Recht) Diskussionen: Warum wurden nicht auch die anderen Forscher berücksichtigt, die ebenso wichtige Beiträge bei der Entwicklung des Higgs-Mechanismus geliefert haben? Wieso hat man die Experimentalphysiker am CERN nicht ausgezeichnet? Ohne sie wäre das alles nur reine Spekulation von Theoretikern geblieben und erst ihre Entdeckung hat Higgs’ Arbeit überhaupt nobelpreiswürdig gemacht. Die Regeln des Nobelkomitees sind alt und entsprechend konservativ: Nur drei Forscher können ausgezeichnet werden und große Teams werden nicht berücksichtigt. Das mag vor 100 Jahren noch Sinn gemacht haben, aber heute finden Entdeckungen meist innerhalb großer internationaler Kooperationen statt und es lassen sich schwer Einzelpersonen identifizieren, denen man dann den Preis in die Hand drücken kann.
Bei der Entdeckung der ersten extrasolaren Planeten durch Michel Mayor und Didier Queloz im Jahr 1995 ist die Sache aber recht deutlich. Es war kein gewaltiges Team, dass diese Beobachtung gemacht hat, sondern eben nur die beiden Schweizer. Und es haben zwar auch viele andere Wissenschaftler weltweit die gleiche Suche durchgeführt und auf dem gleichen Gebiet gearbeitet, aber Mayor und Queloz haben sich bei der Suche am klügsten angestellt; die Datenauswertung am besten im Griff gehabt und sich getraut, die auf den ersten Blick absurd scheinenden Daten zu veröffentlichen. Sie sind zu Recht die ersten gewesen, die einen Planeten gefunden haben und man muss nicht streiten, wer ausgezeichnet werden soll. Selbst die 1991 gemachte Entdeckung der Pulsarplaneten durch Wolcszan und Frail schafft keine Probleme. Das war zwar tatsächlich eine spannende Sache – aber ein Einzelfall ohne weitreichende Folgen. Seit damals hat man gerade mal einen weiteren Pulsar mit Planeten entdeckt; diese Himmelskörper scheinen also im großen Ganzen der Dinge keine Rolle zu spielen. Ganz im Gegenteil zu den echten extrasolaren Planeten bei echten Sternen wie sie von Mayor und Queloz gefunden wurden. Von denen haben wir mittlerweile noch ein paar tausend gefunden und sie haben die gesamte Astronomie revolutioniert und werden das auch in Zukunft tun. Die Leistung von Wolcszan und Frail war zwar interessant und wichtig; die von Mayor und Queloz aber genau die Art von Entdeckung, die üblicherweise als “nobelpreiswürdig” bezeichnet wird. Man kann höchstens noch darüber streiten, ob man neben den beiden Erstentdeckern auch noch Wissenschaftler auszeichnen soll, die wichtige Arbeit auf dem Gebiet geleistet haben: Ein Platz wäre ja noch frei, denn es dürfen ja drei Leute gleichzeitig ausgezeichnet werden. In diesem Fall würde man vermutlich den Pionier Geoff Marcy wählen, der mehr Planeten entdeckt hat, als alle anderen Astronomen (oder vielleicht sogar jemand aus dem Team des Kepler-Teleskops).
Mayor und Queloz müssen irgendwann einen Nobelpreis bekommen; alles andere wäre höchst ungerecht. Bei der Medienagentur Thomson Reuters sieht man das dieses Jahr aber anders. In der Vergangenheit hat man dort die Laureaten schon oft richtig vorhergesagt. Für 2014 hat man sich dort wieder auf die Festkörper- bzw. Quantenphysik entschieden und prognostiziert Nobelpreise für Charles L. Kane, Laurens W. Molenkamp und Shoucheng Zhang für deren Arbeit zu Spin-Hall-Effekt und topologischen Insultaoren; für James F. Scott, Ramamoorthy Ramesh und Yoshinori Tokura für deren Arbeit zu multiferroischen Materialien und ferroelektrischen Speichermedien und für Peidong Yang und dessen Arbeit zu organischen Leuchtdioden.
Ich kann nicht einschätzen, ob das vernünftige Prognosen sind oder welche dieser Leistungen in Sachen Nobelpreis zu favorisieren wäre. Aber solange Mayor und Queloz noch keinen Preis erhalten haben, werde ich weiterhin jedes Jahr wiederholen, dass die beiden gefälligst ausgezeichnet werden müssen!
Nachtrag (07.10.2014): Gewonnen haben die Erfinder blauer LEDs. Warum das trotzdem etwas mit Astronomie zu tun hat, habe ich hier erklärt.
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