Heute ist der Tag der Deutschen Einheit. Ein durchaus wichtiger Tag der ein durchaus wichtiges Ereignis würdigt. Aber da ich hier ja eher über Astronomie schreiben will und weniger über Politik, erzähle ich euch lieber etwas zur Astronomischen Einheit. Die hat mit dem 3. Oktober nicht viel zu tun, ist aber trotzdem sehr interessant. Es geht dabei auch nicht um die Vereinigung zweier verfeindeter Lager von Astronomen – sondern um die fundamentale Einheit der Entfernung im Sonnensystem.
Wir sind heute in der komfortablen Lage, Unmengen an Daten über das Sonnensystem zu besitzen. Ein Blick in die Wikipedia reicht aus, um schnell Größe, Entfernung, Masse und jede Menge andere Daten über die Himmelskörper in unserer Umgebung in Erfahrung zu bringen. Dazu gibt es dann meistens auch noch hübsche Bilder die von diversen Raumsonden aufgenommen worden sind. Wir können uns nur schwer vorstellen, wie wenig man vor noch gar nicht allzu langer Zeit über unser Planetensystem gewusst hat.
Bevor ab den 1950er Jahren die Raumfahrt langsam Schwung aufgenommen hat und erste wissenschaftliche Instrumente zu den Planeten geflogen sind, wusste zum Beispiel niemand, wie es auf unseren Nachbarn Mars und Venus tatsächlich aussieht. Leben auf dem Mars oder große Dschungel auf der Venus lagen damals durchaus noch im Bereich der wissenschaftlichen Plausibilität. Und selbst die Größenverhältnisse in unserem Sonnensystem waren lange Zeit nicht bekannt.
Klar, schon die alten Griechen haben sich kluge Gedanken über die Größe der Erde gemacht; über den Abstand zu Mond und Sonne und so weiter. Aber mit den damaligen Methoden waren das nicht sehr genaue Werte und vor allem meistens relative Werte. Man konnte also zum Beispiel sagen, dass der Abstand zwischen Erde und Sonne ein konkretes Vielfaches des Erdradius beträgt – aber ohne den Erdradius genau zu können blieb die absolute Distanz unbekannt.
Bei den Planeten war es genau so. Seit Keplers berühmten Gesetzen die er Anfang des 17. Jahrhunderts entwickelt hatte, war es zwar möglich, die relativen Abstände anzugeben und man konnte zum Beispiel sagen, dass der Mars 1,5 Mal weiter von der Sonne entfernt ist als die Erde und der Jupiter 5 Mal weiter weg. Aber wie weit das wirklich ist, wusste man nicht, weil man die absoluten Abstände nicht kannte.
Der (damals unbekannte) Abstand zwischen Erde und Sonne ist die Astronomische Einheit (AE) und könnte man ihren absoluten Wert bestimmen, dann wüsste man mit einem Schlag über die wahre Größe des Sonnensystems Bescheid. Heute gelten meistens die Venustransits in den Jahren 1761 und 1769 als die Ereignisse, die zur Lösung dieses Problems geführt haben. Damals nutzte man das seltene Ereignis, um aus einer möglichst genauen Beobachtung des Vorbeizugs der Venus an der Sonne den Abstand zur Erde zu bestimmen. Wissenschaftler aus aller Welt haben sich über die ganze Welt verteilt um entsprechende Messungen anzustellen (ich habe hier darüber geschrieben) und am Ende konnten sie tatsächlich einen vernünftigen Wert für die Astronomische Einheit berechnen.
Aber schon fast 100 Jahre zuvor hatten sich zwei Astronomen des Problems angenommen. Der eine war der heute noch berühmte Giovanni Domenico Cassini, der Direktor der Pariser Sternwarte (auf diesen Posten sind ihm sowohl sein Sohn, sein Enkel und sogar noch sein Urenkel nachgefolgt). Der andere war sein heute eher vergessener Assistent, Jean Richer. Im Jahr 1672 stand der Mars genau in Opposition zur Erde; das heißt Mars, Erde und Sonne befanden sich auf einer Linie und der Mars war der Erde sehr nahe. Cassini schickte seinen Assistenten Richer in die fast 7000 Kilometer entfernte französische Kolonie Guayana wo er in der Stadt Cayenne (in deren Nähe sich heute der Weltraumbahnhof der Europäischen Weltraumagentur befindet) den Mars beobachten sollte. Zur gleichen Zeit wollte Cassini von Paris aus die Position des Mars vermessen.
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