Gerade erst hat Alderamin mit seinem hervorragenden Beitrag über die Größe des Universums, den ScienceBlogs-Schreibwettbewerb gewonnen. Und schon gibt es wieder einen Gastbeitrag von ihm: Diesmal geht es um eine Schiffsreise zum Polarlicht. Viel Spaß damit! (Alderamin hatte mit Sicherheit viel Spaß…)
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Wir befinden uns im Ausgang des aktuellen Sonnenzyklus-Maximums. Normalerweise gereicht es um die Maximumzeit immer mal zu dem einen oder anderen Polarlicht auch in unseren Breiten. Im Herbst 1989 sah ich ein Polarlicht ganz zufällig beim Abendspaziergang mit dem Hund und ein paar Wochen später glühte der ganze Himmel kirschrot, als ich mit einem befreundeten Hobby-Astronomen beobachten wollte. 2003 gab es ebenfalls helles visuelles Polarlicht und ich konnte ein paar Aufnahmen davon machen.
Früher musste man Glück haben, zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle zu sein, um das Polarlicht in Deutschland zu sehen. Heute kann man sich in eine Polarlicht-Warnliste eintragen und sich von dort per E-Mail benachrichtigen lassen, wenn Polarlicht erwartet bzw. gesichtet wird. Und man kann Daten von Sonnenbeobachtungssatelliten und Magnetometern im Internet einsehen, um die aktuelle Entwicklung zu verfolgen. Aber dieses Mal ist das Maximum verspätet und ziemlich schwach ausgefallen. Es gab ein paar Mal schwaches Polarlicht an der Nordseeküste, weiter südlich konnte man es nur fotografisch aufnehmen. Am Tag mit der größten Aktivität mit ein paar Sichtungen in anderen Teilen Deutschlands war es bei uns im Westen komplett bewölkt.
Also was tun? In der U-Bahn in Hamburg lachte mich letzten Dezember ein Plakat der Hurtigruten an, das Schiff vor schneebedeckten Bergen im Zwielicht, und am Himmel grünes Polarlicht. Ich war auch schon angefixt von den Berichten des Astro-Bloggers Daniel Fischer, der auf mehreren Hurtigruten-Reisen Polarlicht aufgenommen hatte. Kommt das Polarlicht nicht zu Dir, musst Du eben zum Polarlicht kommen! Da meine Frau und ich Skandinavien-Fans sind, die letzte Schiffsreise schon lange her war und wir sowieso immer schon mal die “Schönste Seereise der Welt” durchführen wollten, planten wir also eine Tour von Kirkenes an der Barentssee nach Bergen, 6 Tage. Die Jahreszeit sollte noch nicht zu kalt und dunkel sein, aber (anders als unsere bisherigen Auto-Reisen) sollte es zeitig dunkel werden und es sollte kein Vollmond sein. So wurde es Ende September-Anfang Oktober auf der Polarlys. Einschiffung war am 27.09. mittags um 12:30, das hieß, früh aufstehen. Die Flugzeit von Düsseldorf betrug 3 ½ Stunden. Air Berlin fliegt direkt mit einem A-319.
Die Hurtigruten-Linie („hurtig” heißt natürlich „schnell”) ist eine Postschifflinie, die Schiffe fahren als staatliche Postschiffe unter norwegischer Flagge und sind nicht etwa in Billigflaggen-Staaten wie Malta oder Barbados gemeldet. Die Strecke von Bergen nach Kirkenes und zurück dauert 12 Tage, jeden Tag fährt ein anderes Schiff los, so dass jeden Tag mindestens ein Schiff an jedem der 36 Zielhäfen anlegt (meist je eines auf Nord- und eines auf Südstrecke) und am 12. Tag ist das erste zurück und fährt abends wieder los, deswegen gibt es 11 Schiffe, die recht verschieden sind. Die Polarlys ist ein mittelgroßes Hurtigruten-Schiff, mit bis zu 737 Passagieren, 123 m Länge, 19,5 m Breite und einer Bruttoraumzahl von 11341. Mit 7 Decks ist sie klein gegenüber heutigen Kreuzfahrtschiffen (die bis zu 18 Decks haben), aber sie ist wendig und per RoRo-Verfahren schnell zu be- und entladen. Kaum dass das Schiff hält, öffnet sich eine große Frachtluke und Gabelstapler beginnen eifrig ihr Werk. Die meisten Stopps dauern nur eine halbe Stunde und so bleibt wenig Zeit, Land und Leute kennen zu lernen. Man kann kostenpflichtige Ausflüge machen, die das Schiff zum Teil an einem späteren Hafen wieder antreffen, was bei Ausflügen auf eigene Faust nicht möglich ist (Motto der Route: Wir warten nicht auf unsere Gäste, unsere Gäste bleiben zurück“). Die Ausflugszeiten richten sich nach den Anlegezeiten, und so muss man schon einmal um 6:30 bereit sein, um zum Frühstück am Nordkap zu fahren, oder bis morgens um 1:00 ausharren, um ein Orgelkonzert in der Eismeer-Kathedrale in Tromsø anzuhören.
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