In der Zwischenzeit hat man aber auch die Spuren der Exokometen weiter beobachtet. Bis 2011 haben französische Wissenschaftler 1106 Spektren von Beta Pictoris gesammelt. Nach jeder Menge intensiver Datenauswertung konnten sie darin 493 Kometen identifizieren, die am Stern vorbei geflogen sind. Eine umfassende Analyse dieser extrasolaren Kometenpopulationen haben sie kürzlich veröffentlicht (“Two families of exocomets in the Beta Pictoris system” – PDF). Aus einer sehr genauen Analyse der Veränderungen im Spektrum konnten die Astronomen herausfinden, wie stark die Gaswolken der Koma das Licht des Sterns absorbiert haben. Sie konnten außerdem messen, wie schnell sich die Kometen am Stern vorüber bewegen und daraus abschätzen, wie weit sie von ihm entfernt gewesen sein mussten. Aus der Kombination aller Daten haben sie “Ausdünstungs-Effizienz” (evaporation efficiency) berechnet. Damit ist eine Größe gemeint, die beschreibt wie gut ein Komet in der Lage ist, die Energie die er durch die Strahlung des Sterns bekommt aufzunehmen. Je größer die Ausdünstungs-Effizienz, desto besser schafft es der Komet, Staub und Gas ins All strömen zu lassen und eine große Koma zu bilden. Die Astronomen haben diesen Wert für alle Kometen bestimmt und sich dann angesehen, wie die einzelnen Werte verteilt sind. Das sieht dann so aus:
Man erkennt deutlich zwei unterschiedliche Gruppen. Ok, man erkennt sie vor allem deswegen deutlich, weil sie unterschiedlich eingefärbt sind. Aber auch ohne die Farben würde man sehen, dass die Gesamtverteilung durch zwei einzelne Gaussverteilungen angenähert wird. Die Kometen von Beta Pictors gehören anscheinend zu zwei verschiedenen Familien. Bei einer Familie sind die Eigenschaften breit gestreut. Sie haben unterschiedliche Geschwindigkeiten, bewegen sich auf unterschiedlichen Bahnen um den Stern und auch ihre Ausdüngstungs-Effizienz ist von Objekt zu Objekt deutlich verschieden. Bei der anderen Gruppe dagegen sind die Eigenschaften sehr ähnlich. Sie bewegen sich mit ähnlichen Geschwindigkeiten auf ähnlichen Bahnen um den Stern und setzen ähnlich viel Gas und Staub frei. Und vor allem mehr Gas und Staub als die andere (rote) Familie.
Das ist dann plausibel, wenn es sich bei der zweiten Gruppe um Kometen handelt, die entstanden sind, als ein größeres Objekt auseinander gebrochen ist. Dann wären ihre Oberflächen noch frisch und damit in der Lage, viel Staub und Gas zu erzeugen. Außerdem würden sie sich alle auf ähnlichen Bahnen bewegen, da sie ja den gleichen Ursprung haben. Dieses Verhalten kennen wir in unserem Sonnensystem zum Beispiel von der Kreutz-Gruppe, die ebenfalls alle auf ähnlichen Bahnen nahe an der Sonne vorüber ziehen. Die andere Familie der Kometen produziert wenig Staub und Gas, was darauf hindeutet, dass es sich um alte Objekte handelt, die schon sehr oft an Beta Pictoris vorbei gezogen sind. Und das wiederum deutet darauf hin, dass ihre Bahnen von einem großen Planeten kontrolliert werden. So wie zum Beispiel die Jupiter-Familie der Kometen in unserem Sonnensystem. Und wenn man ausrechnet, welche Eigenschaften ein Planet haben muss, um eine Familie wie die (rote) bei Beta Pictoris hervor zu bringen, dann sind die den Eigenschaften des 2008 entdeckten Planeten sehr ähnlich.
Es passt also alles wunderbar zusammen. Das Verhalten der Kometen von Beta Pictoris steht in Einklang mit dem Verhalten des dort bekannten Planeten und mit dem bekannten Verhalten der Kometen in unserem Sonnensystem. Es zeigt uns, dass wir nicht einzigartig sind: Das was hier bei uns im Sonnensystem abläuft, passiert auch anderswo im Universum. Und was ich noch faszinierender finde: Wir sind in der Lage, diese Vorgänge auch zu beobachten. Wenn man mir damals, als ich 1995 mein Studium begonnen habe, erzählt hätte, dass man irgendwann statistische Analysen von hunderten Kometen machen kann, die einen anderen Stern umkreisen, hätte ich das vermutlich nicht unmöglich gefunden. Aber ich hätte absolut nicht damit gerechnet, dass es kaum 20 Jahre dauert, bevor solche Analysen möglich sind. Ich bin zwar befangen, aber ich kann es nicht anders sagen: Die Astronomie ist eine enorm faszinierende Sache!
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