Man erkennt gut, dass die Oort-Objekte hauptsächlich aus dem Bereich der äußeren Planeten zwischen ungefähr 15 und 40 AU stammen. Im Bereich der inneren Planeten waren Kollision und Rauswürfe das häufigste Schicksal, wie man an dieser Ausschnittsvergrößerung erkennt:
Schön zu sehen ist der Unterschied zwischen der sonnennahen Region zwischen 0 und 2 AU und dem Bereich zwischen 3,5 und 5 AU. Nahe der Sonne hat ein Kleinkörper kein klar definiertes Schicksal: In der Simulation kamen Kollisionen mit Venus und Erde genau so vor wie Zusammenstöße mit der Sonne oder komplette Rauswürfe aus dem System. Zwischen den Bahnen von Mars (bei 1,5 AU) und Jupiter (bei 5 AU) erkennt man große weiße Bereiche; also Regionen, in denen die Asteroiden die ganzen 4,5 Milliarden Jahre überlebt haben. Und tatsächlich finden wir dort heute noch den Haupt-Asteroidengürtel. Dahinter beginnt der Einflussbereich der großen Gasriesen: Mit ihren großen Massen können sie die Kleinkörper bei nahen Begegnungen viel intensiver stören und die meisten von ihnen fliegen aus dem Sonnensystem (d.h. die schwarzen Regionen dominieren).
Andrew Shannon und seine Kollegen haben nun probiert, anhand dieser Ergebnisse abzuschätzen, wie viele Objekte man heute noch in der Oortschen Wolke finden kann. Dazu braucht man Annahmen über die Gesamtmasse der großen Staubscheibe, aus der die Planeten entstanden sind. Man muss aber auch berücksichtigen, wo die Objekte entstanden sind. Nahe der Sonne war es warm und es gab tatsächlich fast nur Staub und die entstehenden Objekte waren alle felsig; das, was wir heute als “Asteroiden” bezeichnen. Weiter draußen war es kühler und dort konnte neben dem Staub auch gefrorenes Material existieren; also Eis. Die Objekte, die dort entstanden sind, waren eine Mischung aus Eis und Gestein; das, was wir heute “Kometen” nennen (siehe auch hier). Aus den Kometen und Asteroiden bildeten sich die Planeten – und diejenigen von ihnen, die heute noch übrig sind, finden wir in den Asteroidengürteln und eben der Oortschen Wolke.
Da die meisten Objekte der Oortschen Wolke aus den äußeren, kühleren Region des Planetensystems stammen, können wir davon ausgehen, dass es sich überwiegend um Kometen handelt. Aber in den Computersimulationen hat sich gezeigt, dass ungefähr 4 Prozent der in die Oortsche Wolke geschleuderten Himmelskörper aus der Region stammen, in der die Asteroiden entstehen. Rechnet man das entsprechend um, dann kommt man auf die beeindruckende Zahl von knapp 8 Milliarden Asteroiden, die größer als 2,3 Kilometer sind! Die Asteroiden sind in der Oortschen Wolke zwar in der Minderheit. Aber es gibt dort immer noch deutlich mehr, als im Asteroidengürtel!
Aber natürlich handelt es sich hier “nur” um eine Computersimulation. Die können zwar sehr aussagekräftig sein und sind ein wichtiges Instrument in der theoretischen Astronomie. Am Ende braucht es aber doch konkrete Beobachtungen. Shannon und seine Kollegen haben sich daher auch überlegt, ob und wie man vielleicht doch irgendwann Oortsche Objekte sehen kann. Sie haben dafür das “Large Synoptic Survey Telescope (LSST)” als Grundlage genommen; ein Teleskop in Chile dessen Fertigstellung für 2022 geplant ist und mit dem der Himmel durchmustert werden soll. Legt man die Ergebnisse der Computersimulation zu Grunde und die geplante Leistung des LSST, dann sollte es am Ende seiner Beobachtungskampagne 12 Oort-Asteroiden entdeckt haben. Das ist nicht viel – aber 12 ist immer noch besser als nichts!
Die Astronomen um Andrew Shannon haben sich übrigens auch angesehen, ob diese Objekte eine Gefahr für die Erde darstellen. Asteroideneinschläge sind ja eine potentielle Bedrohung und das gilt um so mehr, wenn sie mit hoher Geschwindigkeit aus der Oortschen Wolke kommen und nicht vergleichsweise langsam aus dem inneren Sonnensystem. Die große Distanz macht einen Einschlag mit globalen Folgen aber enorm unwahrscheinlich: Im Durchschnitt ist damit nur einmal pro Milliarde Jahre zu rechnen…
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