Letzte Woche habe ich über die kommenden Missionen bei der Erforschung des Sonnensystems geschrieben. 2015 werden Raumsonden der NASA sowohl den Zwergplanet Ceres als auch den Zwergplanet Pluto aus nächster Nähe untersuchen. Diese beiden Missionen sind schon seit Jahren aktiv und die Raumfahrzeuge Dawn und New Horizons schon lange unterwegs im Weltraum. Wir können also mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass sie ihr Ziel nächstes Jahr auch erreichen. Aber natürlich sind die Wissenschaftler immer auch damit beschäftigt, zukünftige Missionen zu planen. Denn zu entdecken und zu erforschen gibt es da draußen noch genug. Zum Beispiel den Jupitermond Europa, der ohne Zweifel zu den faszinierendsten Himmelskörpern im Sonnensystem gehört.
Europa ist mit einem Durchmesser von 3120 Kilometern ein ziemlich großer Mond. Er ist fast so groß wie der Mond unserer Erde und der sechstgrößte Mond des Sonnensystems. Allein das würde ihn schon zu einem interessanten Ziel machen. Aber Europa hat noch mehr zu bieten: Jede Menge Wasser beispielsweise! Wir wissen mittlerweile, dass Europa einen Kern aus Metall und Gestein besitzt und darüber befindet sich ein tiefer Ozean aus flüssigem Wasser der von einer dicken Schicht aus Eis bedeckt ist. Und “tief” heißt hier wirklich tief: Da wo die Meere auf der Erde nur wenige Kilometer tief sind, misst die Wasserschicht auf Europa bis zu 100 Kilometer! Die gesamte Wassermenge Europas ist vergleichbar mit der Menge des irdischen Wassers und übersteigt diese sogar vielleicht noch!
Schon in den 1990er Jahren hat die Raumsonde Galileo die eisbedeckte Oberfläche von Europa ausführlich fotografiert. Diese Bilder hat die NASA nun neu aufbereitet und veröffentlicht. Und sie sehen toll aus:
Größere Versionen des Bildes findet ihr bei der NASA. Die Auflösung beträgt 1,6km pro Pixel und man erkennt auf diesem Bild wunderbar die vielen Spalten im Eis durch die Wasser vom unterirdischen Ozean bis an die Oberfläche gelangen kann. Dadurch wissen wir auch dass der Ozean Europas denen der Erde sehr ähnlich ist. Es gibt dort flüssiges, salzhaltiges Wasser – Wasser, in dem vielleicht sogar Leben entstanden ist? Das ist die Frage, um die sich alles dreht bei Europa… Von all den Himmelskörpern unseres Sonnensystems ist er gemeinsam mit dem Mars (und eventuell auch dem Saturnmond Enceladus) das beste Ziel, um nach außerirdischen Leben zu suchen. Auf dem Mars tun wir das ja schon länger. Unser Nachbarplanet ist aber auch vergleichsweise leicht erreichbar. Jupiter ist noch ein ganzes Stück weiter weg und eine Mission dorthin entsprechend aufwendiger und teurer. Aber im Gegensatz zum Mars gibt es auf Europa auch heute noch flüssiges Wasser und es wäre wahnsinnig interessant herauszufinden, ob die Ozeane dort steril sind oder vielleicht Spuren von Leben enthalten.
Missionen zu Europa werden immer wieder mal geplant (siehe zum Beispiel hier) – aber so richtig geworden ist daraus bis jetzt noch nichts. Die Europäische Weltraumagentur hat zumindest noch JUICE im Programm. Aber da wird man an Europa (und dem Mond Kallisto) nur vorbeifliegen und später eine Umlaufbahn um Ganymed einehmen, den größten Mond des Sonnensystems (und auch das nicht vor 2030). Eigentlich war geplant gemeinsam mit der NASA auch Europa genauer zu untersuchen, aber die Europa-Jupiter-System Mission wurde von der NASA aus finanziellen Gründen gestrichen.
Aber eventuell tut sich da demnächst etwas! Neben den aufbereiteten Europa-Bilder hat die NASA kürzlich auch ein Video veröffentlicht:
Das scheint fast so auszusehen, als würde man sich bei der NASA auf einen neuen Versuch der Europa-Erforschung bereit machen. Das sieht auch Phil Plait bei “Bad Astronomy” so und merkt außerdem an, das vor kurzem ein Politiker zum Chef des für die Forschung zuständigen Komitees geworden ist, der als Befürworter einer Europa-Mission bekannt ist.
So eine Mission kann natürlich auf verschiedene Arten ablaufen. Man könnte einfach nur zu Europa fliegen und den Mond mit wirklich hochauflösenden Kameras untersuchen; vielleicht aus einer niedrigen Umlaufbahn spektroskopische Untersuchungen des Eises anstellen, und so weiter. Die dabei gewonnenen Daten wären enorm hilfreich beim Verständnis dieses speziellen Himmelskörpers und eine gute Grundlage für alle weiteren Missionen. Aber natürlich wäre es noch ein wenig besser – und viel spektakulärer! – wenn man auch Europa landen würde!
Rein technisch ist das sicher machbar. Wenn wir auf einem Kometen landen können, dann können wir das auch auf Europa (vor allem, weil wir diesen Mond jetzt schon viel besser kennen als Rosettas Komet zum damaligen Start der Mission). Und auf der Oberfläche des Mondes könnte man sich dann vielleicht auch eine Stelle suchen, an der Wasser nach oben dringt und es chemisch untersuchen. Dann könnten wir direkt nachweisen, ob es dort Leben gibt oder nicht… Noch aufregender wäre eine Landeeinheit, die sich irgendwie durch das dicke Eis bohren und den unterirdischen Ozean selbst erforschen kann. Aber das geht derzeit wohl noch zu sehr in den Bereich Science-Fiction. Eine Mission zu Europa mit Landung auf der Oberfläche wäre fürs Erste schon aufregend genug und wenn man dort dann Hinweise auf Leben findet, kann man ja immer noch eine zweite Mission schicken (und hätte vermutlich auch weniger Probleme, das Geld dafür genehmigt zu kriegen als heute).
Ich bin schon gespannt, ob sich die Weltraumagenturen in den nächsten Jahrzehnten doch noch einmal genauer mit Europa beschäftigen werden. Ein lohnenderes Ziel für eine Landung wird man kaum finden. Und egal was man finden würde: Es würde mit Sicherheit eine der spektakulärsten Missionen in der Geschichte der Raumfahrt werden!
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