Der große Wagen gehört zu den Sterngruppen, die von den meisten Menschen erkannt werden (übrigens ist der Wagen kein offizielles Sternbild, sondern nur Teil des Sternbilds “Großer Bär”). Mit freiem Auge ist die markante Ansammlung von Sternen leicht zu sehen. Nicht so leicht zu sehen ist all das, was sich sonst noch so in dieser Region des Himmels befindet. Dazu braucht man große Teleskope oder Weltraumobservatorien. Observatorien, wie zum Beispiel den Swift-Satelliten, der nach Gammablitzen sucht und seine Augen nach anderen Phänomenen offen hält, bei denen große Menge an Röntgen- und Gammastrahlung frei werden. Und so ein Phänomen haben Wissenschaftler kürzlich gefunden (“SDSS1133: An Unusually Persistent Transient in a Nearby Dwarf Galaxy”). Das Ding um das es geht trägt den Namen “SDSS1133” und niemand weiß momentan so wirklich, um was es sich dabei handelt.
Die bekannten Fakten sehen so aus: Das Objekt gehört zur Zwerggalaxie Markarian 177 die sich in einer Entfernung von ungefähr 90 Millionen Lichtjahren befindet (und bitte beachtet zu den Entfernungsangaben und der Frage, wann die Ereignisse dort “wirklich” stattgefunden haben diesen Artikel über kosmologische Entfernungen). Es trägt den Namen “SDSS1133” weil es schon 2003 im Rahmen des Sloan Digital Sky Survey beobachtet wurden. Das Ding leuchtet im Röntgenlicht und das macht es schon seit langer Zeit. Die Astronomen haben in alten Archiven gesucht und Aufnahmen gefunden, die bis ins Jahr 1950 zurückreichen. Zusammen mit neuen Bildern lässt sich die Geschichte von SDSS1133 also über mehr als 60 Jahre verfolgen und es hat die ganze Zeit geleuchtet, wie diese Animation zeigt:
SDSS1133 ist das helle Dingens unten links und befindet sich knapp 2600 Lichtjahre vom Zentrum der Galaxie (das große helle Dingens rechts oben) entfernt. Und bevor die Sache noch mysteriöser wird, schauen wir uns lieber mal eine hochauflösende Aufnahme an, die im Infrarotlicht vom hawaiianischen Keck-Teleskop gemacht worden sind:
Dieses Bild des Keck-Teleskops zeigt auch Hinweise, dass es im Zentrum von Markarian 177 ein bisschen drunter und drüber geht. Anscheinend ist das Gas dort ordentlich durchgewirbelt worden und viele neue Sterne entstehen. So etwas passiert normalerweise immer dann, wenn zwei Galaxien verschmelzen: Das ganze interstellare Gas wird bei Verschmelzung im Zentrum verdichtet und zu neuen Sternen geformt. Und wenn Markarian 177 tatsächlich vor vergleichsweise kurzer Zeit aus der Kollision zweier Galaxien entstanden ist, dann könnte SDSS1133 ein supermassereiches schwarzes Loch sein, dass bei diesem Zusammenstoß aus seiner ursprünglichen Galaxie geschleudert wurde.
Im Zentrum so gut wie jeder Galaxie sitzt ein supermassereiches schwarzes Loch und wenn zwei Galaxien miteinander verschmelzen, dann kollidieren dabei meistens auch die schwarzen Löcher. Unter bestimmten Umständen kann aber auch eins von beiden durch die gravitativen Störungen des anderen weit hinaus aus der fusionierten Galaxie geschleudert werden. Dabei würde es das ganze Material in seiner Akkretionsscheibe mitnehmen und damit weiter Gamma-, Röntgen- und andere Strahlung abgeben, auch wenn es jetzt allein und ohne Galaxie unterwegs ist.
Das alles scheint ziemlich gut zu SDSS1133 zu passen und wenn es wirklich ein ausgeworfenes schwarzes Loch ist, dann wäre es das erste Mal, dass so ein Objekt von Astronomen konkret beobachtet worden wäre! Dass solche Auswürfe bei galaktischen Kollisionen vorkommen, weiß man aus diversen Computersimulationen. Aber beobachtet hat man so etwas bis jetzt noch nie. So stellt man sich das ganze in einer Simulation vor:
Es gibt aber auch noch eine zweite Möglichkeit, um die Beobachtungen zu erklären. SDSS1133 könnte auch ein sogenannter Leuchtkräftiger Blauer Veränderlicher (LBV) sein. So nennt man die Endphase im Leben sehr heißer und massereicher Sterne. Die blähen sich kurz vor dem Ende noch einmal so richtig auf, werden enorm hell (millionenfach heller als die Sonne) und können durchaus so aussehen, wie es SDSS1133 tut. Nach dieser Interpretation hätte man in der Zeit vor 2001 auf den Archivaufnahmen beobachtet, wie sich der Stern weiter aufbläht und immer heller wird. Der Riesenstern muss zwischen 1950 und 2001 quasi konstant jede Menge Ausbrüche und Eruptionen gezeigt haben. 2001 folgte dann die Supernova-Explosion deren Überreste bis heute immer noch “glühen” und jede Menge Strahlung ins All schicken.
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