“Kaisers Rumpelkammer” ist ein tolles Buch für die Feiertage, bei dem man sich in der Beschreibung der vergangenen Reiche und Länder ganz verlieren kann. Wer sich nicht sonderlich für Geschichte interessiert, wird es wohl eher langweilig finden – aber für alle anderen ist es eine klare Leseempfehlung!

Die wissenschaftliche Scheibenwelt

quintessence

Ich bin ja ein großer Fan von Büchern, in denen nicht nur plausible fiktive Welten konstruiert werden, sondern auch plausible Weltsysteme. Und “Quintessence”* von David Walton ist genau so ein Buch. Die Geschichte dieses Romans spielt in einer Welt, die auf den ersten Blick unserer Welt des 17. oder 18. Jahrhunderts ähnelt. Das britische Imperium existiert auch hier; es erobert und erforscht die Welt und Katholiken und Protestanten streiten sich genau so wie sie es in der Realität getan haben. Nur: Die Welt von “Quintessence” ist eine Scheibe. Das weiß man mit Sicherheit, weil die Schiffe der Forscher und Eroberer bis zum Ende dieser Welt gesegelt sind… Trotzdem ist die Welt keine mysteriöse Zauberwelt, sondern gehorcht konkreten Naturgesetzen, nur eben anderen als denen, die wir kennen.

Die Geschichte beginnt mit der Rückkehr eines Forschungsschiffes, dass eine Insel direkt am Ende der Welt besucht hat. Dort haben sie Schätze sondergleichen gefunden – aber diese Schätze haben sich alle in Sand verwandelt und die Besatzung starb qualvoll, nachdem sie in London angekommen war. Eine Gruppe von religiösen Flüchtlingen macht sich auf, um auf dieser fernen Insel Zuflucht zu suchen und unter ihnen ist auch ein Wissenschaftler der nicht ganz redliche Motive bei seiner Forschung zu hegen scheint.

Wie so oft bei Romanen will ich nicht zuviel über die Handlung verraten. Aber die Welt von Quintessence ist faszinierend, magisch und plausibel zugleich. Im Laufe der Geschichte verstehen die Kolonisten immer besser, warum die ferne Insel ihren Einwohner scheinbar Zauberkräfte verleiht; sie verstehen, wie die Welt tatsächlich funktioniert; wie die spezielle Geografie und Kosmologie dieser Welt die fundamentale Struktur der Materie beeinflusst und wie sie diese Materie kontrollieren können. Die Kolonialisierung der Insel am Rande der Welt und der Konflikt mit den dort lebenden “Mantikoren” spiegelt ein wenig die reale Eroberung Amerikas und den Konflikt mit den dortigen Ureinwohnern; es sind aber keine allzu plumpen Parallelen. Die besondere Physik von “Quintessence” erinnert ein wenig an Bücher wie “Celestial Matters” oder “Mainspring” (siehe hier) und es macht Spaß, immer wieder bekanntes aus unserer Wissenschaft mit der scheinbaren Magie der Buchwelt vermischt zu sehen. Und in der Fortsetzung “Quintessence Sky”* schafft Walton dann sogar das Kunststück die Astrologie so in die fiktive Wissenschaft von “Quintessence” einzubauen, dass es plausibel klingt, interessant ist und man sich nicht darüber ärgern muss!

Ich habe die beiden Bücher sehr gerne gelesen; es sind gute Beispiel für Science-Fiction/Fantasy-Geschichte, bei denen nicht immer wieder die gleichen Tropes und Handlungsstränge auftauchen, sondern eine wirklich originelle Story erzählt wird!

Alle Welt!

allewelt

Das sollte hier eigentlich die Buchempfehlung für die Kinder werden. Aber jeder “Alle Welt. Das Landkartenbuch”* von Aleksandra Mizielinska kauft wird sich danach wünschen, es selbst behalten zu können. Zumindest ging es mir so, nachdem ich es als Geschenk für ein Kind besorgt habe – und ich habe mir danach tatsächlich gleich noch ein zweites Exemplar gekauft; nur für mich alleine.

Eigentlich ist es nur ein Atlas. Aber was für ein Atlas! “Alle Welt” ist genau die Art von Buch, über die Nobelpreisträger bei Interviews sprechen, wenn sie gefragt werden, was sie dazu gebracht hat, die Welt erforschen zu wollen! Der großformatige Band zeigt alle Kontinente und viele (aber nicht alle) Länder dieser Welt. Jedes Land bekommt seine eigene Doppelseite und hat man eine davon aufgeschlagen, weiß man gar nicht, wohin man zuerst schauen soll! Alle Länder sind wirklich liebevoll gezeichnet; man sieht natürlich die wichtigen geografischen Merkmale wie Grenzen, Städte, Flüsse und Berge und bekommt die wichtigsten Daten wie Einwohnerzahl, Hauptstadt, Sprachen, usw. Aber der ganze Rest der Seiten ist voll mit detailreichen Bildern und Zeichnungen die Sehenswürdigkeiten des Landes zeigen; Tiere und Pflanzen die dort leben; typische Lebensmittel oder Bodenschätze, und so weiter. Es ist wie ein Wimmelbuch – nur sehr viel unterhaltsamer, informativer und schöner!

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Kommentare (8)

  1. #1 hasta la proxima
    27. November 2014

    Juhuuuuuuuuuuuuu … Das Landkartenbuch habe ich meiner Tochter gleich mal bestellt; bei den Habsburgern bin i a bissal vorsichtig 😉 die mag ich nicht so, aber egal. Danke Florian … vorerst.

    Meine Tipps:
    – George Greenstein “Der gefrorene Stern” und “Die zweite Sonne” (keine Ahnung, ob die schon mal wer empfohlen hat).
    – Steven Gubser “Das kleine Buch der Stringtheorie”
    – Bernard Schutz “Gravity from the ground up”

  2. #2 krypto
    27. November 2014

    Kann es sein, dass David Walton ein https://www.terrypratchett.co.uk/ fan ist?
    Ich lache mich regelmäßig schlapp bei der Lektüre seiner Scheibenwelt-Romane 🙂

  3. #3 Florian Freistetter
    27. November 2014

    @krypto: “Quintessence” hat mit Terry Pratchett absolut nichts zu tun. Es ist auch kein “lustiges” Buch – aber enorm spannend.

  4. #4 krypto
    27. November 2014

    @Florian:
    Das habe ich Deiner Beschreibung schon entnommen; nur kommen beide von der Insel und Walton könnte ja durchaus von Pratchett inspiriert sein. Wenn es so wäre, finden sich in den Vor-/Nachworten und Widmungen sicherlich entsprechende Bezüge.

  5. #5 Karl Mistelberger
    28. November 2014

    Als Österreicher ist mir “Kaisers Rumpelkammer” zu polemisch. Ich habe “Danubia” bestellt und einige Euro dabei gespart.

  6. #6 schlappohr
    28. November 2014

    @hasta la proxima

    Der gefrorene Stern ist aber schon älter, oder? Ich meine, dass ich das in den späten Achzigern gelesen hätte. Aber hat natürlich nichts von seiner Faszination verloren. Als ich die Erklärung für den Titel des Buches verstanden hatte, hats mir für einen Moment den Atem verschlagen. Ich kenne nur wenige populärwissenschaftliche Bücher, die so mitreißend geschrieben sind.

  7. #7 Eberhard Bauer
    28. November 2014

    Winder im Original ist ein absoluter Genuss, ich hoffe, dass die Übersetzung was taugt. Danke für den Tipp zum Landkartenbuch!

  8. #8 Florian Blaschke
    29. November 2014