Ein Flechte besteht aus Pilzen (die ebenfalls keine Pflanzen – und auch keine Tiere! – sind) und Grünalgen bzw. Cyanobakterien. Die Algen betreiben Photosynthese und versorgen den Pilz mit Nährstoffen und der schützt die Algen dafür vor Austrocknung und zu viel fieser UV-Sonnenstrahlung. Ich persönlich hätte ja nix gegen zumindest ein bisschen Sonnenstrahlung einzuwenden. Ich habe mich zwar mittlerweile daran gewöhnt, auch dann zu Laufen, wenn es draußen kalt ist. Aber wenigstens sonnig könnte es sein! Mit Austrocknung werde ich auf jeden Fall so schnell nicht zu kämpfen haben. Beim Marathon wird man unterwegs zwar schon ein wenig durstig, aber bei einem 10-Kilometer-Lauf im Winter ist der Flüssigkeitsverlust noch verkraftbar. Die Hälfte der Strecke habe ich jetzt auch schon absolviert und für die zweite Hälfte lutsche ich noch ein Stückchen Traubenzucker. Ob das wirklich hilft, kann ich nicht sagen. Aber man kann es sich ja einbilden – der Placeboeffekt hilft auch beim Laufen 😉
6 Kilometer sind jetzt geschafft und ich bin schon fast wieder am Start. Jetzt noch eine kleine Runde um den Lütauer See und dann bin ich durch. Das Läuferfeld hat sich jetzt schon deutlich auseinander gezogen (und ich habe den Überblick verloren, wie viele Leute noch vor mir sind und wie viele hinter mir – aber eigentlich sollten ich die meisten überholt haben und irgendwo unter den ersten 20 Läufern sein). Aber zumindest habe ich jetzt ein wenig mehr Überblick um mir nochmal die Flechten (oder Moose?) anzusehen. Ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, dass es hier entlang dieses Waldwegs Flechten und Moose gibt! Moose sind zwar keine Symbionten, sondern “nur” Pflanzen, aber trotzdem cool! Und – eine wichtige Information für alle Klugscheißer! – die wissenschaftliche Beschäftigung mit Moosen heißt Bryologie. Das weiß ich aus einem der vielen Podcasts, die ich beim Laufen immer höre. In dem Fall war es die Folge “Mosses” aus der Serie “Bitten by the Bug” von der BBC. Moose wachsen wirklich überall. In der Wüste, in der Tundra, im Wald, in der Steppe – überall. Sie sind zäh und ertragen die widrigsten Umstände. Im Gegensatz zu mir – langsam lässt meine Kraft ein wenig nach. Ich hab wohl doch zu schnell angefangen beim Rennen. Da hilft auch der Traubenzucker nix. Man müsste Photosynthese beherrschen, wie die Flechten und Moose damit man sich konstant während des Laufens mit Sonnenlicht aufladen kann.
Obwohl das mit der Photosynthese ja ursprünglich keine so gute Idee war. Als vor etwa 3 Milliarden Jahren die ersten Mikroorganismen auf den Trick kamen, das Sonnenlicht zu verwenden, um es in für sie nutzbare Energie umzuwandeln und dabei als Abfallprodukt Sauerstoff zu produzieren, fand das der Rest der Welt nicht wirklich gut. Denn für fast alles andere, was damals lebte, war Sauerstoff ein extrem giftiges Gas. Aber die Photosynthese lief weiter und die “Große Sauerstoffkatastrophe” nahm ihren Lauf. Und aus damaliger Sicht war es tatsächlich eine große Katastrophe; vermutlich das größte Massensterben in der Geschichte der Erde. Nur die wenigen Lebewesen, die sich anpassen und mit dem Sauerstoff klar kommen konnten, haben überlebt. Wir stammen von ihnen ab und der Sauerstoff in unserer Atmosphäre ist für uns lebenswichtig.
Für mich auch – beziehungsweise derzeit noch mehr als sonst. Die 10 Kilometer sind fast vorbei. Ein letztes Stück noch auf dem Weg zum Ziel am Campingplatz. Mittlerweile atmet es sich nicht mehr so einfach wie beim Start und ich hätte nichts gegen ein bisschen Extra-Sauerstoff einzuwenden. Aber es geht auch so. Ich bin angekommen!
Eine vernünftige Zeitmessung mit Chip gibt es bei diesem Lauf nicht, aber meine Laufuhr zeigt mir eine Zeit von 42 Minuten und 48 Sekunden für eine Strecke von 10,15 Kilometern an (siehe auch hier bei Runtastic). Damit bin ich eigentlich ganz zufrieden. Es waren nicht die schnellsten 10 Kilometer, die ich je gelaufen bin, sondern nur die drittschnellsten. Aber es war mein erstes Rennen im Winter und wenn man das fehlende Training während der Feiertage berücksichtigt, dann kann ich über die Zeit und Platz 16 in der Gesamtwertung (bei mehr als 100 Läufern) nicht meckern (Nachtrag: In meiner Altersklasse bin ich sogar auf Platz 2 gelandet).
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