Berge. Skifahren. Mozart. Tanzende Pferde. Kaffeehäuser: Es gibt jede Menge klassische Klischeebilder von Österreich und mit dazu gehört auf jeden Fall auch der traditionelle Wiener Ball. Frauen in Abendroben und Männer im Frack, die in Wiener Prachtbauten die ganze Nacht zu klassischer Musik tanzen. Nur ist das eigentlich kein Klischee, sondern die Realität. Die Wiener Ballsaison besteht nicht nur aus dem weltbekannten Opernball, der von Stars besucht und im Fernsehen übertragen wird. Es gibt jede Menge andere Bälle, die zwischen 11. November und dem Faschingsdienstag überall in der Bundeshauptstadt stattfinden. Jede berufliche und gesellschaftliche Gruppe hat ihre eigene große Ballveranstaltung: Es gibt den Philharmonikerball, den Wiener Ärzteball, den Ball der Pharmacie, den Jägerball, den Juristenball, den Ball der Kaffeesieder oder den Zuckerbäckerball. Was es bis jetzt allerdings noch nicht gab, war ein Ball der Wissenschaftler. Diese Lücke wurde nun allerdings endlich gefüllt und am 31. Januar 2015 wird im Wiener Rathaus der erste Wiener Ball der Wissenschaft stattfinden.
Meine bisherige Ballerfahrung ist eher mager. Ich habe zwar als Jugendlicher (so wie alle anderen damals auch) mehrere Tanzkurse absolviert, aber den Ballbesuch habe ich meistens ausgelassen. Sieht man diversen Provinz- und Faschingsbällen ab, war ich bis jetzt eigentlich nur am Maturaball meiner eigener Schule. So ein Ball wird in Österreich von den meisten Abschlussklassen organisiert und die Sache hat durchaus Spaß gemacht. Ich habe gerade mal nach alten Fotos gesucht, bin aber nicht fündig geworden. Immerhin war das schon 1994… und das einzige, was ich gefunden habe, war ein VHS-Video, das mich bei der Balleröffnung zeigt:
Das ist schon eine Ewigkeit her und es wird langsam Zeit, wieder mal einen Ball zu besuchen! Darum habe ich mich sehr gefreut, als die Veranstalter des Wiener Balls der Wissenschaft mich kürzlich nach Wien eingeladen haben. Ich bin zwar immer noch nicht unbedingt ein großer Tänzer und Ballbesucher. Aber die Kombination aus Walzer und Wissenschaft verspricht, sehr interessant zu werden.
So ein Ball ist ja nicht nur eine große Party in einem außergewöhnlichen Rahmen, sondern auch eine Möglichkeit der veranstaltenden Organisation, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Und als Wissenschaftsautor bin ich immer sehr daran interessiert, neue Wege der wissenschaftlichen Öffentlichkeitsarbeit kennen zu lernen. Und solche neuen Wege sind wichtig: Wenn man nicht immer nur zu den Menschen sprechen will, die sich sowieso schon für Wissenschaft interessieren, dann muss man mit der Öffentlichkeitsarbeit auch mal dorthin gehen, wo man bis jetzt noch nicht war. Nur so hat man die Möglichkeit, mit seinem Anliegen komplett neue Zielgruppen zu erreichen.
Der Ball der Wissenschaft im Wiener Rathaus ist natürlich erst mal ein normaler klassischer Wiener Ball. Das große Rathaus ist neben der Hofburg und dem Musikverein einer der traditionellen Veranstaltungsorte und es wird dort all das geben, was man von so einem Ball erwartet: Viel Platz zum Tanzen und ein großes Orchester mit der passenden Musik dazu. Ein Spielcasino, bei dem man sein Geld loswerden kann. Essen und Trinken für diejenigen, die dann immer noch zu viel Geld haben. Aber weil es eben der Ball der Wissenschaft ist, spielen natürlich auch die Wiener Universitäten und die Forschung eine wichtige Rolle. Wer beim Glücksspiel im Casino sein Geld verloren hat, kann sich direkt vor Ort bei einer “Einführung in die Kombinatorik und Wahrscheinlichkeitsrechnung” über die Gründe dafür informieren. Die Balldisco ist eine “Quantendisco” bei der eine Version des Doppelspalt-Experiments beobachtet werden kann. Und – darauf freue ich mich schon ganz besonders – es wird einen Vortrag von Marc Abrahams zum Thema “Vienna’s scientists and their impact on the world!” geben. Abrahams wird einigen vielleicht als Initiator der Ig-Nobelpreise bekannt sein, bei denen jedes Jahr Forschungsarbeiten ausgezeichnet werden, die “Menschen zuerst zum Lachen, dann zum Nachdenken bringen”.
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