Ludovic Ferrière und der Mondmeteorit (Bild: K. Kracher, NHM Wien)

Ludovic Ferrière und der Mondmeteorit (Bild: K. Kracher, NHM Wien)

Ludovic Ferrière ist der Kurator der Gesteinssammlung des berühmten Naturhistorischen Museums Wien, sowie der Ko-Kurator der dortigen Meteoritensammlung. Die Meteoriten-Ausstellung des Museums ist die grösste der Welt, und die dahinter stehende Sammlung ist die grösste in Europa. Als er im Sommer 2014 an der jährlichen Konferenz der internationalen „Meteoritical Society“ in Casablanca zum ersten Mal von Oued Awlitis 001 hört, erkennt er sofort die wissenschaftliche Bedeutung dieses exotischen Mond-Meteoriten. Es gelingt ihm, mit dem Finder einen ausgezeichneten Preis aushandeln – rund 110’000 Euro, etwa die Hälfte des typischen Marktpreises. Doch selbst dieser Preis ist sehr hoch, zu hoch selbst für das Naturhistorische Museum Wien. Deshalb beschliesst Ludovic, ein neues Experiment zu wagen: er startet ein Crowdfunding Projekt, um Oued Awlitis 001 für das Museum zu kaufen. Damit erreicht er zwei Dinge gleichzeitig: Einerseits kann der Meteorit für die wissenschaftliche Forschung in einem intakten Zustand bewahrt werden. Anderseits kann er der Öffentlichkeit im Museum zugänglich gemacht werden – ein Stück vom Mond, gleich hier, zum Anfassen nah! Doch das Crowdfunding Projekt läuft bisher harzig: erst knapp 15’000 Euro sind zusammengekommen, und es bleiben heute noch 10 Tage (bis Ende Januar 2015). Wenn das Ziel von 110’000 Euro nicht erreicht wird, geht alles an die Spender zurück.

Eine Spende kommt von Michael, einem siebenjährigen Jungen aus Österreich. Sein Traum ist es, eines Tages Astronaut zu werden und zum Mond zu fliegen. Als er hört, dass einer der beim Crowdfunding Projekt angebotenen „Perks“ beinhaltet, den Mondmeteoriten in seinen Händen zu halten, kann er – gemäss seiner Mutter – von nichts anderem mehr sprechen. Ein Stück vom Mond berühren – heute schon! Seine Eltern spenden schliesslich die nötigen 250 Euro für das Projekt, und Michael besucht darauf das Naturhistorische Museum in Wien, wo der Traum in Erfüllung geht, als ihm Ludovic den wertvollen Meteoriten vorsichtig in die behandschuhten Hände drückt. Wie sich zeigt, kennt sich Michael schon sehr gut in der Meteoritensammlung aus: als Ludovic ihm die berühmten Marsmeteoriten Tissint und Chassigny zeigen will, sagt er: „Die kenne ich schon! Aber ich frage mich: Kommen sie wirklich vom Mars, oder vielleicht von Phobos oder Deimos?“ Da weiss jemand aber bereits erstaunlich viel über das Sonnensystem!

Michael und der Mond (Bild: )

Michael und der Mond (Bild: K. Kracher, NHM Wien)

Neben dem Crowdfunding Projekt (auf ulule.com, einer europäischen Plattform) hat Ludovic mittlerweile ein beachtliches Konsortium von mehrheitlich jungen Wissenschaftlern zusammengestellt, die den Meteoriten erforschen werden – wenn es denn klappt mit dem Projekt! Geplant ist eine ganze Reihe von Untersuchungen. Mineralogische und petrologische Untersuchungen sollen zum Beispiel zeigen, wie sich die „Klasten“ im Inneren der Schmelzbrekzie mit anderen bekannten Mondgesteinen vergleichen. Vielleicht ergibt sich sogar die Möglichkeit, grob zu bestimmen, von welcher Region auf dem Mond Oued Awlitis 001 stammt. Auch soll auch die komplette Geschichte des Meteoriten, von der Bildung beim großen Einschlag bis zum Fund in der Sahara rekonstruiert werden. Dafür kommen verschiedene Datierungsmethoden zum Einsatz, etwa die Uran-Blei, Kalium-Argon, Samarium-Neodym, Rubidium-Strontium und Lutetium-Hafnium-Methoden. Alle Methoden machen es sich zu Nutze, dass ein langlebiges Radioisotop eines ersten Elements (z.B. Uran) in ein stabiles Isotop eines zweiten Elements (z.B. Blei) zerfällt. Aus der Bestimmung der Isotopenverhältnisse des zweiten Elements und dem Häufigkeitsverhältnis zwischen dem ersten und dem zweiten Element lassen sich dann Alter für viele verschiedene chemische Komponenten bestimmen. Einige dieser Alter sind temperaturabhängig – das heisst, wenn das Mondgestein zwischenzeitlich über eine bestimmte Temperatur geheizt wurde, wird die Radioisotopen-Uhr wieder auf Null zurückgestellt. Da es viele verschiedene Mineralien mit unterschiedlichsten Schmelztemperaturen in diesem Meteoriten gibt, lässt sich seine Entwicklungsgeschichte in hohem Detail nachvollziehen.

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Kommentare (24)

  1. #1 Frantischek
    22. Januar 2015

    Wenn eines unserer Regierungsoberhäupter seinen Dienstwagen zwei drei Jahre länger verwenden würde bevor er gegen einen neuen ausgetauscht wird wäre das Geld herinnen.

  2. #2 Evoscheck
    22. Januar 2015

    Was ich mich immerzu frage, wer ist eigentlich der Besitzer bzw. Verkäufer? Wäre es nicht ein feiner Zug dieses Menschen, den Stein einfach günstiger abzugeben?

  3. #3 Florian Freistetter
    22. Januar 2015

    @Evoschek: “Wäre es nicht ein feiner Zug dieses Menschen, den Stein einfach günstiger abzugeben?”

    Wie im Artikel erwähnt, hat der Verkäufer den Preis ja schon um fast 50 Prozent reduziert. Aber es bleibt halt immer noch mehr übrig, als sich das Museum leisten kann…

  4. #4 Matthias M. M. Meier
    22. Januar 2015

    Der Besitzer/Verkäufer ist der Finder. Die Meteoriten-Sucher leben davon, dass sie ihre Meteoriten in kleine Stückchen aufteilen und dann auf dem freien Markt verkaufen. Siehe z.B.: https://meteoritemarket.com/achon.htm (man beachte auch, dass die Mondmeteoriten-Stückchen auf dieser Seite zwischen 1300 und 1500 Dollar pro Gramm kosten)

    Für einmal, für diesen speziellen und aussergewöhnlichen Meteoriten, möchten wir das verhindern.

  5. #5 Higgs-Teilchen
    22. Januar 2015

    Kann man dabei nur das Alter des Meteroiten bestimmen oder auch seit wann er auf der Erde ist?

  6. #6 Florian Freistetter
    22. Januar 2015

    @Higgs: Beides!

  7. #7 Jürgen Schönstein
    23. Januar 2015

  8. #8 Marc
    Bretten
    23. Januar 2015

    FYI: Es ist sehr schade, dass man nur mit Kreditkarte das Projekt unterstützen kann (habe keine), siehe FAQ ganz unten auf der Crowdfundingseite.

  9. #9 Higgs-Teilchen
    23. Januar 2015

    Ach so, ja, ich sollte zuende lesen bevor ich frage stelle. Sorry. 🙂

  10. #10 Evelyn
    23. Januar 2015

    Das erste Mal eine Crowdfunding-Campagne unterstützt. Ich denke das war ein guter Einstieg. Ich hoffe sie schaffen es

  11. #11 Florian Freistetter
    23. Januar 2015

    @Marc: ” Es ist sehr schade, dass man nur mit Kreditkarte das Projekt unterstützen kann “

    Ja, das finde ich auch. Und vermutlich ist das mit ein Grund, warum das Crowdfunding so zögerlich läuft. Ich weiß nicht aus welchem Land die Crowdfundingseite kommt und ob dort Kreditkarten vielleicht weiter verbreitet sind. Aber zumindest hier in Deutschland/Österreich kenne ich sehr viele Leute, die keine haben. Ich hatte selbst sehr lange keine und ich kann mir gut vorstellen, das es anderen ebenso geht bzw. sie die Daten trotzdem nicht ins Internet schreiben können. Alternative Fundingmöglichkeiten (Überweisung, PayPal, etc) wären da schon wichtig gewesen…

  12. #12 Psyclash
    23. Januar 2015

    ” Wenn wir wissen wollen, warum auf der Erde lebensfreundliche herrschen …” Bedingungen?
    (Diesen Kommentar dann löschen)

  13. #13 Uli
    23. Januar 2015

    Ich habe auch keine KK, aber einen Vorschlag:

    Florian ruft mal beim Bildungs/Wissenschaftsminister an und erklärt ihm, wie gut er dastehen würde, wenn er die paar Kröten lockermachen könnte um dieses einzigartige Stück zu erwerben.

    Denn wie schon erwähnt, reden wir hier eigentlich über die berühmten Peanuts…

  14. #14 Matthias M. M. Meier
    23. Januar 2015

    Vielen herzlichen Danke für alle, die bereits etwas beigetragen haben. Ja, es stört mich auch, dass man mittlerweile für alles im Internet fast zwingend eine Kreditkarte benötigt. Aus den Namen der Mitarbeiter bei “Ulule” schliesse ich, dass die Seite in einem französischsprachigen Land zu Hause ist, also vermutlich Frankreich oder Belgien. In Frankreich ist es absolut üblich, auch kleine Beträge mit Kreditkarten zu bezahlen, alle Bankkundenkarten sind gleichzeitig auch Kreditkarten. Insofern überrascht mich das nicht.

    Das wichtigste, was wir für das Projekt jetzt brauchen, ist Aufmerksamkeit – wäre toll, wenn ihr uns auch noch zusätzlich unterstützen könntet, in dem ihr den Link zur Spendenseite auf Facebook & co. postet und/oder Freunden davon erzählt. Als Vorab-Bonus 😉 hier noch eine ausführliche Antwort auf “Higgs-Teilchen”‘s Frage:

    Florian hat natürlich recht – man kann beides bestimmen! Im Artikel hatte ich ja schon erklärt, wie man die Bestrahlungsdauer im All bestimmen kann. Doch wie bestimmt man, wie lange ein Meteorit schon auf der Erde liegt? Die Verhältnisse der verschiedenen “kosmogenen” Isotope (neben 21Ne gibt es z.B. auch noch 3He, 38Ar, verschiedene Kr- und Xe-Isotope bei den stabilen, sowie z.B. 10Be, 26Al, 36Cl, 60Co bei den radioaktiven), seien sie nun radioaktiv oder stabil, sind nicht immer exakt gleich: sie hängen davon ab, wie gross der Meteoroid im Weltraum ist (ist der Durchmesser klein, kann nur ein kleiner Teil der kosmischen Strahlung gestoppt werden, und es werden vor allem Isotope produziert, die das Produkt von “hochenergetischen” Teilchenkollisionen sind) und wie tief sich die gerade untersuchte Probe innerhalb des Meteoroiden befand. Des weiteren muss man sich klar machen, dass sich bei einem radioaktiven Isotop, das von der kosmischen Strahlung produziert wird, irgendwann ein Gleichgewicht zwischen Produktions- und Zerfallsrate einstellt: die Konzentration eines radioaktiven kosmogenen Isotops wird also wachsen, aber irgendwann eine “Sättigung” erreichen (nach ca. 5 Halbwertszeiten). Danach steigt sie nicht mehr weiter an, im Gegensatz zur Konzentration von stabilen kosmogenen Isotopen.

    Eine lange Aufenthaltszeit auf der Erde zeigt sich dann dadurch, dass gegenüber den stabilen kosmogenen Isotopen die radioaktiven “kosmogenen” Isotope eine geringere Häufigkeit aufweisen – und zwar proportional zu ihren jeweiligen Zerfallsraten (wenn es nicht proportional ist, kann es sein, dass der Meteorit nur sehr kurze Zeit im Weltall war und deshalb nicht alle radioaktiven kosmogenen Isotope in Sättigung waren). So bald nämlich der Meteorit auf der Erdoberfläche liegt, ist er von der kosmischen Strahlung geschützt und die radioaktiven kosmogenen Isotope beginnen zu zerfallen. Natürlich muss man sich dann “geeignete” Isotope für die Untersuchung aussuchen, nämlich solche, die in der typischen Zeit, die ein Meteorit auf der Erdoberfläche verbleibt (einige 10’000 bis 100’000 Jahre in heissen Wüsten, in kalten Wüsten sogar einige Millionen Jahre), zu einem beträchtlichen Teil zerfallen. Gerne nimmt man z.B. 14C (5730 Jahre Halbwertszeit),. 41Ca (100’000 Jahre) oder 81Kr (229’000 Jahre). Mehr Details zur Bestimmung des Oberflächenalters gibts in diesem Artikel: https://www.lpi.usra.edu/books/MESSII/9011.pdf

    Ok, Danke fürs Spenden, Teilen und Weitersagen!

  15. #15 Florian Freistetter
    23. Januar 2015

    @Uli: “Florian ruft mal beim Bildungs/Wissenschaftsminister an und erklärt ihm”

    Du scheinst meine Wichtigkeit massiv zu überschätzen. Ich kann nicht einfach beim Minister anrufen. Wenn, dann kann das der Direktor des NHM; das gehört ja auch zum Ministerium und ich bin mir sicher, dass sich Direktor Köberl schon bei den politisch Verantwortlichen in der Hinsicht gemeldet hat.

  16. #16 Matthias M. M. Meier
    23. Januar 2015

    Ludovic hat mich gebeten, euch noch folgendes mitzuteilen:

    Es gibt die Möglichkeit, per PayPal zu spenden, und zwar über seine eigene Webseite, http://www.meteorimpactonearth.com/contact.html

    Eine weitere Alternative bei Spenden ab 100 Euro ist, diese dem Museum direkt zu überweisen (schreibt ihm eine Mail bei Interesse).

    In beiden Fällen gilt aber, dass der Betrag im Nicht-Erfolgsfall nicht zurückbezahlt würde.

    Er käme jedoch trotzdem der Meteoritenforschung zugute, da wir in diesem Fall versuchen werden, wenigstens das kleinere (50g) Fragment für das Forschungskonsortium zu kaufen (was dann beim gleichen Grammpreis insgesamt immer noch ~12500 Euro kosten dürfte).

  17. #17 Uli
    23. Januar 2015

    @Florian: Ach, weißt Du, so ein Politiker, der hat einen Mikro/Kamera-Reflex, den kann man bestimmt nutzen.

    Eine Mail an sein Büro, daß die ganze Welt jetzt auf IHN guckt, wie er Österrreich in Sachen Mondforschung in die Erste Reihe katapultiert, könnte da schon Wunder helfen.

    Unterschätze nie die Macht der Presse. Bitte ihn um ein offizielles Statement zu der Sache und erzähl ihm von der positiven PR, die dabei herauskommen würde.

    Im aller-aller-aller-schlimmsten Fall passiert: Nix… 😉

  18. #18 Florian Freistetter
    23. Januar 2015

    @Uli: “Unterschätze nie die Macht der Presse. Bitte ihn um ein offizielles Statement zu der Sache und erzähl ihm von der positiven PR, die dabei herauskommen würde.”

    Die Leute vom Naturhistorischen Museum sind ja keine Amateure! Öffentlichkeitsarbeit ist deren Job. Die Story vom Meteorit war schon in den wichtigsten österreichischen Zeitungen; im Fernsehen, usw. Und der Herr Minister wird sich sicherlich auch schon damit beschäftigt haben. Ob dem jetzt ein Blogger ne Mail schreibt oder nicht, wird ihn kaum kümmern. Ich finde es ja nett, dass du mir so einen großen Einfluss zutraust. Aber den habe ich nicht…

    ” daß die ganze Welt jetzt auf IHN guckt, wie er Österrreich in Sachen Mondforschung in die Erste Reihe katapultiert”

    Sowas zu schreiben wäre höchst unseriös. Denn es schaut nicht “die ganze Welt” auf ihn und der Ankauf des Meteorits ist zwar wichtig, wird Österreich aber mit Sicherheit nicht zur Weltspitze bei der Mondforschung machen.

  19. #19 Driss Aoulad Chrifa
    Betreff: Meteoriten zum Verkauf
    6. Juni 2015

    Betreff: Meteoriten zum Verkauf

    Hallo Frau / Fräulein / Liebe

    Sie haben einen guten Ruf aus diesem Grund habe ich zu euch gesandt, um mich zu verkaufen Ich zeichne meine drei Meteoriten, durch Zufall fand ich sie in einem Dorf Tissint Südmarokko Tata genannt
    In Erwartung Ihrer Antwort, Genehmigen Sie, Herr, den Ausdruck meiner ausgezeichneten Gefühle
    Gruß
    Herr Driss Aoulad Chrifa
    Telefon: 00 212 69 85 80 429
    Rabat 10000
    Marokko

  20. #20 Florian Freistetter
    6. Juni 2015

    Ich lass diesen Kommentar mal stehen. Ich weiß, dass ich ein paar Meteoritenhändler unter den Lesern habe (“2002EL6” zum Beispiel) – vielleicht finden die diesen Spam ja ganz amüsant 😉

  21. #21 T
    6. Juni 2015

    Im Rheinland hätte er mit diesem Vornamen nicht viel Freude.

  22. #22 PDP10
    6. Juni 2015

    “Im Rheinland hätte er mit diesem Vornamen nicht viel Freude.”

    🙂

    Und zusammen mit seinem Angebot: [..] “aus diesem Grund habe ich zu euch gesandt, um mich zu verkaufen [..]”

    … hat er also Driss zu verkaufen …

    Nee Danke …. 😉

  23. #23 Krypto
    6. Juni 2015

    @FF:
    Der Kommentar ist ja fast so schön wie Gebrauchsanweisungen von Fernostartikeln 🙂
    @T: Ja, dem wäre dort eine recht schwierige Kindheit beschieden gewesen.
    Im Übrigen kann ich auch prima Meteoriten zeichnen: Natürlich nur echte Kohle-Radierungen 😛

  24. #24 PDP10
    6. Juni 2015

    @Krypto:

    Scheint gar kein so schlechtes Geschäft zu sein …

    Den hier hatte ich schon nebenan im Plauterthread gepostet, aber weil er hier so schön reinpasst, nochmal:

    https://www.spiegel.de/panorama/argentinische-diebe-klauen-215-meteoriten-a-1036422.html

    🙂