Weiter soll im Rahmen dieses Konsortiums auch die Bestrahlungsgeschichte des Meteoriten rekonstruiert werden. Im Gegensatz zur Erde hat der Mond weder ein schützendes Magnetfeld noch eine Atmosphäre: alle Gesteine innerhalb von ein paar Metern seiner Oberfläche sind einem konstanten Bombardement von kosmischer Strahlung ausgesetzt. Diese hochenergetischen Protonen (Wasserstoff-Atomkerne) werden von fernen Sternexplosionen freigesetzt, durcheilen den interstellaren Raum knapp unter der Lichtgeschwindigkeit, bis sie schliesslich irgendwo in ein Material eindringen und dabei gestoppt werden. Dabei richten sie beträchtlichen Schaden an, lassen etwa Atomkerne platzen, mit denen sie kollidieren. Dies führt dazu, dass eine Reihe von Isotopen, die sonst sehr selten sind, neu produziert werden und plötzlich viel häufiger vorkommen. Besonders stark zeigt sich dieser Effekt in Elementen, die sonst in allen Materialien sehr selten sind, zum Beispiel Edelgase (Helium, Neon, Argon, Krypton, Xenon). So macht zum Beispiel das stabile Neon-Isotop 21Ne nur etwa 0.3% des Neons in der Erdatmosphäre aus – beim kosmischen Bombardement aber wird es etwa gleich häufig produziert als seine sonst viel häufigeren Nachbarisotope 20Ne und 22Ne. Ein Gestein, das über längere Zeit der kosmischen Strahlung ausgesetzt war, wird deshalb einen (messbaren!) Überschuss an 21Ne aufweisen. Wenn man die Produktionsrate kennt, also die Anzahl Atome, die pro Gramm Gestein in einer bestimmten Zeit produziert werden, kann man aus dem 21Ne Überschuss die Dauer des Strahlungs-Bombardements berechnen. Einige Mondmeteoriten (und einige Apollo-Proben) haben hunderte von Millionen Jahren an der Mondoberfläche verbracht. Wie ist das wohl bei Oued Awlitis 001? Sein Bestrahlungsalter auf der Mondoberfläche datiert darüber hinaus auch die Zeit, die seit dem Einschlag, der zur Entstehung des aussergewöhnlichen Mondmeteoriten führte, vergangen ist. Des weiteren kann man aus 21Ne und anderen „kosmogenen“ (von der kosmischen Strahlung produzierten) Isotopen auch bestimmen, wie lange Oued Awlitis 001 nach seiner Abspaltung vom Mond im interplanetaren Raum verbracht hat – für die meisten Mondmeteoriten ein paar zehntausend Jahre. Und aus der Differenz von radioaktiven und nicht-radioaktiven kosmogenen Isotopen kann man dann sogar noch bestimmen, wie lange er schon auf der Erdoberfläche liegt.
Oued Awlitis 001 ist ein Fenster in die Geschichte des Mondes. Er wird uns helfen, zu verstehen, wie Impakte die Mondoberfläche formen und beeinflusst haben. Er wird darüber hinaus für Generationen im Naturhistorischen Museum Wien zu besichtigen sein – wenn es uns gelingt, diesen aussergewöhnlichen Stein für die Wissenschaft und die Öffentlichkeit zu bewahren. Jeder kleine Beitrag von eurer Seite kann uns dabei helfen, unser Ziel zu erreichen. Und wie Michael (7) bereits erfahren hat: wenn man sich voll einsetzt für ein Ziel, das einem wichtig ist – dann hat man auch eine Chance, es zu erreichen. Vielen Dank für eure Zeit und eure Spenden! (Spenden per PayPal sind auf dieser Seite möglich)
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