Als Wilhelm dann 1781 den Planeten Uranus entdeckte, wurde er schlagartig berühmt und konnte sich ganz auf die Astronomie konzentrieren. Er bekam eine Stellung als Astronom des Königs und Caroline wurde als seine Assistentin eingestellt. Sie half ihm weiterhin bei seiner Arbeit, hatte aber auch ihr eigenes Teleskop, mit dem sie in ihrer knapp bemessenen freien Zeit eigene Projekte verfolgte. Sie durchmusterte den kompletten Himmel auf der Suche nach den “Nebeln”, von denen man damals noch nicht wusste, worum es sich handelt (heute wissen wir, dass es entweder ferne Galaxien oder näher gelegene interstellare Gaswolken bzw. Sternhaufen sind). Sie konnte den existierenden Katalogen 14 neue Objekte hinzufügen (immerhin ein Zuwachs von 5 Prozent!). Sie entdeckte gleich acht neue Kometen. Sie fertigte Kataloge mit Sternpositionen an. Sie veröffentlichte den ersten Zonenkatalog. Und bekam zumindest aus der damaligen Fachwelt die entsprechende Anerkennung für ihre Arbeit (unter anderem von Carl Friedrich Gauß). Nach dem Tod ihres Bruders im Jahr 1822 kehrte Caroline nach Hannover zurück. Dort arbeitete sie weiter an astronomischen Themen, sortierte den wissenschaftlichen Nachlass von Wilhelm und ermöglichte mit diesen Daten auch ihrem Neffen John den Start seiner eigenen großen Karriere.
Offizielle Ehrungen kamen erst spät in Carolines Leben. 1828 bekam sie die Goldmedaille der britischen Royal Astronomical Society und wurde 1835 als erste Frau als Ehrenmitglied dort aufgenommen. 1838 wurde sie Mitglied in der irischen Royal Astronomical Society. Für eine Ehrung aus ihrem Heimatland Deutschland musste sie bis 1846 (da war sie 96 Jahre alt) warten, bevor ihr die goldene Medaille der Preußischen Akademie der Wissenschaften verliehen wurde. Aber trotz allem steht Caroline heute immer noch im Schatten ihres großen Bruders. So wie viele andere Frauen hat sie maßgebliche wissenschaftliche Arbeit geleistet ohne dafür im gleichen Ausmaß öffentlich anerkannt zu werden, wie ihre männlichen Kollegen. Wilhelm Herschel kennt man heute immer noch; seine Schwester Caroline dagegen ist aus den Augen der Öffentlichkeit mehr oder weniger verschwunden. Das ist schade – und ich würde mir wünschen, es würde zumindest ein bisschen mehr aktuelle, allgemeinverständliche und vor allem ansprechende und inspirierende Literatur zu ihrem Leben und ihrer Arbeit geben. Das Buch von Brock ist zwar durchaus interessant, aber nicht unbedingt fesselnde Lektüre. Das Buch zieht sich ein wenig; hält sich sehr lange bei eher allgemeinen Themen wie den europäischen Bildungsystemen im 18. Jahrhundert auf und könnte mit Sicherheit spannender sein, als es ist. Aber wer ein Buch über das Leben von Caroline Herschel lesen will, der hat leider keine andere Wahl, als dieses Buch zu lesen.
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