Über die Suche nach extrasolaren Monden und extrasolaren Planetenringen habe ich hier im Blog schon öfter geschrieben. Es gibt absolut keinen Grund, warum man annehmen sollte, dass die Planeten anderer Sterne nicht ebenfalls von Monden und/oder Ringen umgeben sind, so wie die meisten Planeten in unserem Sonnensystem. Sie zu finden ist allerdings ein klein wenig knifflig; auf jeden Fall ist es schwieriger als die Planeten selbst zu entdecken. Mittlerweile hat die Technik der Astronomen aber eine Sensibilität erreicht, mit der so eine Entdeckung möglich sein könnte. Früher oder später wird es so weit sein; vorerst sieht es aber eher so aus, als wären potentielle Entdeckungen weiterhin schwer zu interpretieren.
In den letzten Tagen hat eine Arbeit Aufmerksamkeit erregt, die sich mit dem Stern 1SWASP J140747.93-394542.6 beschäftigt. Dort wurde 2011 ein Objekt gefunden, das möglicherweise von einem großen Ringsystem umgeben ist. Ich habe damals darüber geschrieben und am Ende auch darauf hingewiesen, dass es leider noch nicht klar ist, ob es sich bei dem Objekt auch wirklich um einen Planeten handelt oder doch “nur” einen braunen Zwerg. Es ist ja bei der Beobachtung extrasolarer Planeten nicht immer so einfach, die Masse der gefundenen Himmelskörper zu bestimmen und in diesem Fall war die Lage unklar.
Matthew Kenworthy und Eric Mamajek, zwei der Entdecker von damals haben sich die Sache nun kürzlich noch einmal genauer angesehen (“Modeling giant extrasolar ring systems in eclipse and the case of J1407b: sculpting by exomoons?”) und dabei ein wenig mehr herausgefunden. Die Methode, mit der man mittlerweile die meisten Planeten findet, basiert auf winzigen Helligkeitsänderungen des Lichts von Sternen. Wenn von uns gesehen ein anderer Himmelskörper an einem Stern vorüberzieht, dann wird ein bisschen Licht blockiert und der Stern leuchtet kurzfristig schwächer. Passiert das in periodischen Abständen, dann kann man davon ausgehen, dass der Stern von diesem Objekt umkreist wird und hat einen Planeten gefunden. Beziehungsweise man hat einen Planeten gefunden, wenn man auch die Masse bestimmen kann und die unter dem Limit liegt, das für Planeten üblich ist. Ist das Objekt ungefähr 13 Mal schwerer als der Jupiter, dann kann es in seinem Inneren Deuterium fusionieren und ein bisschen eigene Energie erzeugen. Es ist dann zwar kein Stern – dazu müsste es etwa 75 Mal schwerer als Jupiter sein um Wasserstoff fusionieren zu können – aber auch kein Planet mehr, sondern ein Brauner Zwerg.
Bei 1SWASP J140747.93-394542.6, oder kurz J1407 ist die Sache noch ein wenig komplizierter. Man kennt nicht nur die Masse des verdunkelnden Objekts nicht genau, sondern weiß auch nicht wirklich, ob es den Stern tatsächlich umkreist. Wenn so ein Himmelskörper zum Beispiel ein paar hundert Jahre für eine Runde um den Stern brauchen würde, dann würde natürlich auch nur alle paar hundert Jahre eine Verdunkelung stattfinden. Bei J1407 hat man bis jetzt nur eine solche Helligkeitsänderung beobachtet, aber die war dafür enorm komplex!
Normalerweise wird so ein Stern ja einfach nur ein wenig dunkler und dann wieder heller. Je dunkler der Stern wird, desto größer muss der Himmelskörper sein der die Verdunkelung verursacht. Und aus der Art und Weise, wie der Stern dunkler und wieder heller wird (schnell oder langsam; schneller dunkler als wieder heller und umgekehrt, usw) lassen sich Hinweise auf die Form der Umlaufbahn gewinnen. Bei J1407 war der Abfall des Lichts aber extrem komplex. Das Licht des Sterns wurde immer wieder dunkler, dann ein bisschen heller, dann nochmal dunkler, etc. Er flackerte gewissermaßen wild vor sich – und das wurde von den Wissenschaftlern als Zeichen dafür interpretiert, dass da eben nicht nur ein normaler Himmelskörper am Stern vorüber zieht, sondern ein Himmelskörper, der von Ringen umgeben ist. Ein Ringsystem, um genau zu sein, so wie es auch unseren Saturn umgibt. Das besteht ja aus vielen einzelnen Ringen mit Lücken dazwischen und die sorgen für das Flackern des Sterns.
Matthew Kenworthy und Eric Mamajek haben nun probiert, am Computer ein Modell eines Ringsystems zu erstellen, dass die beobachteten Helligkeitsdaten möglichst gut reproduziert. So zum Beispiel:
Unten im Bild sieht man die Lichtkurve und wie die Helligkeit des Sterns im Laufe von fast zwei Monaten immer schwächer und dann wieder heller wurde. Die lange Dauer ist schon mal ein erster Hinweis darauf, dass es sich hier um ein wirklich ausgedehntes Ringsystem handeln muss, dass sich außerdem weit vom Stern entfernt befindet und entsprechend lange für eine Runde braucht. Oben sieht man das Ringsystem selbst, dass gut zu den Daten passt. Die Farben geben an, wie lichtdurchlässig die einzelnen Ringe sind (je röter, desto weniger).
Es gäbe auch noch andere Konfigurationen, die ebenso gut zu den Daten passen; eine eindeutige Lösung war nicht möglich. Es muss sich aber auf jeden Fall um ein System aus ein paar Dutzend Ringen gehandelt haben, mit entsprechenden Lücken dazwischen. Und diese Lücken entstehen nicht von selbst! Bei Saturn sind meistens Monde verantwortlich, die mit ihrer Gravitationskraft und entsprechende Resonanzen die Ringteilchen aus dem Weg räumen. Und so einen “Mond” muss es auch bei J1407 geben. Die Modelle von Kenworthy und Mamajek zeigen, dass es einen Himmelskörper mit etwa 0,8facher Erdmasse braucht, um zumindest die größte Lücke (immerhin 4 Millionen Kilometer breit!) zu erzeugen.
Wie ist nun also der Status Quo bei der Entdeckung von Exomonden und Exoringen? Die neue Arbeit konnte zumindest erstmal einigermaßen zeigen, dass es sich bei dem Himmelskörper der den Stern J1407 verdunkelt, tatsächlich um einen Begleiter handelt. Es hätte ja auch zufällig ein anderes Objekt sein können, dass einfach vor dem Stern unsere Sichtlinie durchquert. Aber diesen Fall konnten die Astronomen mit statistischen Überlegungen weitestgehend ausschließen. Was die Masse des Begleiters angeht, ist man immer noch nicht viel schlauer. Die Modelle geben nur eine Obergrenze von 24 Jupitermassen an; lassen einen braunen Zwerg also durchaus wahrscheinlicher erscheinen als einen Planeten. Dafür spricht auch die Ausdehnung des Ringsystems: Es erstreckt sich 90 Millionen Kilometer weit vom Begleiter hinaus ins All (zum Vergleich: Der Abstand zwischen Erde und Sonne beträgt 150 Millionen Kilometer und der fernste der großen Saturnringe ist nur eine Million Kilometer weit weg). Die gesamte Masse der Ringteilchen muss ungefähr das 100fache der Mondmasse betragen während die gesamte Masse der Saturnringe nur etwa ein 2500tel der Mondmasse auf die Waage bringt.
Wir haben also ein Objekt, das vermutlich ein brauner Zwerg ist, einen Stern umkreist und selbst von einem riesigen Ringsystem umgeben ist und von einem annähernd erdgroßen “Mond” umkreist wird. Ob man hier von einem “echten” Exomond und “echten” Planetenringen sprechen kann, ist zweifelhaft. Aber eigentlich auch egal. Der kleine, die Ringlücken verursachende Himmelskörper ist auf jeden Fall groß/klein genug um als Planet durchzugehen. Wir haben hier also einen Planeten gefunden, der inmitten riesiger Ringe einen braunen Zwerg umkreist, der selbst einer fernen Bahn um einen Stern folgt! Wem das nicht beeindruckend genug ist, dem ist auch mit der Entdeckung eines echten Exomondes nicht mehr zu helfen!
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