Am 20. März 2015 wird es eine Sonnenfinsternis geben. Hier in Mitteleuropa wird man allerdings ohne Hilfsmittel nichts davon mitbekommen, da sie nur partiell zu sehen ist. Wer sie von der Totalitätszone aus beobachten will, hat nur drei Möglichkeiten: Entweder man nimmt ein Schiff und fährt damit in den Atlantik. Man kann auf die im Polarmeer gelegenen Inselgruppe von Spitzbergen reisen. Wer die totale Sonnenfinsternis aber von einer einigermaßen normalen Gegend mit zivilisatorischen Annehmlichkeiten aus beobachten will, muss zu den Färöern fliegen. Die kleinen Inseln im Nordatlantik liegen werden vom Kernschatten der Sonnenfinsternis getroffen und man hat dort einen sicherlich einzigartigen Blick auf die verdunkelte Sonne. Natürlich nur, wenn das Wetter mitspielt…
Die Färöer sind aus vielen Gründen ein faszinierendes Reiseziel. Schon als Kind haben mich diese abgelegenen Inseln interessiert und ich habe mir oft genug das Bild der bunten Stadt Klaksvík angesehen, das im Lexikon meiner Großmutter gedruckt war (Ja, damals hatten wir noch kein Internet und abgesehen von Prospekten die ich auf diversen Reisemessen eingesammelt habe, gab es wenig andere Informationsquellen). Ich würde auch heute immer noch sehr gerne einmal dorthin reisen; auch wenn gerade keine Sonnenfinsternis stattfindet. Und wenn die Reise dorthin ein wenig billiger wäre, dann hätte ich das sicher auch schon längst gemacht. Das schlechte Wetter würde mich sicherlich nicht abschrecken – aber es könnte die Pläne vieler Finsternis-Touristen durcheinander bringen, die sich demnächst auf den Weg in den Norden machen.
Die Färöer sind nicht unbedingt für blauen Himmel und strahlenden Sonnenschein berühmt. Auch nicht für seine Konstanz oder Vorhersagbarkeit. Wikipedia fasst das so zusammen:
“Das Wetter auf den Färöern ist maritim, feucht und äußerst wechselhaft. Das bedeutet, dass am selben Tag strahlender Sonnenschein und dichtester Nebel aufeinander folgen können und dass das Wetter an verschiedenen Orten auf dem Archipel völlig unterschiedlich sein kann.”
Die Finsternisbeobachtung am 20. März könnte also ein bisschen zum Glücksspiel werden… Um aber zumindest ein klein wenig Planbarkeit in die Wetterbedingungen zu bringen, hat im März des letzten Jahres ein Projekt mit Unterstützung der lokalen Bevölkerung stattgefunden. Die (Hobby?)Astronomen Geoff Sims und Kate Russo sind auf die Färöer geflogen und haben probiert, die Färinger für die Finsternis zu begeistern und zu informieren. Neben dieser Öffentlichkeitsarbeit in Ämtern und Schulen haben sie die Menschen aber auch aufgefordert, den ganzen März 2014 über um 9:40 Lokalzeit (der Zeit, zu der auch die Finsternis stattfinden wird), den Himmel zu beobachten bzw. zu fotografieren. So wollten sie einen Eindruck über die Veränderungen des Wetters zu dieser Jahreszeit gewinnen, der über die wenigen offiziellen meteorologischen Messstationen hinausgeht. Insgesamt wurden 381 Beobachtungen gemeldet, die Sims und Russo ausgewertet haben (“Citizen Science on the Faroe Islands in Advance of an Eclipse”). Die Daten stimmen aber nicht unbedingt optimistisch:
Nur zwei Prozent der Beobachtungen haben einen “klaren” (“mostly clear”) Himmel gezeigt; die große Mehrheit von über 50 Prozent haben nur Wolken gesehen. Aber immerhin: In 50 Prozent der Fälle, das heißt an 15 Tagen des März 2014 war es zumindest an einem der Beobachtungsorte möglich, die Sonne zu sehen. Die Daten haben Simms und Russo mit den offiziellen Vorhersagen des Meteorologischen Instituts von Norwegen verglichen um so herauszufinden, inwiefern Vorhersage und Realität übereinstimmen. Daraus haben sie dieses Diagramm erstellt:
Auf der y-Achse ist die Wolkenvorhersage der offiziellen Meteorologen. Wenn die zum Beispiel eine Wolkenbedeckung von 0-10 Prozent vorhersagen (oberste Reihe), dann ist es mit einer Wahrscheinlichkeit (x-Achse) von 9 Prozent tatsächlich klar. Zu 45 Prozent ist es ein bisschen wolkig und so weiter – bis hin zu einer Wahrscheinlichkeit von 21 Prozent dass es trotz der optimistischen Vorhersage komplett dicht bewölkt ist.
Die Arbeit von Simms & Russo kommt also zu dem – wenig überraschenden – Fazit, dass das Wetter auf den Färöern tatsächlich ziemlich mies ist. Und man Glück brauchen wird, um die Finsternis tatsächlich sehen zu können. Aber immerhin haben sie Gelegenheit genutzt, um die Öffentlichkeit auf den Inseln ein wenig für Astronomie und Himmelsbeobachtung zu begeistern.
Und es bleibt einem ja auch wenig anderes übrig. In Spitzbergen ist das Wetter auch nicht unbedingt berühmt (“Im Sommer, der Anfang Juni sonnig beginnt und im September mit Nebel, Regen und Schnee endet, liegen die Temperaturen zwischen −2 °C und 17 °C. Im Winter ist es zwischen −25 °C und 5 °C kalt, und es gibt häufig Schneefall und Nebel. Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei −6,7 °C”, sagt Wikipedia). Die Inseln im Polarmeer sind kompliziert und teuer zu erreichen und die Infrastruktur ist auch überschaubar.
Wie gesagt: Ich würde ja auch einfach so auf die Färöer fahren, egal ob es eine Finsternis gibt und wie das Wetter wird (und ich ärgere mich, dass ich nicht so wie Simms und Russo auf die Idee gekommen bin, mich von der dortigen Tourismusbehörde sponsern zu lassen um so einen Artikel über die Finsternis zu schreiben…). Aber zumindest Bier von den Färöern kann man bestellen. Was ich auch getan habe. Prost!
P.S. Ja, ich kenne die Geschichten vom angeblichen Stromausfall anlässlich der Finsternis. Die gabs auch schon letztes Jahr und ich habe darüber mit Holger Klein im WRINT-Podcast geredet.
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