“Astronomen entdecken erdähnlichen Planeten!”
“Wissenschaftler finden neues Elementarteilchen!”
“Biologen entwickeln Impfstoff gegen Malaria!”
Die Schlagzeilen, mit denen Wissenschaft normalerweise präsentiert wird, klingen meistens immer ein wenig so wie die Beispiele von oben (und nein, nichts davon ist in letzter Zeit passiert). Und wenn wichtige Entdeckungen gemacht werden, ist es auch völlig in Ordnung darüber zu berichten. Man macht Wissenschaft ja gerade deshalb, um wichtige Dinge zu entdecken. Und von diesen Entdeckungen zu erfahren ist spannend. Aber es ist – zumindest meiner Meinung nach – ebenso spannend zu lernen, WIE die Wissenschaftler ihre Entdeckungen gemacht haben. Denn dabei zeigt sich nicht nur die ganze Kreativität, die in diesem Beruf nötig ist sondern meistens auch die faszinierenden Zusammenhänge, die in diesem Universum existieren. Oder hättet ihr zum Beispiel gedacht, dass Astronomen das Magnetfeld der Sonne erforschen können, in dem sie den Radiosignalen von winzigen Staubkörnern lauschen, die mit Raumsonden kollidieren? Und dabei noch etwas über die Bewegung von Planeten lernen können? Nein? Ist aber so!
Die beiden Raumsonden des STEREO-Projekts sind dazu da, den größten Himmelskörper in unserer Nachbarschaft zu beobachten: Die Sonne! Damit auch Informationen über die kleinsten Objekte im Sonnensystem zu gewinnen, war eigentlich nicht vorgesehen. Aber Gaetan Le Chat von der Pariser Sternwarte und seine Kollegen haben es trotzdem getan und Nanostaub im interplanetaren Raum untersucht (“On the Effect of the Interplanetary Medium on Nanodust Observations by the Solar Terrestrial Relations Observatory”). Staub gibt es zwischen den Planeten ja jede Menge. Man kann ihn sogar ganz ohne Hilfsmittel von der Erde aus sehen. Entweder in Form einer Sternschnuppe, die ja nichts anderes ist als die Leuchtspur, die ein Staubkorn bei der Kollision mit der Atmosphäre der Erde hinterlässt. Oder aber in Form des Zodiakallichts, bei dem der Staub im Sonnensystem unter den richtigen Bedingungen Sonnenlicht reflektiert und in dunklen Nächten am Himmel leuchtet (für eine genauere Erklärung siehe hier).
Aber das ist nicht der Staub, um den es geht. Der Nanostaub den Le Chat und seine Kollegen untersucht haben, ist noch viel kleiner. Kleiner als die Wellenlänge des sichtbaren Lichts, das vom Nanostaub daher auch nicht reflektiert wird. Mit normalen Mitteln lässt er sich daher auch nicht beobachten. Le Chat & Co ist aber ein höchst origineller anormaler Weg eingefallen.
Da die winzigen Staubteilchen überall im Sonnensystem herumfliegen, stoßen sie auch gerne mit allem zusammen, was sich dort sonst noch aufhält. Planeten, Asteroiden, Monde, und so weiter. Sie kollidieren aber auch mit Satelliten und Raumsonden. Das tut denen nicht weh, denn der Staub um den es geht ist ja winzig. Aber es reicht, um einen – ebenfalls winzigen – Krater zu verursachen. Staub und ein bisschen Material der Raumsonde werden vaporisiert, es entsteht eine – immer noch winzige – Plasmawolke deren elektrische Ladung einen Radiopuls verursacht. Und den kann man detektieren, wenn man das richtige Instrument dafür hat. Zum Beispiel der STEREO/WAVES Low Frequency Receiver, der eigentlich die Radiosignale untersuchen soll, die im Plasma der Sonnenatmosphäre erzeugt werden. Aber Le Chat und seinen Kollegen ist es gelungen, in den Daten auch die Spuren des Nanostaubs zu isolieren.
Das allein finde ich schon großartig und so typisch für den kreativen Prozess in der Wissenschaft. Irgendwer hat eine Idee, was man gerne beobachten möchte und baut ein Instrument dafür. In dem Fall die Radiostrahlung der Sonne und den S/WAVES-Receiver. Und dann kommt jemand anderes und sagt: “Hey – wisst ihr was: Ich glaube, wir können mit dem Ding auch noch ganz andere Sachen anstellen!” Und plötzlich liefert die Raumsonde auch Daten über Phänomene, für deren Untersuchung sie nicht konstruiert worden ist!
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