In Deutschland werden – so wie überall anders auch – leider immer wieder Steuergelder nicht so eingesetzt, wie sie eingesetzt werden sollten. Steuergelder werden verschwendet und das ist schlecht. Der Bund der Steuerzahler prangert die Verschwendung öffentlicher Gelder regelmäßig an. Erst kürzlich wieder in der “Aktion Frühjahrsputz 2015”. Da hat der Bund der Steuerzahler 30 Projekte vorgestellt, in denen seiner Meinung nach besonders sinnlos öffentliches Geld verschwendet wird. Aber nicht alles, was für “Verschwendung” gehalten wird, ist das auch. Ganz besonders, wenn es um Grundlagenforschung geht.
Bei den 30 Verschwendungsfällen die in der aktuellen Broschüre vorgestellt werden, sind viele dabei, bei denen es um Klimaschutz, Recycling, erneuerbare Energien u.ä. geht. Das scheint dem Bund der Steuerzahler irgendwie nicht zu gefallen; der Staat soll sich um so etwas anscheinend nicht kümmern sondern das alles der Wirtschaft überlassen. Exemplarisch ist der Fall der peruanischen Pilgermuschel:
“Um die bedrohliche Lage der peruanischen Pilgermuschel – auch als Jakobsmuschel bekannt – wissenschaftlich zu untersuchen, müssen Steuerzahler in Deutschland Geld locker machen. (…) Die meisten Pilgermuscheln kommen aus der Sechura Bucht im Norden Perus. Doch die peruanische Pilgermuschel ist ökologischen Gefahren ausgesetzt. Denn das Klimaphänomen El Niño kann ein Massensterben der Muscheln auslösen.
Nun müssen wir Steuerzahler ran: So fördert der Bund mit rund 210.000 Euro das Projekt „Nachhaltigkeitsanalyse für die Intensivkultur von Pilgermuscheln in der Sechura Bucht im Norden Perus“. Doch welchen Nutzen hat der Steuerzahler hierzulande von der Kultivierung im weit entfernten Peru? Offensichtlich nur, dass die peruanische Pilgermuschel in Deutschland ab und zu mal auf einem Teller landet”
Das klingt natürlich wunderbar absurd: Die braven Steuerzahler müssen ihr Geld für so etwas komisches wie eine “peruanische Pilgermuschel” ausgeben. Peru ist auf der anderen Seite der Erde; da hat deutsches Geld anscheinend nichts zu suchen!
Aber wenn man mal ein wenig tiefer blickt, dann ist die Sache längst nicht so simpel, wie es der Bund der Steuerzahler hier darstellt. Das Projekt um das es hier geht, ist eine Kooperation zwischen dem Leibnitz-Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT) in Bremen und der Universidad Agraria La Molina in Peru. Es läuft unter dem Namen “Untersuchung der Nachhaltigkeit der Kultivierung von Jakobsmuscheln in der Bucht von Sechura” seit Dezember 2012 und wird im November 2015 auslaufen. Gefördert wird es vom Forschungsministerium; genau so wie viele andere wissenschaftliche Projekte aus vielen anderen Disziplinen. Forschungsförderung ist eine der Aufgaben, die der Staat zu erledigen hat und, auch wenn das dem Bund der Steuerzahler anscheinend nicht gefällt, findet diese Forschung eben nicht nur innerhalb der Grenzen Deutschlands statt.
Geleitet wird das Projekt von Matthias Wolf, Chef der Abteilung Theoretische Ökologie und Modellierung” am ZMT. Und “ökologische Modellierung” ist keine sinnlose Spielerei, sondern ein umfassender und wichtiger Forschungsbereich. Man analysiert die Lebensbedingungen von Lebewesen in verschiedensten ökologischen Räumen und probiert mit Simulationen Vorhersagen über zukünftige Entwicklungen zu treffen.
Die Welt besteht aber eben nicht nur aus Deutschland. Und hat die unangenehme Angewohnheit, auf eine Art und Weise zusammenzuhängen, die sich nicht an Ländergrenzen hält. Wenn man wissen will, wie sich unser Planet in den nächsten Jahrzehnten verändert, dann muss man sich die ganze Erde ansehen und nicht nur den kleinen Teil, für den sich der Bund der Steuerzahler zuständig fühlt. Im kritisierten Forschungsprojekt in Peru geht es um die Auswirkungen des Klimaphänomens El Niño. Das sind Temperaturschwankungen im pazifischen Ozean vor der Westküste Südamerikas – die aber durchaus Auswirkungen auf den Rest der Welt haben. Die Meeresströmungen und die Temperatur haben Einfluss auf Wetter und Niederschlag. El Niño kann Überschwemmungen in Nordamerika verursachen oder Trockenheit im Amazonas. Das Wetter in Afrika und Australien ändert sich durch das Auftreten von El Niño genau so wie der Monsun in Indien. El Niño beeinflusst auch das Tierleben; das Plankton; kann zu Massensterben von Fischen, Vögeln und Korallen führen und so komplette ökologische Lebensräume durcheinander bringen. Und es gibt sogar Hinweise darauf, dass die Fernwirkungen bis Europa reichen können.
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