Es ist wieder einmal Asteroidenpanik in den Medien. Man ist aufgeregt, denn angeblich droht im Oktober 2017 eine Kollision mit dem Asteroid 2012 TC4. Der war im Oktober 2012 schon einmal Thema hier im Blog, als er in 80.000 Kilometer Entfernung an der Erde vorüber flog. Und in zwei Jahren soll er nun angeblich die Erde treffen. Zumindest könnte man das denken, wenn man die diversen hysterischen Schlagzeilen betrachtet, die momentan die Runde machen. Die hysterischste von allen stammt wieder mal vom Online-Portal der Tageszeitung “Österreich”. Dort schreibt man: “”Gewaltiger Einschlag droht: Mega-Asteroid auf Kollisionskurs mit der Erde” (Link, WebCite). Droht uns also der Untergang?
Nein, natürlich nicht. Im oben verlinkten Artikel hält man sich mit konkrete Informationen zurück und verweist nur auf die Astronomin Judit Györgyey-Ries von der McDonald-Sternwarte der Universität Texas. Ich kenne sie nicht persönlich, aber es handelt sich zumindest um eine seriöse wissenschaftliche Einrichtung. Und rein prinzipiell ist an der Vorhersage einer Asteroidenkollision ja auch nichts unseriös. Solche Ereignisse kommen tatsächlich vor und wer, wenn nicht Astronomen die sich mit Asteroiden beschäftigen, sollten uns über sowas informieren?
Nur hat in diesem Fall eben auch die überall zitierte Frau Györgyey-Ries nicht behauptet, dass der Asteroid mit uns zusammenstoßen wird. Eine entsprechende Publikation dazu konnte ich nicht finden. Auch die Outreach-Seite des McDonald-Observatoriums hat keine Informationen zu bieten. Die Aufregung um 2012 TC4 scheint auf ein Interview zurückzuführen sein, das Györgyey-Ries der Seite astrowatch.net gegeben hat. Dort sagt sie:
“It has a 0.00055% cumulative chance that it will hit. The fact that the MOID [minimum orbit intersection distance] is only 0.079 LD flags it as a possible impactor. However it is just the smallest possible distance between the orbits.”
Das heißt also: Der Asteroid wird im Oktober 2017 sehr nahe an der Erde vorbei fliegen. Der minimale Abstand zwischen den Bahnen von Erde und Asteroid entspricht dem 0,079fachen Abstand zwischen Erde und Mond, also knapp 31.500 Kilometer. Das ist wenig aus astronomischer Sicht. Aber immer noch ein sehr, sehr großer Abstand aus menschlicher Sicht und darauf kommt es an. Da die Bahnen von Asteroiden nie 100prozentig exakt bekannt sein können (es gibt immer Beobachtungsfehler), besteht in solchen Fällen eben eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Kollision. Laut Györgyey-Ries beträgt sie 0,00055 Prozent. Anders ausgedrückt: Das bedeutet, dass der Asteroid uns zu 99.99945 Prozent nicht treffen wird.
Im gleichen Artikel von astrowatch.net wird auch noch Detlef Koschny von der Europäischen Weltraumagentur zitiert, der einer Kollision mit 2012 TC4 eine Wahrscheinlichkeit von 1 zu einer Million gibt. Also wirklich nichts, über das man sich akut Sorgen machen müsste. Aber es lohnt sich, den Asteroid im Auge zu behalten, wie Györgyey-Ries auch selbst bemerkt (“It is something to keep an eye on”). Denn wie wichtig Informationen über Asteroiden sind, habe ich ja schon oft genug erklärt. Und wenn einer der Felsbrocken schon mal so nett ist, und ganz in unserer Nähe vorbei kommt, sollten wir die Chance nutzen, und ihn so gut wie möglich analysieren.
Und wenn er doch mit der Erde kollidiert? Geht dann die Menschheit unter? Nein, mit Sicherheit nicht! Man weiß zwar noch nicht, wie groß der Asteroid tatsächlich ist (ein weiterer Grund, ihn genau zu untersuchen), aber er kann nicht größer als etwa 40 Meter sein; aber auch durchaus kleiner. Seine Größe liegt irgendwo zwischen 10 und 40 Meter. Wenn es sich um einen typischen Asteroiden aus Gestein handelt, dann ist bei einer Kollision mit der Erde mit einem Ereignis wie 2013 in Tscheliabinsk in Russland, als ein ähnlicher großer Himmelskörper in der Luft auseinander gebrochen ist. Die dabei entstandene Druckwelle hat jede Menge Fensterscheiben zerbrechen lassen, aber keine Menschen getötet. Sollte es sich wirklich um einen 40-Meter-Brocken handeln, könnten die Folgen ein wenig schwerwiegender sein. Aber auch dann ist es unwahrscheinlich, dass das Objekt den Erdboden erreicht. Und es ist sehr wahrscheinlich, dass irgendwo über einer unbewohnten Gegend explodiert wo es keinen Schaden anrichtet (der Großteil der Erdoberfläche ist schließlich nicht besiedelt).
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