Von 1. bis 20. April bin ich auf Reisen, halte Vorträge in der Pfalz und in Baden-Württemberg und mache auch ein wenig Urlaub. Für die Zeit meiner Abwesenheit habe ich eine Artikelserie über wissenschaftliche Paradoxien vorbereitet. Links zu allen Artikeln der Serie findet ihr hier.
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In den meisten der bisherigen Artikel aus der Paradoxien-Serie ging es um philosophische oder logische Probleme. Es wird langsam wieder Zeit für ein ganz konkretes Paradox, das man mit ein wenig Grundlagenwissen aus der Physik auflösen kann. Die Geschichte von der Ameise auf dem Gummiband ist dafür ein ideales Beispiel!

Stellt euch eine Ameise vor, die auf einem langen, dünnen Gummiband sitzt. Das Band ist 1 Kilometer lang und die Ameise bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von einem Zentimeter pro Sekunde auf das Ende des Bandes zu. Wird sie das Ende erreichen? Sicherlich – warum auch nicht? Aber was, wenn sich das Gummiband ausdehnt und das ziemlich schnell? Mit einer Geschwindigkeit von einem Kilometer pro Sekunde: Nach einer Sekunden ist zwei Kilometer lang; nach zwei Sekunden ist es drei Kilometer lang – und so weiter. Wird die Ameise dann jemals am Ende ankommen?

Die Ameisen diskutieren ob es sich lohnt, den Quatsch mit dem Gummiband mitzumachen... (Bild: Public domain)

Die Ameisen diskutieren ob es sich lohnt, den Quatsch mit dem Gummiband mitzumachen… (Bild: Public domain)

Natürlich nicht! Das scheint auf jeden Fall die logische Antwort zu sein. Wenn sich das Band schneller ausdehnt, als die Ameise krabbeln kann, dann kann sie auch das Ende nicht erreichen. Aber wenn das so wäre, dann würde ich das Problem ja wohl kaum in meiner Serie der Paradoxien präsentieren. Und tatsächlich wird die Ameise das Ende des Bandes erreichen! Je nach den Geschwindigkeiten die man für das Problem auswählt kann das zwar ziemlich lange dauern – aber sie wird ankommen. Das scheint paradox zu sein. Aber man muss nur genau hinsehen…

Der wichtige Punkt den man sich klar machen muss ist folgender: Das Gummiband wird gleichmäßig gestreckt. Sowohl die Strecke die noch vor der Ameise liegt als auch die Strecke die sie schon zurück gelegt hat, wird in gleichem Ausmaß länger. Das bedeutet aber auch, dass das Verhältnis von noch zu krabbelnder zu schon gekrabbelter Strecke von der Ausdehnung des Gummibands nicht beeinflusst wird! Je weiter die Ameise kriecht, desto weiter nähert sich das Verhältnis dem Wert Null (der erreicht wird, wenn die Ameise am Ziel angekommen ist).

Auch wenn es für die Ameise nach einer aussichtslosen Aufgabe aussieht: Wenn sie nicht aufgibt und immer weiter krabbelt, kommt sie irgendwann an (und wer möchtet, findet im Internet jede Menge ausführliche mathematische Berechnungen, die das beweisen). Anstatt daraus jetzt aber irgendwelche pseudophilosophischen Lektionen abzuleiten, weise ich lieber auf eine Parallele in der Astronomie hin. Auch hier dehnt sich etwas aus: Nämlich der Raum. Und wenn auch keine Ameisen durch den Weltraum kriechen (zumindest wäre bis jetzt noch nichts darüber bekannt), so gibt es doch Licht, das sich hindurch bewegt. Eine Galaxie strahlt also zum Beispiel Licht aus, das sich auf den Weg zur Erde macht. Dazwischen dehnt der Raum sich aber aus. Und das kann er auch mit Überlichtgeschwindigkeit tun – die Obergrenze der Lichtgeschwindigkeit gilt nur für Bewegung durch den Raum. Je ferner eine Galaxie der Erde ist, desto schneller bewegt sie sich von uns fort. Es kann auch vorkommen, dass eine Galaxie so weit weg ist, dass sie sich schneller als das Licht entfernt und dann stellt sich die Frage: Erreicht uns ihr Licht vielleicht trotzdem irgendwann?

Die Antwort ist hier leider nicht so klar wie bei der Ameise. Denn deren Gummiband hat sich mit gleichmäßiger Geschwindigkeit ausgedehnt. Das Weltall expandiert aber immer schneller und in diesem Fall ist nicht sichergestellt, dass das Licht (oder die Ameise) das Ziel jemals erreicht. Galaxien, die ausreichend weit von der Erde entfernt sind, werden für uns also tatsächlich niemals sichtbar sein!

Kommentare (35)

  1. #1 Artur57
    Mannheim
    18. April 2015

    Nehmen wir an, Ameise A sitzt am Beginn des Gummibandes und Tierpfleger T zieht am anderen Ende mit einer Geschwindigkeit, die größer ist als die der Ameise. Die schlechte Nachricht für die Ameise ist, dass sich ihr Abstand zu T anfangs immer vergrößern wird. Es gibt aber auch eine gute Nachricht: der Anteil des Wegs, den sie zurückgelegt hat, wird niemals abnehmen, sondern immer nur wachsen. Wenn sie ein Drittel des Weges geschafft hat, wird dieser Anteil künftig stets über einem Drittel liegen.

    Warum die den Weg zu T letztlich doch schafft, liegt meiner Meinung nach daran, dass die harmonische Reihe unbegrenzt ist. Das ist Die Summe 1+1/2+1/3+1/4… also die Summe der Kehrwerte der natürlichen Zahlen. So unglaublich es klingt, aber diese Summe ist unendlich. Sie übersteigt jede nur denkbare Grenze.

    Die Ameise steigt nun bei – sagen wir – 1/10 der Wegstrecke ein, das sie mit einem Schrittchen zurücklegen kann. Der nächste Schritt wäre 1/11 und so weiter. Aber auch diese Summe ist unendlich.

    Anders sieht es aus, wenn Pfleger T beschleunigt voranschreitet. Dann müssen wir den Zahlen im Nenner einen Exponenten verpassen. Bei 2 lautet die Reiehe also:

    1 + 1/2^2+ 1/3^2 + …

    Das ist die Eulersche Zeta-Funktion und deren Summe ist endlich, nämlich Piquadrat sechstel. Ja Frage: gibt es da einen Exponenten zwischen eins und zwei, bei dem das kippt, oder gibt alles über eins schon eine endliche Summe? Weiß man, glaube ich, nicht.

    Natürlich ist das jetzt eine Analogie für das Licht (Ameise) und den sich dehnenden Raum (Gummiband). Wir müssen also aufgrund der beschleunigten Dehnung des Universums damit rechnen, dass Objekte völlig aus unserem Gesichtsfeld verschwinden. Sowohl was die EM-Wellen betrifft, als auch deren Massenwirkung.

    Ist das schlimm? Ich denke nicht.

  2. #2 MartinB
    18. April 2015

    Für das Universum hab eich das graphisch einigermaßen ausführlich hier erklärt:
    https://scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2010/09/19/wie-gross-ist-das-beobachtbare-universum/

  3. #3 alex
    18. April 2015

    @Artur57:
    Doch, man weiß wie sich die Eulersche oder Riemannsche Zetafunktion in der Nähe von 1 verhält:
    ζ(1+ε) = 1/ε + γ + O(ε)
    wobei γ die Eulersche Konstante ist.

  4. #4 Pilot Pirx
    18. April 2015

    Was passiert mit der Ameise, wenn das Gummi reisst?

  5. #5 Alderamin
    18. April 2015

    @Florian

    Abzahlen eines Kredits mit Zinsen ist auch so ein Fall.

    Aber gibt’s nicht doch eine Grenze, die die Ameise oder das Licht nicht überwinden kann? Beim Weltall gibt es ja einen Horizont, jenseits dessen uns Licht nie mehr erreichen wird. In diesem Bild, das eine Zeitachse bis unendlich hat, ist das alles jenseits des Ereignishorizonts bei 63 Milliarden Lichtjahren in mitbewegter Entfernung. Licht von allem, was näher ist, kann uns hingegen in endlicher Zeit erreichen.

    Ich denke, vor einer Expansion mit 1 km/s/km und einer mitbewegten Entfernugn von 1 km müsste die Ameise doch kapitulieren.

  6. #6 alex
    18. April 2015

    @Alderamin:
    Wenn ich mich nicht verrechnet habe, ist die relative Position der Ameise (x=0: Anfang, x=1: Ende des Gummibands) gegeben durch

    x(t) = v \int_0^t \frac{dt'}{L(t')}

    Wobei v die Ameisengeschwindigkeit und L(t) die Länge des Gummibands zum Zeitpunkt t ist.
    Wenn L eine lineare Funktion ist, wächst x logarithmisch. Also sehr langsam, aber unbegrenzt.

  7. #7 Niels
    18. April 2015

    @Alderamin
    Darauf ist Florian doch eingegangen:

    Das Weltall expandiert aber immer schneller und in diesem Fall ist nicht sichergestellt, dass das Licht (oder die Ameise) das Ziel jemals erreicht. Galaxien, die ausreichend weit von der Erde entfernt sind, werden für uns also tatsächlich niemals sichtbar sein!

    Der kosmologische Ereignishorizont ist eine Folge der beschleunigten Expansion. Wäre die Ableitung des Skalenfaktors konstant, würde uns tatsächlich alles Licht irgendwann erreichen.

  8. #8 AmbiValent
    18. April 2015

    @Alderamin
    Gummiband und Universum dehnen sich auf verschiedene Arten aus. Beim Gummiband kommt jede Sekunde ein fester Betrag dazu. Erst ist es 1 km lang, dann 2 km, dann 3 km, 4 km, 5 km usw.

    Beim Universum und bei Zinsen ist es anders. Da wird eine bestimmte Strecke um einen bestimmten Anteil größer. Würde da eine Strecke in einer bestimmten Zeit von 1 km zu 2 km expandieren, würde sie in noch einmal derselben Zeit von 2 km zu 4 km expandieren, dann 8 km, 16 km usw.

  9. #9 Alderamin
    18. April 2015

    @all

    Ok, ich habe das Wachstumsgesetz nicht richtig verstanden, sondern war von einer konstanten prozentualen Zunahme der Entfernung ausgegangen, wie im Weltall. Nicht sorgfältig genug gelesen, sorry.

  10. #10 Kyllyeti
    18. April 2015

    Nach aller Erfahrung ist zu erwarten, dass sich längerfristig ziemlich optimal an Gummibänder angepasste Ameisenspezies entwickeln werden.
    So werden sicher einige fortgeschrittene Arten den Hauptteil ihrer Energie in einen schnellen Anfangssprint stecken, da sie dadurch schon einen Großteil des Bandes hinter sich haben, bevor es richtig ernst wird.
    Andere könnten ihre Ameisensäure zu einer gummiätzenden Variante weiterentwickeln, mit dieser dann ein Loch in das Band hinter sich brennen und sich vom zusammenschnurrenden Vorderende zu ihrem Ziel katapultieren lassen.

    Aber auch das wird nur eine relativ kurze Episode in ihrer Geschichte sein.
    Ameisen haben schon hundert Millionen Jahre vor den ersten Gummibändern existiert, und es wird sie wohl auch Millionen Jahre nach deren Verschwinden noch geben.

  11. #11 kdm
    18. April 2015

    Hat das ganze irgend einen “praktischen” Sinn? Oder ist’s nur Gehirnakrobatik? (wogegen ich nix habe)

  12. #12 Artur57
    18. April 2015

    @ Alex

    “Doch, man weiß wie sich die Eulersche oder Riemannsche Zetafunktion in der Nähe von 1 verhält:
    ζ(1+ε) = 1/ε + γ + O(ε)
    wobei γ die Eulersche Konstante ist.”

    Danke!

    Habe da allerdings nichts im Netz gefunden. Google versagt bei mathematischen Formeln. Hast Du da etwas Weiterführendes?

  13. #13 Artur57
    18. April 2015

    @kdm

    “Hat das ganze irgend einen “praktischen” Sinn? Oder ist’s nur Gehirnakrobatik? (wogegen ich nix habe)”

    Ich denke mal, es geht letztlich darum, ob das Universum etwas “vergisst” oder nicht. In einem nicht vergessenden Universum können wir uns jedes vergangene Ereignis zurückholen. Ich möchte zum Beispiel unsere Galaxis im Zustand von vor 6 Milliarden sehen und bitte in der Draufsicht. Es gibt einen Ort, an dem genau das zu sehen ist, auch wenn wir derzeit nicht dorthin kommen. Aber es gibt ihn.

    Wenn aber nun die Kommunikation zwischen Himmelskörpern völlig unmöglich wird, haben wir ein vergessendes Universum. Manche Informationen sind dann endgültig fort.

  14. #14 Florian Freistetter
    18. April 2015

    @kdm: Naja, es ist erstmal Mathematik. Und die ist erfahrungsgemäß früher oder später immer für etwas gut. Ich hab gerade mal kurz bei Wikipedia nachgesehen, ob da was von konkreten Anwendungen steht (https://en.wikipedia.org/wiki/Ant_on_a_rubber_rope). War jetzt leider nix – aber dafür habe ich so die nette Kategorie “Fiktive Ameisen” entdeckt: https://en.wikipedia.org/wiki/Category:Fictional_ants Sachen gibts…

  15. #15 volki
    18. April 2015

    @Artur57:

    Wikipedia ist recht ausführlich und versorgt dich sicher mit genügende weiterführenden Links:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Riemannsche_%CE%B6-Funktion

    Falls du französisch beherrschst, die französische Wikipedia Seite ist noch etwas ausführlicher (was für die meisten Mathematik-Artikel gilt).

    Populärwissenschaftliche Literatur über die Zeta-Funktion ist mir leider nicht bekannt.

  16. #16 Florian Freistetter
    18. April 2015

    @volki: Doch, dieses Buch ist ein hervorragendes populärwissenschaftliches Werk zu dem Thema: Die Musik der Primzahlen

  17. #17 fj
    18. April 2015

    Und wenn auch keine Ameisen durch den Weltraum kriechen (zumindest wäre bis jetzt noch nichts darüber bekannt)

    Ja, so etwas ähnliches ist schon einmal passiert™: https://www.abstractplain.com/2010/best-simpsons-cameo-james-taylor/

    “And I for one welcome our insect overlords.”

  18. #18 alex
    18. April 2015

    @Artur57:
    Hm. Konkret war das aus einem alten Vorlesungsmitschrieb “Analytische Zahlentheorie” und der ist leider nicht online verfügbar. Die vollständige Laurent-Entwicklung gibts bei Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Riemannsche_%CE%B6-Funktion#Reihenentwicklungen oder bei Wolfram Mathworld https://mathworld.wolfram.com/RiemannZetaFunction.html#eqn24 .

  19. #19 volki
    18. April 2015

    @florian: Ok, kannte ich bis jetzt nicht.

  20. #20 Gregor Weidninger
    19. April 2015

    @artur57
    Deine Annahme, die Summe 1+1/2+1/3+1/4+1/8+1/16… also die Summe der Kehrwerte der natürlichen Zahlen sei unendlich, ist nicht richtig.
    Sie ist 2.
    z.B.: https://www.youtube.com/watch?v=PCu_BNNI5x4
    (ab 4:00 min erklärt)

  21. #21 Artur57
    Mannheim
    19. April 2015

    @ Volki und Alex

    Danke für die Links. Im Grunde genommen reicht das schon: die Zeta-Funktion hat bei s=1 einen Pol und wird da unendlich. In jeder noch so kleinen Umgebung um 1 ist sie definiert und hat somit einen endlichen Wert.

    Übertragen auf die Ameise heißt das: nur bei exakt unbeschleunigtem Voranschreiten von Tierpfleger T erreicht sie diesen. Andernfalls läuft sie gegen einen Grenzwert, den sie nicht überschreiten kann.

    @Gregor Weidinger

    Ja, das sind ja aber auch nicht die natürlichen Zahlen. Was der Kollege da im Nenner aufschreibt, sind Potenzen von 2.

  22. #22 volki
    19. April 2015

    @Artur57:

    nur bei exakt unbeschleunigtem Voranschreiten von Tierpfleger T erreicht sie diesen.

    Nein. Das ist nicht ganz richtig. T darf schon auch beschleunigt wegbewegen. Diese Beschleunigung muß aber sehr gering sein. Bewegt sich T z.B. mit der Geschwindigkeit 1+log(1+t) zum Zeitpunkt t dann läuft das Problem darauf hinaus, dass die Reihe

    \sum_{n=2}^\infty \frac{1}{n\log(n)

    divergiert (siehe z.B. hier.

  23. #23 volki
    19. April 2015

    Formula does not parse

    ok, 2. Versuch:

    \sum_{n=2}^{\infty} \frac{1}{n\log (n)}

  24. #24 AmbiValent
    19. April 2015

    @Gregor Weidninger

    Die Summe aus 1 + 1/2 + 1/3 + 1/4 + 1/5 usw geht gegen unendlich.

    Schritt 1: Die ersten beiden Summanden sind jeweils mindestens 1/2.

    Schritt 2: Die Summe der nächsten beiden, 1/3 + 1/4 ist größer als 1/4 + 1/4 (das wäre wieder 1/2).

    Schritt 3: Die Summe der nächsten 4 Summanden, 1/5 + 1/6 + 1/7 + 1/8 > 4/8 (wieder 1/2).

    Anders gesagt: Die Summe der ersten 2 hoch n Summanden ist größer als 1/2 * n. Wenn n endlich ist, gilt dies aber auch für 2 hoch n, also ist die unendliche Summe nicht komplett. Ist dagegen 2 hoch n unendlich, folgt daraus, dass auch n unendlich ist und auch 1/2 n. Das Ergebnis der unendlichen Summe ist damit unendlich.

  25. #25 Artur57
    19. April 2015

    @Volki

    Ja, danke. Bei dem Link finde ich allerdings keinen Widerspruch zur Anfangsthese. Im Gegenteil, da steht :
    “Aus deren Konvergenzverhalten folgt, dass für alpha>1 Konvergenz, sonst Divergenz, vorliegt.”

    Und dieses alpha ist genau der hier gesuchte Exponent. Das spricht ja eher für das bisher Gesagte.

  26. #26 volki
    19. April 2015

    @Artur57:

    Ok, vielleicht etwas ausführlicher:

    Wenn sich T mit Konstanter Geschwindigkeit bewegt dann erreicht die Ameise das Ende des Gummibandes, da die Reihe

    \sum_{n=1}^\infty \frac 1n

    divergiert.

    Bewegt sich T schneller, z.B. mit der Geschwindigkeit v(t)=t (also konstant beschleunigt) dann erreicht die Ameise nicht mehr das Ende des Gummibandes da dies mit der Konvergenz der Reihe

    \sum_{n=1}^\infty \frac{2}{n^2}

    zusammenhängt. Und du hast richtig gesehen, dass diese Reihe konvergiert, sprich die Ameise erreicht nie das Ende.

    So, jetzt zu meinem Beispiel von #22bzw. 23: T bewegt sich nicht mit Konstanter Geschwindigkeit sondern mit der Geschwindigkeit v(t)=1+log(1+t) (T wird immer schneller, zwar nicht so schnell, wie oben aber doch). In diesem Fall erreicht wieder die Ameise das Ende des Gummibands da die Reihe

    sum_{n=2}^{\infty} \frac{1}{n \log (n)}

    divergiert. Also T kann immer schneller werden und trotzdem schafft es noch immer die Ameise das Ende des Gummibandes zu erreichen.

    Im Allgemeinen geht es darum. Hat das Gummi Band zum Zeitpunkt t um x(t) Meter ausgedehnt, dann erreicht die Ameise das Ende des Gummibandes, wenn

    $\lim_{T \rightarrow \infty} latex \int_0^T \frac{1}{x(t)} dx=\infty.$

    Die Konvergenz bzw. Divergenz solcher Integrale kann man,
    vorausgesetzt x(t) wächst monoton (das heißt T bewegt sich nie zurück) auch durch Reihen der Form

    \sum_{n=1}^{\infty} \frac{1}{x(n)}

    abschätzen. Die drei Beispiele oben entsprechen den Bewegungsgesetzen x(t)=t (konstante Geschwindigkeit), x(t)= \frac{t^2}2 (konstante Beschleunigung) und x(t)=t*log(t) (Beschleunigt aber sehr langsam beschleunigt).

    Um auf #25 zurückzukommen. Hat T das Gummiband zum Zeitpunkt t um x(t)=t^{\alpha} Meter ausgedehnt, dann erreicht die Ameise das Ende des Gummibandes, wenn, \alpha\leq 1.

    Hoffe, ich habe das jetzt klarer ausgedrückt.

    *hoffe auch alle Formeln werden richtig umgesetzt*

  27. #27 volki
    19. April 2015

    $\lim_{T \rightarrow \infty} latex \int_0^T \frac{1}{x(t)} dx=\infty.$

    Diese Formel in der Mitte sollte so aussehen:

    \lim_{T \rightarrow \infty} latex \int_0^T \frac{1}{x(t)} dx=\infty.

  28. #28 volki
    19. April 2015

    Naja, fast 🙁

  29. #29 alex
    19. April 2015

    @volki:
    Muss das Integral wirklich divergieren? Reicht es nicht aus, wenn es für irgendein T größer als 1/v_{Ameise} ist?

  30. #30 volki
    19. April 2015

    @Alex: Mag sein, so genau habe ich mir das noch nicht überlegt. Aber Divergenz reicht auf jeden Fall aus, ist halt keine Äquivalenz (hinreichend aber nicht notwendig).

  31. #31 Artur57
    19. April 2015

    @volki

    Verstanden! Im Link die erste der Formeln am unteren Bildrand, falls es jemand sucht. Tja, dem ist dann so.

    @alex

    Richtig, wenn nur einmal die Geschwindigkeit des Bandes über Grund + v_ameise gleich der von v_tierpfleger ist, hat die Ameise gewonnen.

    Um hier aber eine Rechnung anzustellen, müsste man die Urlänge des Bandes, die Anfangsgeschwindigkeiten etc. einbringen, was dann wohl insgesamt keinen Nährwert hat.

    Man darf auch mal aufgeben, wenn es aussichtslos erscheint. Florians Eingangsfeststellung muss in manchen Fällen doch etwas relativiert werden.

  32. #32 alex
    20. April 2015

    @Artur57:
    Ich verstehe nicht, wie du aus meinem Kommentar auf diesen Schluss kommst. Ganz oben in Kommentar #6 habe ich die allgemeine Lösung für dieses Problem aufgeschrieben (für den Spezialfall des linear mit der Zeit ausgedehnten Gummibands steht das genau so im von Florian verlinkten Wikipedia-Artikel; ganz falsch ist meine Lösung also vermutlich nicht):
    Zum Zeitpunkt t ist die sich mit Geschwindigkeit v relativ zum Band bewegende Ameise bei
    x(t) = v \int_0^t \frac{dt'}{L(t')}
    wobei x=0 dem Anfang und x=1 dem Ende des Gummibands (Länge zur Zeit t: L(t)) entspricht. Bis auf den Vorfaktor v und eine andere Nomenklatur hat volki dieselbe Formel.

    Damit die Ameise das Ende des Bands erreicht, muss für irgendein t gelten: x(t) = 1 (siehe mein Kommentar #29).
    Dein

    wenn nur einmal die Geschwindigkeit des Bandes über Grund + v_ameise gleich der von v_tierpfleger ist, hat die Ameise gewonnen.

    kann ich nicht nachvollziehen. Egal welchen Anteil <1 des Bands die Ameise schon durchquert hat, durch geeignetes Strecken (z.B. exponentiell mit ausreichend großer Rate) lässt sich immer verhindern, dass sie das Ende erreicht. Ohne Kenntnis des späteren Verlaufs von L(t) kann man also zu keinem Zeitpunkt sagen, dass die Ameise gewonnen habe.

  33. #33 Artur57
    20. April 2015

    Muss ich einsehen, dass dieser Schluss doch wohl vorschnell war. Sorry !

  34. #34 Kiriyama
    Steyr
    24. April 2015

    Da es hier um eon Paradoxon geht: Mich erinnert das ganze sehr an Achilles und die Schildkröte. Das ist auch so ein Paradoxon.
    Hat das Eine was mit dem Anderen zu tun? Immerhin war hier ja auch schon von Konvergenz die Rede, und da wären wir ja wieder bei der Schildkröte.

    Jedenfalls danke für die schöne Beschreibung. Und ein bisschen philosophoische Einsicht kann man aus diesem Beispiel schon gewinnen, finde ich.

    Was übrigens Florians Podcasts für Physik sind, das ist (mE) Prof. Beutelspacher für die Mathematik:

  35. #35 Kiriyama
    24. April 2015

    Sorry, jetzt habe ich die gesamte Playlist verlinkt. Wollte eigentlich nur diesen hier teilen: