Aber dann kam das Jahr 1930 und mit ihm der 19jährige Inder Subrahmanyan Chandrasekhar. Auf einer Schiffsreise von Indien nach England (wo er an der Uni Cambridge studieren wollte) dachte über die weißen Zwerge und die Elektronen nach. Und darüber, was wohl passieren würde, wenn man die Masse eines weißen Zwergs erhöht. Die Elektronen müssten sich dann immer schneller bewegen – bis sie irgendwann fast so schnell wie das Licht sind. Albert Einsteins Erkenntnisse zur Bewegung mit solch hohen Geschwindigkeiten waren damals natürlich schon bekannt. Aber Chandrasekhar war der erste, dem klar wurde, dass man bei der Betrachtung der weißen Zwerge nicht nur die Quantenmechanik berücksichtigen musste, sondern auch die Auswirkungen der Relativitätstheorie! Genau das tat er auf seiner Schiffsreise und kam zu dem Ergebnis: Ab einer gewissen Masse können die Elektronen keinen ausreichend hohen Druck mehr aufbauen um den weißen Zwerg stabil zu halten. Die Materie kollabiert immer weiter. Und erreicht irgendwann die Dichte, bei der ein schwarzes Loch entsteht.
Chandrasekhar hatte also einen physikalischen Mechanismus gefunden, durch den aus einem normalen Stern ein schwarzes Loch entstehen konnte. Er hatte die dunklen Sterne aus dem Reich der mathematischen Kuriositäten in die Realität geholt. So richtig glücklich waren damit aber weder er, noch seine Kollegen. Zuerst wollte niemand glauben, dass er bei seinen Berechnungen keinen Fehler gemacht hatte (ein Gutachter seiner Arbeit lehnte sie ab, weil er nicht glauben konnte, dass so eine absurde Gleichung tatsächlich real sein konnte). Als junger, ausländischer Student in Großbritannien hatte es Chandrasekhar sowieso schon nicht leicht und seine astronomischen Ergebnisse wurden entsprechend kritisch betrachtet. Besonders der damals berühmte Eddington war ein Gegner dieser Theorie der weißen Zwerge. Die Verbindung von Relativitätstheorie und Quantenmechanik sei eine “unheilige Allianz” aus der nichts brauchbares erwachsen konnte. Und nach einem Vortrag Chandrasekhars demütigte Eddington ihn mit der Bemerkung: “Es sollte eine Gesetz geben, dass einem Stern verbietet sich so zu verhalten!”.
Chandrasekhar ließ sich nicht provozieren und blieb höflich. Ihm war wohl klar, dass es an seiner Mathematik nichts zu kritisieren gab. Und die Geschichte gab ihm dann auch völlig recht. Das Chandrasekhar-Limit für die Stabilität Weißer Zwerge gehört heute zum Grundlagendwissen der Astrophysik (und Chandrasekhar bekam 1983 den Nobelpreis für Physik): Ein weißer Zwerg kann nicht mehr als 1,4 Sonnenmassen haben. Da aber die Menge an Materie, die nach dem Ende der Kernfusion im Inneren eines Sterns von ihm übrig bleibt um so größer ist, je größer der Stern selbst ist, folgt daraus auch: Nur kleine Sterne können ihr Leben als stabiler weißer Zwerg beenden. Größere Sterne müssen ein anderes Schicksal vor sich haben. Sie müssen sich in etwas verwandeln, dessen Existenz man lange Zeit für komplett unmöglich gehalten hat…
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