Im Juli 2015 wird die Raumsonde New Horizons an Pluto vorbei fliegen und das erste Mal detaillierte Bilder seiner Oberfläche machen. Auch seine Monde werden wir dann erstmals aus der Nähe sehen können. Aber sind die Monde von Pluto wirklich Monde? Immerhin ist Pluto ja seit 2006 kein Planet mehr, sondern nur noch ein Zwergplanet bzw. ein großer Asteroid? Diese Frage wurde mir in letzter Zeit häufig gestellt und ich möchte sie daher in meiner Serie “Fragen zur Astronomie” beantworten.

Pluto und sein Mond Charon auf der ersten Farbaufnahme von New Horizons während des Anflugs auf das System (Bild:  NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Southwest Research Institute)

Pluto und sein Mond Charon auf der ersten Farbaufnahme von New Horizons während des Anflugs auf das System (Bild: NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Southwest Research Institute)

Die Bedeutung des Wortes “Planet” wurde im Jahr 2006 von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) konkret definiert. Dieses Vorgehen war nötig, weil große Unklarheiten bezüglich der Benennung und Klassifikation neuentdeckter großer Himmelskörper im äußeren Sonnensystem herrschten. Der 2005 gefundene Asteroid Eris zum Beispiel stellte sich als größer heraus als der (damals noch) Planet Pluto. Hätte man sich nur nach der Größe der Objekte gerichtet, dann hätte man Eris zum 10. Planeten des Sonnensystems erklären müssen. Und mit ihm dann vermutlich auch noch jede Menge andere große Asteroiden, die in der gleichen Region gefunden worden waren. Aber die meisten Astronomen waren schon lange der Meinung, dass Pluto selbst damals bei seiner Entdeckung im Jahr 1930 fälschlicherweise als Planet klassifiziert worden war (so wie das auch über 100 Jahren zuvor bei der Entdeckung des Asteroiden Ceres passiert war, der auch zuerst einige Jahre als “Planet” bezeichnet wurde, bevor man ihn als Asteroid eingestuft hatte). Anstatt jede Menge Asteroiden im äußeren Sonnensystem als neue Planeten zu klassifizieren erschien es ihnen sinnvoller, Pluto als Asteroid zu bezeichnen.

Die Entscheidung der IAU im Jahr 2006 sollte diesen Konflikt lösen und man entschied sich für einen Kompromiss. Die neue Definition des Begriffs “Planet” traf nicht mehr auf Pluto zu; dafür wurde aber die neue Klasse der “Zwergplaneten” geschaffen, in der große Asteroiden wie Pluto oder auch Eris eingeordnet wurden. Über das Wort “Mond” wurde damals allerdings nicht entschieden und deswegen gibt es hier keine entsprechende Definition.

Im Allgemeinen versteht man unter dem Begriff “Mond” ein Objekt, das sich in einer Umlaufbahn um einen anderen Himmelskörper befindet. Alternativ wird auch der Begriff “Satellit” verwendet. Eine klare Abgrenzung existiert aber nicht. Objekte die Sterne umkreisen werden als Planeten bezeichnet; umkreist zum Beispiel ein Kugelsternhaufen oder eine Zwerggalaxie eine große Galaxie, spricht man von “Satelliten” und nicht von “Monden”. Künstliche Objekte die einen Planeten umkreisen werden ausschließlich als “Satellit” bezeichnet, bei natürlichen Himmelskörpern spricht man in diesem Fall fast immer von “Monden”. Und es spricht auch absolut nichts dagegen, die Begleiter von Zwergplaneten als “Monde” zu bezeichnen. Pluto hat also fünf Monde: Charon, Nix, Hydra, Kerberos und Styx. Der Zwergplanet Eris hat den Mond Dysnomia und der Zwergplanet Haumea die beiden Monde Namaka und Hi’iaka. Selbst kleine Asteroiden können Monde habe: Der 60 Kilometer lange Asteroid Ida wird zum Beispiel vom nur 1,4 Kilometer großen “Mond” Dactyl umkreist und man kennt über hundert weitere Doppel- oder Mehrfachasteroiden.

Ida und sein kleiner Mond Dactyl (rechts) (Bild: NASA/JPL)

Ida und sein kleiner Mond Dactyl (rechts) (Bild: NASA/JPL)

“Mond” ist also kein klar definierter Begriff. Es gibt keine Abgrenzung nach unten hin zu kleinen Objekte. Theoretisch könnte man also auch Staubkörner die einen Planeten umkreisen, als “Monde” bezeichnen. Bei den Ringen des Saturns hat sich aber beispielsweise das Wort “Moonlet” für die größeren Brocken eingebürgert. Genau so wenig gibt es eine klare Abgrenzung nach oben hin zu größeren Massen. Früher wurden Pluto und sein größter Mond Charon oft als “Doppelplanetensystem” bezeichnet, da der Größenunterschied zwischen den beiden Himmelskörpern so gering ist. Und tatsächlich gab es während der Diskussion um die Definition des Wortes “Planet” auch einmal einen (später verworfenen) Vorschlag, der sich mit dieser Situation beschäftigt. Physikalisch gesehen kreist ja nicht ein Himmelskörper um einen anderen, sondern beide um ihren gemeinsamen Massenschwerpunkt. Ist ein Objekt aber deutlich größer als das andere, dann kommt dieser Schwerpunkt innerhalb des größeren Himmelskörpers zu liegen. Dann kreist der kleinere tatsächlich um den größeren, während dieser nur ein wenig “wackelt”. Sind beide Objekte aber annähernd gleich groß, dann findet man den Massenschwerpunkt irgendwo zwischen ihnen im Weltall und beide bewegen sich um ihn herum. Das ist auch bei Pluto und Charon der Fall und für diese Situation hätte der Vorschlag vorgesehen, beide als Planeten zu bezeichnen.

1 / 2 / Auf einer Seite lesen

Kommentare (18)

  1. #1 @historytoby
    Trier
    18. Mai 2015

    Sinnvoll wäre es aber bestimmt, eine Definition von Mond zu versuchen. Dass die galileischen Jupitermonde Monde sind, ist ja wohl anerkannt. Wenn sich aber die Durchmesser auf wenige Kilometer verringern, erscheint das schon nicht mehr (so) sinnvoll. Frage ist, ob ein absoluter oder relativer Wert im Verhältnis zum Orbitzentrum Sinn macht. Dactyl ist ein passabler Mond für einen Asteroiden, aber ein gleich großer Körper um Jupiter kaum der Rede wert.

  2. #2 Grant
    18. Mai 2015

    Zum Thema Mond, genauer unserem Erdmond, fällt mir auch eine Frage für Dich Florian ein. Gerne für die Serie “Fragen zur Astronomie”.

    Wie gefährlich sind eigentlich die Mondmissionen gewesen, bzw. werden weitere Mondmissionen sein, wenn man den Einschlag von Objekten betrachtet. (BTW: Sagt man eigentlich nur Meteorit, wenn Atmosphäre vorhanden ist, oder nur bei der Erde?) Durch die fehlende Atmosphäre schlagen Objekte ja mit voller Wucht ein.

    Also lässt sich da in etwa sagen, wie wahrscheinlich ein Worst-Case-Szenario ist, z.B. ein direkter tödlicher Teffer oder zerstörerischer Treffer der Mondlandefähre? Vielleicht kannst Du das auch vergleichen mit bekannten Wahrscheinlichkeiten (wie Flugzeugabsturz, Autounfall oder Lottogewinn…).

  3. #3 Florian Freistetter
    18. Mai 2015

    @historytoby: “Dass die galileischen Jupitermonde Monde sind, ist ja wohl anerkannt. “

    Auch nicht von Anfang an. Nach ihrer Entdeckung wurden sie “Mediceische PLaneten” genannt und eine Zeit lang auch als Planeten angesehen.

  4. #4 Florian Freistetter
    18. Mai 2015

    @Grant: ” Vielleicht kannst Du das auch vergleichen mit bekannten Wahrscheinlichkeiten (wie Flugzeugabsturz, Autounfall oder Lottogewinn…)”

    Also dass eine Mondlandefähre genau dann getroffen wird, wenn Astronauten auf dem Mond rumlaufen ist wohl so unwahrscheinlich wie ein Autounfall weil dir ein Flieger auf den Kopf fällt, während du gerade im Lotto gewinnst… 😉

    Nein – vielleicht ist es wirklich ein bisschen höher, weil auch kleinere Objekte treffen können. Müsste man mal nach Daten suchen. Ich glaube aber, die Gefahr ist nicht groß. Sollte ich mich irren, schreib ich mal was dazu!

  5. #5 AmbiValent
    18. Mai 2015

    Es ist Haumea, nicht Makemake.

  6. #6 Grant
    18. Mai 2015

    Danke schon einmal für Deine lustige Antwort, hab mich grad schiefgelacht 🙂

    Die Frage ließe sich auch noch um Mondstationen erweitern, wie etwa im Film “Moon” von 2009. Wenn wir vielleicht in 100 Jahren so eine Station betreiben, wie schützen wir uns dann vor Einschlägen und wie sicher ist dann so ein auf Langzeit geplanter Aufenthalt?

  7. #7 Alderamin
    18. Mai 2015

    @Grant

    Eher muss man sich bei der ISS und den dort durchgeführten EVAs (“Weltraumspaziergängen”) Sorgen machen, denn im Erdorbit kreist jede Menge Schrott von Raketenteilen oder zerstörten Satelliten umher. Alles über 10 cm hat man im Blick, aber die vielen kleinen Objekte nicht. Es wurden auch schon die Scheiben eines Shuttle getroffen (die mehrlagig waren und zum Glück hielten).

    Insofern ist ein Aufenthalt auf der ISS sicher nicht ungefährlicher als einer auf der Mondoberfläche, wo es bisher fast ausschließlich “natürlichen Weltraummüll” gibt.

  8. #8 Tina_HH
    18. Mai 2015

    Monde können verdammt interessant sein, finde ich. Da gibt es so spannende Sachen wie z.B. aktiven Vulkanismus (auf Io), Ozeane unter der Oberfläche und Kryovulkanismus (bei einigen Monden), extrem tiefe gemessene Temperatur (auf Triton) und noch vieles mehr, was zu jeweils ganz eigenen “Landschaften” auf den Monden führt.
    Interesant auch, dass die Monde Ganymed und Titan größer sind als der Planet Merkur.
    Dann kann man auch noch danach differenzieren, wie der jeweilige Mond entstanden ist. Gemeinsamer Ursprungsort und Vergangenheit im Sonnensystem wie im Falle der Erde und unserem Mond (Crash der Erde mit einem Marsgroßen anderen Planeten) oder später vom Planeten eingefangener Mond (wahrscheinlich bei Triton der Fall, der ein Objekt aus dem Kuipergürtel sein könnte, das von Neptun eingefangen wurde).
    Viele wissen das alles gar nicht und denken, wenn sie “Mond” hören, nur an unseren Erdmond. Finde ich schade, denn Monde können so extrem faszinierende Objekte sein. (Wollte ich an dieser Stelle nur mal schreiben, auch wenn es zum Thema des Artikels nicht 100-prozentig passt…)

  9. #9 Grant
    18. Mai 2015

    Danke auch für Deine Antwort Alderamin. BTW der Film “Gravity” gehört mit zu meinen Lieblingsfilmen (die Filmfehler kann ich persönlich verschmerzen, es ist ja letztendlich nur ein Film).

    Zurück zum Thema: Mit der Definition könnte man es sich doch ganz einfach machen. Mond(e) heißen all die Begleiter, die einen Planeten umkreisen. Und alle anderen Begleiter heißen eben einfach nur Begleiter (im englischen companion).

    Irgendwelche Einwände? Nein? Gut, dann ist es hiermit offiziell beschlossen. 🙂

  10. #10 Captain E.
    18. Mai 2015

    @Tina_HH:

    In einer Dokumentation über die Voyager-Sonden hieß es mal, dass für viele der Beteiligten die Monde als völlig uninteressant galten, ganz nach dem Motto: Kennst du einen Mond, kennst du alle! Die Abweichler haben es (zum Glück) durchgesetzt, doch mal einen Blick auf die Monde zu werfen, wenn man schon mal vor Ort ist. Und siehe da: Sie waren alle ganz anders…

  11. #11 knorke
    18. Mai 2015

    Ich finde das Kriterium mit dem Masseschwerpunkt als Abgrenzung nach oben hin ziemlich gut. Nach unten hin würde mir aber nichts vergleichbares einfallen. Vielleich sowas wie der Masseschwerpunkt liegt innerhalb eines 100tel des Planetenradius oder sowas. Hilfreich wären Definitionen ja schon, sonst müsste man ja alles ausdiskutieren, bevor man es klassifiziert.

  12. #12 Tina_HH
    18. Mai 2015

    @Captain E.

    …doch mal einen Blick auf die Monde zu werfen…

    Das wusste ich gar nicht. Da kann man dann wirklich nur sagen: Zum Glück.
    Ist aber schon komisch, dass Monde als völlig uninteressant galten. Ging man davon aus, dass alle Monde gleich aussehen und geologisch “tot” sind?

  13. #13 McPomm
    18. Mai 2015

    Tja, dadurch, dass die US-Amerikaner einen so großen Stolz auf “ihren” Pluto entwickelt haben, ist das mit der Definition von “Planet” und “Mond” so schwierig. Generationen von Schülern haben dort gelernt, dass Pluto ein Planet ist. Und das soll wegen des Nationalstolzes offenbar auch so bleiben…

  14. #14 cornfed
    18. Mai 2015

    Schade, dass nicht alle Monde einen Namen haben 😉

    https://www.beatricebiologist.com/2015/04/moon-names/

  15. #15 AmbiValent
    20. Mai 2015

    Makemake klingt zwar so ähnlich wie Namaka und Hi’iaka, trotzdem gehören die beiden Monde zu Haumea.

  16. #16 Florian Freistetter
    21. Mai 2015

    @Ambivalent: Danke, das hab ich verwechselt.

  17. #17 Peter
    20. Juli 2018

    Im Artikel steht etwas von „große Asteroiden wie Pluto oder auch Eris“.

    Sind Asteroiden nicht deutlich kleiner (einige 100 km bis ca. 10 m) und unregelmäßig geformt?
    Wenn es den Begriff „Zwergplanet“ nicht gäbe, würde man Körper wie Pluto und Eris eher als Planetoiden bezeichnen. Früher wurde der jetzige Zwergplanet Ceres als Planetoid bezeichnet, da Ceres annähernd kugelförmig ist (genauer: ein Rotationsellipsoid).

  18. #18 Peter
    20. Juli 2018

    Es wäre sinnvoll, nicht jedes Staubkorn als Mond zu bezeichnen, sondern Körper, welche größere Himmelskörper die keine Sterne sind umkreisen, nach Eigenschaften u. Größe zu unterteilen, z. B. in:

    1.) planetoide Monde: Haben ausreichend Masse, um durch Eigengravitation eine annähernd runde Form zu bilden. Z. B. Erdmond; Io, Europa, Ganymed, Kallisto; Titan, Rhea, Iapetus, Dione, Tethys, Enceladus (Mimas ist ein Grenzfall, ist noch relativ rund aber leicht unregelmäßig); Ariel, Umbriel, Titania, Oberon (Miranda ist ein Grenzfall: noch relativ rund aber leicht unregelmäßig); Triton; Charon.

    2.) Kleinkörper-Monde o. asteroide Monde: Haben zu geringe Masse, um durch ihre Eigengravitation annähernd Kugel- (bzw. Rotationsellipsoid-)Gestalt anzunehmen. Sind unregelmäßig geformt (im Sonnensystem haben Körper unter ca. 300 km i. d. R. unregelmäßige Form). Z. B.: Phobos, Deimos; Jupitermonde ab Amalthea (270 – 150 km) u. kleiner. Saturnmonde ab Hyperion (360 – 225 km) u. kleiner. Uranusmonde ab Puck (166 – 158 km) u. kleiner. Neptunmonde ab Proteus (436 – 404 km) u. kleiner. Plutomonde Hydra, Nix, Kerberos, Styx.

    Objekte, die eine Größe von < 10 m haben, würde ich nicht als Monde bezeichnen. Ansonsten hätte z. B. der Saturn durch die Ringe Millionen von „Monden“. Monde werden ja auch benannt. Es ist Quatsch, jedem Staubkorn u. jedem kleineren Fels- o. Eisbrocken einen Namen zu geben. Wegen häufiger Kollisionen verändern sich die kleinen Körper relativ oft, dann müsste man ständig Kataloge der „Monde“ ändern, weil durch Zusammenstöße u. Einschläge Körper zerstört bzw. hunderte neue Stücke gebildet werden.

    Alternativ könnte man Monde einfach auch nach mittlerer Durchmesser unterteilen, z. B.:
    – große Monde: mittlerer Durchmesser ≥ 1000 km
    – mittelgroße Monde: mittlerer Durchmesser < 1000 km – 300 km (300 km, da meist Untergrenze für annähernde Kugelform)
    – mittelkleine Monde: < 300 km – 100 km
    – kleine Monde: < 100 km – 1 km
    – sehr kleine Monde: < 1000 m – 10 m

    Zitat Artikel: „existiert heute keine offizielle astronomische Definition des Wortes “Mond”.“

    Komisch, das die Internationale Astronomische Union (IAU) sich noch nicht darum gekümmert hat. Vielleicht müssen erst wieder Streit- und Grenzfälle auftreten, wie in dem Fall, als man weitere Himmelskörper wie Eris und Makemake entdeckte, welche ähnlich groß und schwer waren wie der damals noch als Planet zählende Pluto.