Der Song Contest war ja nie eines der Themen, für die ich besonders großes Interesse aufgebracht habe. Aber im Jahr 2010 gewann ja bekanntermaßen die deutsche Sängerin Lena Meyer-Landrut. Und zwar mit einem Lied, das unzweifelhaft astronomischen Inhalts war. “Satellite” hatte zwar ein paar himmelsmechanische Schwächen, aber es schien klar, dass Astronomie bei diesem Wettbewerb in Zukunft eine viel größere Rolle spielen musste. Vor zwei Jahren habe ich dann eine komplette astronomische Analyse des Bewerbs vorgelegt und wenn alles mit rechten Dingen zugegangen wäre, hätte damals eigentlich Moldawien gewinnen müssen. Sieger wurde dann allerdings der Beitrag aus Dänemark und ich habe mich im nächsten Jahr mit einer Prognose zurück gehalten. Hätte ich das nicht getan, wäre aber selbstverständlich völlig klar gewesen, dass der österreichische Beitrag “Rise Like A Phoenix”, der ganz offensichtlich das 10jährige Jubiläum des ersten erfolgreichen Testflugs des europäischen Raumgleiters “Phoenix” besang, gewinnen musste. Was ja dann auch geschah und wenn nun dieses Jahr der Song Contest schon mal in meiner österreichischen Heimat stattfindet, muss ich doch noch einmal zur astronomischen Analyse greifen und das Siegerlied für euch prognostizieren.
Ich kann aber gleich sagen, dass es ein schwieriges Starterfeld wird. Anscheinend sind immer noch alle so beeindruckend von Conchitas Raumfahrt-Hymne (“I rise up to the sky. You threw me down but I’m gonna fly.”) dass sich niemand ein wirklich gutes Lied mit astronomischen Inhalt zu traut.
Aber immerhin haben einige Länder das schwierige Thema der Lichtverschmutzung angesprochen, was ich natürlich nur begrüßen kann.
Time Uzari & Maimuna aus Weissrussland singen zum Beispiel davon, wie schwierig es ist, in den immer heller werdenden Nächten die Sterne am Himmel sehen zu können:
“Breaking out through the night
Made me see the bright light.”
Allerdings verspielen sie die Chancen auf einen Sieg dann wieder mit physikalisch völlig sinnlosen Zeilen wie “Time is like thunder, ah-ah… hear it like thunder”.
Da machen das Marta Jandová & Václav Noid Bárta aus Tschechien schon ein wenig besser. Auch sie singen von den Problemen der nächtlichen astronomischen Beobachtung:
“There is no light to pray for
Cold and dim are the skies.
Find me where the night turns into day
Turns into day, your love as a torch shows us the way”
Die Liebe – offensichtlich eine Metapher für die Farbe Rot – soll also den Weg in der Dunkelheit zeigen und das ist völlig korrekt! Wer sich nachts im Umfeld einer Sternwarte bewegt, sollte tatsächlich möglichst nur schwach leuchtendes Rotlicht verwenden!
Ganz und gar nicht gut finden kann ich dagegen den Beitrag aus San Marino! Anita Simoncini & Michele Perniola werden anscheinend von Anti-astronomischen Gruppierungen unterstützt und singen:
“Let us try to make the world a better place.
So light up the candles, let’s illuminate the night.
Just light up the candles, let them shine on deep inside.”
Nein, San Marino! Die Welt wird definitiv kein besserer Platz, wenn man die Nacht immer heller macht! Lichtverschmutzung ist ein Problem, das alle betrifft nicht nur die Astronomen und auch San Marino wird von den Folgen nicht verschont werden. So ein Lied auf so einer öffentlichen Bühne zu präsentieren, ist unverantwortlich!
Aminata aus Lettland ist dagegen aus astronomischer Sicht ein großer Favorit für den Gewinn! Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob ihr Text nicht vielleicht ein klein wenig zu fachspezifisch ist:
“Show me the source of the light, I’m becoming affected
Seeing the glow of the white is what I have detected.”
Hier wird wohl die Durchführung einer astrometrischen Beobachtungskampagne beschrieben, denn die Astrometrie ist ja die Wissenschaft in der es darum geht, die Position der Sterne (“the source of the light”) möglichst exakt zu bestimmen. Und tatsächlich muss man gerade bei solchen extrem genauen Beobachtungen die Instrumente zuerst ordentlich kalibrieren und ein sogenanntes Flat-Field-Bild bzw. ein “Weißbild” aufnehmen (“seeing the glow of the white”), bei dem eine gleichmäßig beleuchtete Fläche fotografiert wird, um Unregelmäßigkeiten und Verschmutzungen in der Optik erkennen zu können.
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