In der Serie “Fragen zur Astronomie” geht es heute zur Abwechslung mal um die Planeten. In unserem Sonnensystem unterscheiden wir da ja zwei grundlegend unterschiedliche Typen. Einmal sind da die eher kleinen Gesteinsplaneten, die eine feste Oberfläche und eine vergleichsweise dünne bzw. gar keine Atmosphäre haben. Dazu gehören Merkur, Venus, Mars und die Erde. Und dann gibt es noch Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun: Die Gasriesen, die viel größer und massereicher sind und im Prinzip komplett aus Gas bestehen und keine feste Oberfläche. Oder vielleicht doch? Eine Frage, auf die ich immer wieder stoße lautet: Haben Planeten wie Jupiter oder Saturn eine feste Oberfläche? Oder anders gefragt: Steckt irgendwo unter dem ganzen Gas doch noch ein fester Kern?
Wie so oft lautet auch hier die Antwort: Vielleicht! Über den inneren Aufbau von Planeten wie Jupiter und Saturn gibt es zwar viele (gute) Vermutungen. Aber es ist nicht einfach, in den Kern eines Planeten zu sehen. Das ist schon auf der Erde schwierig genug und hier haben wir den großen Vorteil, dass wir direkt vor Ort sind und in Ruhe alle möglichen Messungen anstellen können. Jupiter, der nächstgelegene Gasriese, ist verdammt weit weg und dementsprechend schwer zu erforschen.
Wir wissen auf jeden Fall wie groß Jupiter ist und wir kennen auch seine Masse. Das lässt sich auch durch Beobachtungen von der Erde sehr einfach bestimmen. Aus Masse und Größe folgt direkt seine mittlere Dichte und die beträgt 1,3 Gramm/Kubikzentimeter. Das ist deutlich weniger als die mittlere Dichte der Erde, die 5,5 Gramm/Kubikzentimeter beträgt. Daraus können wir schon mal schließen, dass ein Großteil des Jupiters aus Material besteht, dass kein festes Gestein oder Metall ist. Das bestätigen auch die Messungen, die wir mit dem Licht anstellen können, das aus seinen äußeren Gasschichten reflektiert wird. Eine (spektroskopische) Analyse dieses Lichts sagt uns, dass der Hauptteil dieser Materie leichter Wasserstoff sein muss: Dieses Gas macht fast 75 Prozent der Gesamtmenge aus. Die restlichen 25 Prozent bestehen fast komplett aus dem Gas Helium und in ganz geringen Mengen findet man auch noch andere Gase wie Methan oder Ammoniak. Und Spuren aller möglichen anderen Elemente wie Sauerstoff, Kohlenstoff, und so weiter.
Die obersten Wolkenschichten sind etwa 50 Kilometer dick. Was darunter vor sich geht, kann man nur indirekt herausfinden. Einerseits aus diversen theoretischen Modellen über die Entstehung und Entwicklung von Planeten und aus dem, was wir über das Verhalten diverser Gas bei verschiedenen Temperaturen und Drücken wissen. Andererseits aus den Messungen von Raumsonden, die bei ihrem Vorbeiflug genau feststellen können, wie stark sie von Jupiter angezogen werden. Die Stärke dieser Anziehungskraft und vor allem die Art und Weise wie sie sich beim An- und Vorbeiflug ändert lässt ebenfalls Rückschlüsse auf das Innere des Planeten zu.
Wir wissen, dass der ganze Rest unter der obersten Wolkenschicht auf jeden Fall nicht völlig anders zusammengesetzt sein kann. Auch die weiter innen liegenden Regionen von Jupiter müssen hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium bestehen, denn ansonsten könnte der Planet nicht seine geringe mittlere Dichte von 1,3 Gramm/Kubikzentimeter erreichen. Ungefähr 71 Prozent seines Inneren bestehen ebenfalls aus Wasserstoff, knapp 24 Prozent sind Helium und etwa 5 Prozent bestehen aus anderen Elementen.
Unter der äußersten Schicht, die im wesentlichen aus gasförmigen Wasserstoff besteht, befindet sich eine dicke Schicht, die aus flüssigem Wasserstoff gebildet wird. Man darf sich das aber nicht so vorstellen, wie Wolken, die über einem großen Ozean schweben! Ob ein Stoff fest, flüssig oder gasförmig ist, wird von der Temperatur und dem Druck der Umgebung bestimmt. Im Alltag sind wir daran gewöhnt, das ein Stoff immer einen ganz konkreten klar definierten Zustand hat. Aber das muss nicht immer so sein: Sind Temperatur und Druck hoch genug, wird irgendwann der sogenannte kritische Punkt überschritten. Der Unterschied zwischen “flüssig” und “gasförmig” hört dann auf zu existieren und man nennt diesen Zustand dann “superkritisch”. Bei Jupiter (und anderen Gasplaneten) ist genau das der Fall: Weiter außen, wo Temperatur und Druck noch niedrig sind, ist der Wasserstoff noch gasförmig. Da aber weiter innen der kritische Punkt überschritten wird, gehen auch die gasförmige und die flüssige Phase kontinuierlich ineinander über und es gibt keine klar definierte Grenzfläche.
Ein paar 10.000 Kilometer unter der äußeren Wolkenschicht geht dann diese gasförmige/flüssige Wasserstoffschicht ebenso kontinuierlich in eine Schicht aus metallischem Wasserstoff über. Das heißt nicht, dass der Wasserstoff jetzt plötzlich fest “wie ein Metall” wird, sondern dass der enorm hohe Druck in diesen Tiefen die Anordnung der Elektronen in den Hüllen der Wasserstoffatome so verändert, dass sie elektrisch leitfähig wie Metalle werden. Auch diese Schicht ist ein paar 10.000 Kilometer dick (so richtig genau weiß man es nicht) und darunter ist langsam der Bereich, über den wir wirklich nur noch Vermutungen anstellen können.
Eigentlich muss der Jupiter ja einen Kern aus Metall und Gestein besitzen. Zumindest muss er einen gehabt haben, als er entstanden ist. Alle Planeten haben sich vor 4,5 Milliarden Jahren aus der großen Gas- und Staubscheibe gebildet, die unsere junge Sonne umgeben hat. Der Staub klumpte zusammen, immer größere Brocken aus Gestein und Metall entstanden und bildeten die Grundlage der heutigen Planeten. Manche dieser unfertigen Planeten wuchsen schneller als der Rest und wurden irgendwann so massereich, dass sie auch die leicht flüchtigen Gasatome in der Scheibe an sich binden konnten. Jupiter war in unserem Sonnensystem besonders gut darin und hat sich so seine enorm dicke Schicht aus Wasserstoff und Helium zugelegt. Nach allem was wir über die Entstehung der Planeten wissen, muss irgendwo da drin ein Gesteins/Metallkern stecken, der 12 bis 45 mal schwerer als die Erde ist.
Aber auch auch den darf man sich nicht wie einen “festen” Planeten vorstellen. Dafür sind die Bedingungen zu extrem. Die enormen Mengen an Wasserstoff und Helium die über den innersten Regionen des Jupiters liegen, erzeugen einen hohen Druck und entsprechend hohe Temperaturen von über 30.000 Grad! Selbst wenn da Gestein und Metall sind, dann handelt es sich definitiv nicht um eine “feste” Oberfläche bzw. einen “festen” Kern. Der Kern würde dann eher aus einer extrem dichten “Flüssigkeit” bestehen. Oder auch nicht: Denn es kann auch sein, dass sich das ganze Material das früher mal den festen und dann den “festen” Kern ausgemacht im Laufe der Zeit in die weiter oben liegenden Schichten aufgestiegen ist und sich quasi überall im Inneren verteilt hat. Dann gäbe es unter den äußeren Wolkenschichten tatsächlich nichts anderes, als jede Menge Wasserstoff in seltsamen Aggregatzuständen mit kleinsten Beimischungen anderer chemischer Elemente (aus dem ehemaligen Kern).
Wenn wir mehr wissen wollen, brauchen wir mehr Daten. Und mit etwas Glück kriegen wir die nächstes Jahr. Denn da wird die Raumsonde Juno in eine Umlaufbahn um den Jupiter einschwenken und den Planeten ganz genau erforschen. Mehr über seinen inneren Aufbau herauszufinden und zu überprüfen, ob da irgendwo ein “fester” Kern steckt, ist einer der Gründe, warum man Juno auf die Reise geschickt hat. Wir können also hoffen, in naher Zukunft eine Antwort zu bekommen.
Mehr Antworten findet ihr auf der Übersichtsseite zu den Fragen, wo ihr selbst auch Fragen stellen könnt.
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