Bei den Sternen hat die Astronomie in den letzten knapp 100 Jahren ein in sich stimmiges Bild entwickelt. Nachdem man aus Beobachtungen wusste, wie groß und schwer so ein Stern ist, war auch schnell klar, dass in seinem Inneren enorme Temperaturen herrschen musste. Aus den Überlegungen zum Verhalten von Atomen bei solchen Temperaturen folgte der Schluss, dass sie dort miteinander fusionieren müssen. Einsteins spezielle Relativitätstheorie lieferte eine Erklärung, wie bei der Kernfusion Energie entstehen kann. Das Wechselspiel aus Gravitation und der vom Kern nach außen dringenden Strahlung erklärt, wieso ein Stern stabil ist und in der Folge auch, wie sich ein Stern weiter entwickelt. Die aus dieser Theorie folgenden Stadien der Sternentwicklung (rote Riesen, weiße Zwerge, Hyperriesen, Supernovae, Neutronensterne, etc) wurden alle beobachtet. Die Spektroskopie bestätigt das Vorhandensein all der Elemente, die bei der Kernfusion entstehen. Beobachtungen von Neutrinos bestätigen das Ablaufen der nuklearen Prozesse im Inneren der Sterne. Und so weiter. Einfach so zu sagen: “Ist alles falsch – in Wahrheit ist alles Elektrizität” funktioniert nicht. Auch hier muss man all das erklären können, was die bisherige Astronomie während langer Jahrzehnte von Beobachtungen mit unabhängigen Methoden und durch beobachtete Vorhersagen bestätigt herausgefunden hat.
All das, was ich bis jetzt gesagt habe, gilt auch für die vielen anderen Behauptungen der Anhänger des Elektrischen Universums. Das, was da behauptet wird, hat mit echter Wissenschaft nichts zu tun. Die Vertreter des Elektrischen Universums picken sich irgendwelche Fakten oder Pseudofakten heraus, ignorieren dafür andere Phänomene, verstehen Zusammenhänge (absichtlich oder unabsichtlich) falsch und behaupten, Dinge würden sich nur mit ihrer “Theorie” erklären lassen. Hier ist ein schönes Beispiel aus dem schon weiter oben erwähnten Einführungsbuch von Tom Findlay:
“Then we have the issue of Sunspots. These are described as being caused by magnetic fields leaving and entering the surface of the Sun. The fact that the centres of sunspots are found to be 1,500 ̊C cooler than the surrounding photosphere is typically ignored in explanations that include talk of ‘tangled magnetic fields’. They say these tangled fields stop an amount of heat energy from inside the Sun getting to its surface. This is extreme conjecture and a testable theory that has never been proved workable. Astro-scientists get in a muddle and tie their own hands by avoiding discussion of the simple fact that electric currents are required in order to generate the magnetic fields they so often rely on in their explanations. How can we make progress when they are so selective in what they choose to consider from existing knowledge?”
Also frei übersetzt: “Sonnenflecken sind kühler als ihre Umgebung. Die Astronomie ignoriert diese Tatsache bzw. behauptet, es hätte irgendwas mit Magnetfeldern zu tun. Aber das ist Unsinn und außerdem haben Magnetfelder was mit Elektrizität zu tun und darum ist die Sonne elektrisch.”
Selbstverständlich ignorieren die Astronomien die Existenz von Sonnenflecken und deren kühlere Temperaturen nicht. Und machen stattdessen jede Menge Beobachtungen und Messungen, mit denen sich erklären lässt, warum sie existieren und warum sie kühler sind. Diese Erklärungen inkludieren auch magnetische und elektrische Felder. Aber nur weil in einer Theorie tatsächlich auch Elektromagnetismus vorkommt, folgt daraus nicht, das alles elektromagnetisch ist. Wer Lust hat, kann übrigens hier (WebCite) eine sehr detaillierte Auseinandersetzung mit all den Argumenten zur “Elektrischen Sonne” lesen.
Vieles von dem, was die Anhänger des Elektrischen Universums behaupten, funktioniert nur, weil sie entsprechende Erkenntnisse der Astronomie ignorieren – oder schlicht und einfach leugnen. Zum Beispiel die Behauptung, man würde nicht ausreichend viele Neutrinos beobachten, was aber nötig wäre, wenn tatsächlich Kernfusion in der Sonne stattfinden würde. Tatsächlich aber stimmen die Beobachtungen der Neutrinoobservatorien sehr gut mit den theoretischen Modellen zur Kernfusion überein. Hier gleitet das Elektrische Universum dann schnell in Richtung Verschwörungstheorie ab: Astronomen würde sich absichtlich irgendeinen Quatsch ausdenken, weil sie das Wissen um das Elektrische Universum unterdrücken wollen würden. Oder Angst um ihre Jobs hätten. Und so weiter – es sind die üblichen Argumente, die man auch anderswo unter Pseudowissenschaftlern gerne hört.
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