Gegen Abkühlung hätte ich auch nichts einzuwenden. Am Start hat es sicherlich 8 Grad Newton, wenn nicht sogar ein bisschen mehr. Diese Einteilung benutzt heute natürlich niemand mehr und auch früher konnte sie sich nicht wirklich durchsetzen. Aber wer es gerne wissen möchte: 0 Grad Newton entspricht der Temperatur der Luft im Winter, bei der Wasser gefriert. Die oben erwähnte Luft im Frühling hat etwa drei Grad Newton; der Julimittag ist knapp 6 Grad Newton heiß und Eisen, das so hell glüht wie es nur geht bringt 192 Grad Newton auf die Skala. Eine exakte Umrechnung zwischen Newton und den modernen Temperaturskalen ist nicht möglich, da die Fixpunkte dafür zu ungenau definiert sind. Aber wenn man Grad Newton mit 100/33 multipliziert kommt auf einen Wert, der ungefähr der Temperatur in Grad Celsius entspricht. 8 Grad Newton sind also ungefähr 24 Grad Celsius – und das schon am Morgen!
Diese Temperaturen, der für einen Marathon untypische Termin im Juni und die – zumindest überregional – relative Unbekanntheit des Himmelswege-Laufs dürften auch der Grund sein, warum das Starterfeld überschaubar ist. Nur 110 Männer und Frauen wollen sich in Naumburg auf den 42 Kilometer langen Weg zur Arche Nebra machen. Meine Nervosität hält sich diesmal in Grenzen. Bei meinem letzten Marathon im April in Wien war ich ja sehr unsicher, wie so eine riesige Massenveranstaltung ablaufen wird, ob ich mich optimal vorbereitet habe, ob ich wieder Krämpfe kriegen würde wie bei meinem Marathon-Debüt im Jahr zuvor – und so weiter. In Naumburg wollte ich aber einfach ganz normal loslaufen und mich den Umständen anpassen. Wenn es mir zu anstrengend würde, würde ich eben langsamer laufen – ich wollte ja nur einen schönen Lauftag in schöner Umgebung erleben und am Ende eine kleine Himmelsscheibe mit nach Hause nehmen und hatte nicht vor, irgendwelche persönlichen Rekorde zu brechen. Oder gar irgendeinen Preis beim Himmelswege-Lauf zu gewinnen…
Dass dazu aber zumindest theoretisch die Möglichkeit bestünde, habe ich gleich nach dem Start gemerkt. Die ersten Kilometer verliefen durch das Naumburger Stadtzentrum (sehr sehenswert übrigens) und ich fand mich ziemlich an der Spitze des Feldes wieder. Anscheinend waren hier wirklich nur Hobby-Läufer unterwegs und keine der semi-professionellen Athleten, die auf eine Marathonzeit von unter 3 Stunden abzielen. Die Spitze des Feldes lief in etwa so schnell wie ich vielleicht gelaufen wäre, wenn ich optimal auf einen Marathon vorbereitet und auf eine neue persönliche Bestleistung aus gewesen wäre. Wenn der Spitzenläufer dieses Tempo bis zum Ziel durchhält, sollte er in circa 3 Stunden und 15 Minuten ankommen. Aber mir war das zu schnell – ich hielt mich an meinen Pace von um die 5 Minuten/Kilometer – was mich in etwa 3 Stunden und 30 Minuten ins Ziel bringen sollte. Oder auch nicht, denn die Schwüle und die Hitze würde es schwer machen, dieses Tempo auch 42 Kilometer lang zu halten.
Es war mit Temperaturen von über 21 Grad zu rechnen! Allerdings 21 Grad Rømer, benannt nach dem dänischen Astronom Ole Christensen Rømer. Er ist besser bekannt für seine Beobachtung der Bewegung der Monde des Jupiters aus der er als einer der ersten einen brauchbaren Wert für die Lichtgeschwindigkeit berechnen konnte. Mit Newton war er aber auch einer der ersten, der eine kalibrierte Temperaturskala entwickelte. Denn ebenfalls im Jahr 1701 maß Rømer den Punkt, an dem Salzlake gefriert und machte ihn zum Nullpunkt seines eigenen Thermometers. Den Siedepunkt von Wassers setzte er ans andere Ende und wies ihm einen Wert von 60 Grad zu. Die Umrechnung zwischen Grad Rømer und Grad Celsius ist ein wenig einfacher als bei Newtons verwirrender Skala: Man zieht vom Rømer-Wert einfach 7,5 ab (da der Gefrierpunkt des Wasser bei 7,5 Grad Rømer liegt) und multipliziert das ganze mit 40/21. Die 21 Grad Rømer bei denen ich durch Sachsen-Anhalt laufe, entsprechen also etwa 26 Grad Celsius. So wie Newtons Skala konnte sich aber auch die von Rømer nicht wirklich durchsetzen. Sie war aber trotzdem nicht unwichtig! Die Idee, zwei Fixpunkte wie den Gefrier- und Siedepunkt einer Flüssigkeit als Definition für die Skala zu verwenden war neu und inspirierte viele Nachfolger. Einer davon war ein gewisser Daniel Fahrenheit, der Rømer im Jahr 1708 besuchte und sehr begeistert von dessen Methode war…
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