Eine sehr beliebte Frage zur Astronomie” beschäftigt sich mit der Rotation der Planeten: Warum rotieren die Planeten um ihre Achse? Gerne auch erweitert um: Gibt es einen Grund, warum sie mit der Geschwindigkeit rotieren mit der sie es tun? Und: Muss jeder Planet/Himmelskörper rotieren?. Das sind interessante Fragen, die ich deswegen heute kurz erläutern will.
Eine kurze Antwort auf die Frage nach der Ursache der Rotation würde lauten: Drehimpulserhaltung! Planeten und Sterne entstehen aus großen Wolken voller Gas und Staub. Die rotieren erstmal nicht; zumindest nicht im klassischen Sinn. Aber natürlich bewegen sich die Gas- und Staubteilchen. Alles bewegt sich, das liegt an der Gravitationskraft, die alles auf alles andere ausübt. Stillstand könnte es nur geben, wenn nur ein einziges Objekt im Universum vorhanden wäre (und dann hätte man noch das philosophische Problem zu lösen, das in diesem Fall der Begriff “Bewegung” mangels Bezugspunkt sowieso keinen wirklichen Sinn macht). Durch äußere Störungen können Staub und Gas anfangen, sich zusammenzuballen. Die Wolke wird dichter, klumpiger und es kommt zu Kollisionen. Das führt dazu, dass aus der Wolke eine Scheibe wird. Bei den Kollisionen verlieren die Teilchen Energie und ordnen sich im Laufe der Zeit alle (mehr oder weniger) in einer Ebene an. Ganz aufhören sich zu bewegen können sie nicht, das verlangt die Erhaltung des Drehimpulses. Also bilden sie eine Scheibe. Der gleiche Prozess findet in den Saturnringen statt, die ebenfalls flach sind oder auch den Sternen in Galaxien.
Jetzt haben wir also jede Menge Brocken, die einen Stern in einer Scheibe umkreisen. Auch sie kollidieren miteinander und bilden so Planeten. Dabei bleibt der Drehimpuls ebenfalls erhalten. Und da sich die Brocken vorher um den Stern herum bewegt haben, kann diese Drehung nicht einfach verschwinden und die aus den Kollisionen entstandenen Planeten drehen sich ebenfalls, diesmal um ihre eigene Achse. Das tun sie jetzt aber schneller – hier kommt der gleiche Effekt ins Spiel, den jeder kennt, der sich schon mal auf einem Bürostuhl im Kreis gedreht hat. Streckt man die Hände weit aus, dreht man sich mit dem Stuhl langsamer als wenn man sie eng an den Körper heran zieht. Auch das ist wieder die Drehimpulserhaltung: Je kompakter ein Objekt wird, desto schneller muss es sich drehen.
Mit welcher Geschwindigkeit das aber genau passiert, lässt sich nicht vorhersagen. Der Entstehungsprozess läuft chaotisch ab. Am Anfang, wenn nur jede Menge kleinere Objekte miteinander kollidieren, ist der Beitrag jedes einzelnen davon noch nicht so relevant. Aber später, wenn dann schon recht große Himmelskörper miteinander zusammenstoßen, kann sich einiges tun. Wenn ein fast fertiger Planet mit einem anderen, ebenso großen fast fertigen Planet zusammenstößt oder beide auch nur streifend aneinander vorüber ziehen, kann das massive Auswirkungen auf die Rotationsperiode haben. Je nach Richtung und Ablauf der Kollision kann die Rotation stark beschleunigt oder auch gebremst werden.
Das ist vermutlich der Grund für die seltsame Rotation der Venus. Im Gegensatz zu fast allen anderen Planeten des Sonnensystems rotiert sie retrograd. Das heißt, dass sie sich nicht in der gleichen Richtung um ihre Achse dreht, in der sie sich auch um die Sonne herum bewegt sondern genau anders herum. Und sie braucht dafür extrem lange: 243 (Erd)Tage und damit länger als die Venus für eine Runde um die Sonne benötigt! Der Venustag ist länger als ein Jahr und der Grund dafür ist vermutlich eine enorm heftige Kollision während der Entstehungsphase der Planeten.
Auch später kann sich die Rotationsgeschwindigkeit ändern. Die Erde hat sich früher sehr viel schneller gedreht als sie es heute tut. Denn damals war auch der gerade erst entstandene Mond der Erde noch viel näher. Durch die Wirkung der Gezeiten bewegt er sich aber seitdem langsam von uns fort und bremst dabei die Rotation der Erde (ich habe das kürzlich schon mal genauer im Artikel zur Rotation der Monde erklärt).
Zusammengefasst: Die Planeten rotieren so wie sie es tun, weil es sich eben so ergeben hat! Das mag nicht unbedingt eine befriedigende Antwort sein, aber das Chaos lässt sich halt nicht vorhersagen… Und es gibt auch keine Himmelskörper, die sich nicht drehen. Man könnte sich zwar vorstellen, dass zufällig genau die richtige Art von Kollision dazu führt, dass die Eigenrotation exakt gestoppt wird. Aber dann sind da immer noch die ganzen anderen Kräfte: Die Gezeitenkraft der Sonne, die gravitativen Störungen der anderen Planeten, Kollisionen mit Asteroiden und Kometen und früher oder später fängt das Ding wieder an, sich zu drehen. Stillstand kann es im Universum nicht geben!
Mehr Antworten findet ihr auf der Übersichtsseite zu den Fragen, wo ihr selbst auch Fragen stellen könnt.
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