Ende Juni beginnt der Sommer. Dieses Jahr am 21. Juni. Aber das muss nicht immer so sein. Und was passiert eigentlich an diesem Tag so besonderes, das die Astronomen ihn zum Sommeranfang bestimmt haben? Warum wird er auch “Sommersonnenwende” genannt und was “wendet” hier? Und was hat der “Wendekreis des Krebs” damit zu tun? All diese Fragen und noch viel mehr werden in der neuen, sommerlichen Folge der Sternengeschichten beantwortet!

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Transkription

sankthans

Sternengeschichten Folge 135: Die Sommersonnenwende

Ende Juni beginnt aus astronomischer Sicht der Sommer. Zumindest auf der nördlichen Halbkugel der Erde – auf der südlichen Hälfte ist es genau umgekehrt, da beginnt im Juni der Winter – der Einfachheit halber werde ich mich ab jetzt aber immer auf die Nordhalbkugel beziehen. Der Sommeranfang ist ein ganz besonderer Zeitpunkt im Laufe eines Jahres. Man nennt diesen Tag auch die Sommersonnenwende oder auf lateinisch “Solstitium” – auch im englischen spricht man von “Solstice”. Das bedeutet “Stillstand der Sonne”. Natürlich bleibt die Sonne nicht stehen – sie hat sich genau genommen ja auch gar nicht bewegt. Die Erde bewegt sich um die Sonne herum, aber wenn man über Dinge wie Jahreszeiten oder eben die Sonnenwenden spricht, dann lassen sich die Phänomene ein wenig einfacher verstehen, wenn man weiterhin so tut, als würde sich alles um die Erde herum bewegen…

Wenn man das tut, dann versteht man auch, wieso die Sonne stehen bleiben kann und warum sie das tut. Von der Erde aus sehen wir die Sonne jeden Tag im Osten aufgehen. Mittags erreicht sie im Süden ihren höchsten Punkt am Himmel und abends verschwindet sie im Westen hinter dem Horizont. Wie gesagt: Das ist jeden Tag gleich. Die Sonne geht aber nicht immer exakt im Osten auf und exakt im Westen unter. Mal findet der Sonnenaufgang ein bisschen weiter östlicher statt, mal der Sonnenuntergang ein bisschen weiter westlicher. Damit ändert sich auch der Zeitraum, in dem die Sonne am Himmel steht und auch das ist kein unbekanntes Phänomen: Der helle Tag dauert im Sommer viel länger als im Winter. Außerdem steht die Sonne im Sommer mittags viel höher am Himmel als im Winter.

Man kann nun jeden Tag die Höhe aufzeichnen, die die Sonne mittags am Himmel erreicht. Dabei wird man feststellen, dass sie im Laufe des Frühlings immer weiter nach oben wandert. Irgendwann ist aber ein Punkt erreicht, an diese Bewegung scheinbar zum Stillstand kommt. Die Sonne steigt mittags nicht mehr höher am Himmel, sondern sinkt von Tag zu Tag wieder weiter nach unten. Dieser Punkt, an dem sich die Bewegung der Sonne umkehrt ist genau der Punkt der Sommersonnenwende.

Astronomisch formuliert sagt man, dass die Sonne am Tag der Sommersonnenwende ihre größte nördliche Deklination erreicht. Die Deklination ist eine der beiden Koordinaten, mit denen man die Position von Objekten an der Himmelskugel misst. Die Himmelskugel stellt man sich dabei als eine Kugel vor, die unseren Planeten umgibt und in deren Mitte sich die Erde befindet. Der Himmelsnordpol ist die Verlängerung des Nordpols der Erde zu Himmel hinauf und das gleiche gilt für den Himmelssüdpol. Und der Himmelsäquator ist einfach die Projektion des Äquators der Erde auf die Himmelskugel. Die Deklination misst nun den nördlichen oder südlichen Abstand, den ein Objekt vom Himmelsäquator hat und ist vergleichbar mit der geografischen Breite auf der Erde. Direkt am Himmelsäquator hat ein Objekt eine Deklination von 0 Grad; am Himmelsnordpol beträgt die Deklination 90 Grad.

Am Tag der Sommersonnenwende erreicht die Sonne eine Deklination von 23,5 Grad und dieser Wert ist kein Zufall. Denn das ist auch der Winkel, um den die Achse der Erde aus der Senkrechten hinaus geneigt ist. Die Achse, um die sich die Erde jeden Tag einmal dreht, steht nicht senkrecht auf die Ebene, in der sich unser Planet um die Sonne herum bewegt. Wäre das so, dann würde auch die Deklination der Sonne immer null Grad betragen. Denn dann wäre der Himmelsäquator parallel zur Ebene in der sich die Erde bewegt oder, wenn wir die Sache wieder aus der Perspektive der ruhenden Erde aus betrachten: Der Himmelsäquator wäre parallel zur scheinbaren Kreisbahn, die die Sonne um die Himmel beschreibt. Genauer gesagt: Der Himmelsäquator wäre identisch mit der Bahn der Sonne. Aber so ist es ja nicht: Die Erdachse ist um 23,5 Grad aus der Senkrechten geneigt und darum gibt es eine zweite wichtige Ebene: Die sogenannte Ekliptik. Das ist die tatsächliche scheinbare Bahn der Sonne um die Erde und diese Ebene ist nun um genau die 23,5 Grad gegenüber dem Himmelsäquator geneigt.

Der Punkt der Sommersonnenwende ist genau der Punkt entlang der Ekliptik, der sich am höchsten über dem Himmelsäquator befindet. Zum Winterbeginn ist es genau umgekehrt: Da befindet sich die Sonne auf der Ekliptik am Punkt der sich am tiefsten unter dem Himmelsäquator befindet und hat zur Wintersonnenwende eine größte südliche Deklination von 23,5 Grad.

Das klingt vielleicht alles ein wenig verwirrend, aber wenn man sich die Sache ein bisschen überlegt und vielleicht auch ein paar Bilder dazu ansieht, wird alles ziemlich schnell klar. Am Tag der Sommersonnenwende steht die Sonne also so hoch wie nie am Himmel. Außerdem dauert der helle Tag hier am längsten und daran ist wieder die Neigung der Erdachse schuld. Würde die Erdachse exakt senkrecht stehen, dann würden heller Tag und dunkle Nacht auch immer und an jedem Ort gleich lang dauern. Da die Achse aber geneigt ist, ist auch immer eine Hälfte der Erde zur Sonne hin geneigt während die andere von der Sonne weg geneigt ist. Befindet man sich gerade auf der Hälfte, die zur Sonne hin geneigt ist, dauert der Tag länger als die Nacht. Befindet sich man auf der anderen Hälfte, ist die Nacht länger als der Tag. Und da sich die Erde im Laufe eines Jahres einmal um die Sonne herum bewegt, erleben wir genau diesen Unterschied auch direkt. Wenn auf der Nordhalbkugel Winter herrscht, dann deswegen, weil die nördliche Hemisphäre gerade von der Sonne weg geneigt ist. Die Tage sind kurz, die Sonne steht erreicht am Himmel nur eine geringe Höhe und es ist kalt. Ein halbes Jahr später hat die Erde aber auch eine halbe Runde um die Sonne absolviert. Jetzt ist die Nordhalbkugel zur Sonne hin geneigt, die Tage sind länger als die Nächte und die Sonne steht hoch am Himmel: Es ist warm und wir haben Sommer.

Die Sommersonnenwende markiert also den Punkt im Jahresablauf, an dem der Tag am längsten dauert und die Sonne am höchsten am Himmel steht. Auf den sogenannten Wendekreisen steht sie an diesem Tag sogar im Zenit. Wer am Tag der Sommersonnenwende auf dem nördlichen Wendekreis steht und mittags zur Sonne blickt, wird sie genau senkrecht über seinem Kopf stehen sehen. Das liegt daran, dass sich dieser Wendekreis genau 23,5 Grad nördlich des Äquators der Erde befindet und dank der Neigung der Erdachse um den gleichen Winkel dort an diesem Tag die Sonnenstrahlen genau senkrecht einfallen. Der nördliche Wendekreis verläuft durch Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate, Indien, China, Mexiko und über die Bahamas und die Westsahara wieder zurück nach Ägypten. Man kennt ihn auch unter dem Begriff “Wendekreis des Krebses”, denn in der Antike, vor etwa 3000 bis 2000 Jahren stand die Sonne zum Zeitpunkt der Sommersonnenwende genau im Sternbild Krebs. Der Begriff wurde damals geprägt und heute immer noch verwendet, obwohl sich die ganze Angelegenheit mittlerweile ein wenig verschoben hat. Da die Erdachse nicht immer in die gleiche Richtung am Himmel zeigt sondern während 26.000 Jahren einen Kreis beschreibt, befindet sich die Sonne heute zum Zeitpunkt der Sommersonnenwende im Sternbild Stier und das wird noch bis zum Jahr 4610 so bleiben, bevor dieser sogenannte “Sommerpunkt” in das Sternbild Widder weite rwandern wird.

Ein exaktes Datum für den Zeitpunkt der Sommersonnenwende lässt sich übrigens nicht angeben. Zumindest kein Datum, dass in jedem Jahr gleich wäre. Sie findet zwar immer Ende Juni statt und immer am 20., 21. oder 22. Juni. Aber der exakte Tag kann sich ändern, da unser Kalenderjahr mit seinen 365 Tagen bzw. den 366 Tagen eines Schaltjahres nicht mit der realen Dauer eines Umlaufs der Erde um die Sonne übereinstimmt. Dieses echte Jahr ist knapp 6 Stunden länger als ein Kalenderjahr. Deswegen müssen wir ja auch alle 4 Jahre einen Schalttag einschieben und deswegen verschiebt sich auch das Kalenderdatum der Sommersonnenwende. Zur Zeit findet sie immer am 21. Juni statt. Im letzten Jahrhundert gab es aber auch Sommersonnenwenden, die am 22. Juni passierten und ab dem Jahr 2020 wird der Sommer auch schon am 20. Juni anfangen können.

Aber auf welches Datum der Termin nun genau fällt: Es ist in vielen Ländern traditionell ein Anlass für große Feier. Ganz besonders in Skandinavien und das ist auch kein Wunder. Dort dauern die Sommer generell nicht so lange und der Tag, an dem die Sonne am höchsten am Himmel steht, bietet sich für eine große Party an. Im Norden sind die Nächte im Sommer auch besonders kurz und man kann lange feiern.

Kommentare (2)

  1. #1 Ludger
    26. Juni 2015

    Die Sonnenwendfeiern oder Mittsommerfeste finden zum Teil an unterschiedlichen Tagen satt:
    Schweden: Laut Gesetz aus dem Jahr 1953 wird Midsommar immer an dem Samstag gefeiert, der zwischen dem 20. und dem 26. Juni liegt. Der Freitag davor wird midsommarafton (Mittsommerabend) genannt und der Samstag midsommardag (Mittsommertag).
    Die Dänen und Norweger feiern am 23. Juni, dem Vorabend des Johannistages.
    siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Mittsommerfest

  2. #2 Artur57
    3. Juli 2015

    War übrigens im letzten September in Italien in Urlaub, der Ort hieß San Lorenzo und da war in fünf Minuten Entfernung ein steinzeitliches Bauwerk, das immer bei der Sommersonnwende einen Schmetterling auf einen Felsen projeziert. Es wird genutzt, dass die Sonne an diesem Tag am weitesten westlich untergeht. Hier Bilder:

    https://tinyurl.com/neyszol

    Über das Alter der Anlage war nichts heraus zu bekommen. Es sei “steinzeitlich”, hieß es. Damit könnte es durchaus älter als Stonehenge und die Pyramiden sein.