Am Abend des 30. Juni gab es dann wieder die Möglichkeit, Konferenzteilnehmer und Nobelpreisträger in lockerer Runde kennen zu lernen. Im Toskanapark von Lindau fand das traditionelle “Grill & Chill” statt; mit Bier, Wein und Essen direkt am Bodensee.
Ebenso traditionell waren aber auch die langen Schlangen vor der Essensausgabe – die aber immerhin die Möglichkeit boten, lange Gespräche mit anderen Konferenzteilnehmern zu führen:
Ein persönlicher Höhepunkt für mich war der Vortrag von Robert Wilson am Mittwoch. Wilson, der 1964 gemeinsam mit Arno Penzias die kosmische Hintergrundstrahlung entdeckt und damit die damals noch umstrittene Urknalltheorie bestätigte war für mich immer so sehr eine historische Figur, das ich ehrlich gesagt gar nicht damit gerechnet hatte, dass er noch am Leben ist. Aber das ist er und in Lindau hat er einen Vortrag gehalten:
Wilson dabei zuzuhören, wie er von seinen Beobachtungen, ihren Auswirkungen und der Entwicklung der Urknalltheorie erzählt ist ein wenig so, als würde man Galileo Galilei dabei zuhören, wie er vom Wechsel von Geo- zu Heliozentrismus erzählt. Oder als würde einem Isaac Newton die Geschichte der Gravitation erklären. Sein Vortrag war großartig, spannend und auch darüber habe ich im Blog der Konferenz geschrieben und hoffe, dass der Artikel dort demnächst veröffentlicht wird.
Untertags war es in Lindau viel zu heiß, um irgendwas zu unternehmen (und es gab ja sowieso jede Menge Wissenschaft zu erleben). Und einen Sonnebrand wollte ich auch nicht bekommen. Aber am Abend war es wunderbar kühl und angenehm und ich bin mit dem Fahrrad nach Bregenz geradelt:
Und hab dort mal nachgesehen, wie das Bier aus Vorarlberg schmeckt.
Der Donnerstag war noch heißer als der Mittwoch. Besonders dann, wenn man sich, so wie ich, in das “Internet Cafe” setzt um zu arbeiten. Das besteht aus einem großen Plastikzelt das in der prallen Sonne am Ufer des Sees steht:
Aber dort funktionierte zumindest das WLAN…
Ein bisschen kühler war es in der klimatisierten Inselhalle, wo ich mir dann den Vortrag von Sir Harold Kroto angehört habe. Der Chemie-Nobelpreisträger sprach überraschenderweise über ein astronomisches Thema, nämlich die Suche nach diffusen interstellaren Banden. Und nein, das sind keine schwer zu fassenden Weltraumpiraten. Es handelt sich um ein Phänomen, das schon seit fast 100 Jahren bekannt, aber immer noch nicht völlig verstanden ist. Es geht dabei um seltsame Spektrallinien, die höchstwahrscheinlich von komplexen Molekülen in der interstellaren Materie hervorgerufen werden. Aber um welche Moleküle es sich dabei genau handelt, ist immer noch unklar. Obwohl die astrochemische Forschung, für die Kroto auch mit seinem Preis ausgezeichnet wurde, starke Hinweise liefert, wo die Quelle der diffusen Banden tatsächlich liegt. Auch diesen Vortrag habe ich im Konferenzblog ausführlich beschrieben und werde auch hier wieder darauf hinweisen, wenn er dort veröffentlicht wird.
Äußerst amüsant war der folgende Vortrag von Oliver Smithies, Nobelpreisträger für Medizin/Physiologie des Jahres 2007. Smithies sprach nicht so sehr über seine Forschungsarbeit (obwohl die auch vorkam), sondern hauptsächlich über sein Leben als Wissenschaftler. Eine Anekdote hat mir besonders gut gefallen. Im Rahmen seiner Doktorarbeit entwickelte Smithies eine spezielle wissenschaftliche Methode. Gut gelaunt wies er darauf hin, dass diese Arbeit kein einziges Mal zitiert worden war. Dass niemand diese Methode verwendet hat. Nicht einmal er selbst…
Eine komplett sinnlose Arbeit also? Ganz im Gegenteil meint Smithies: Er habe dabei gelernt, vernünftige wissenschaftliche Arbeit zu leisten und vor allem etwas getan, das ihm Spaß machte. Und das sei das wichtigste, wenn man ein guter Wissenschaftler werden wolle:
“Man darf keine Kopie seines Betreuers werden!”
rät er den jungen Forschern im Publikum und ich kann mich dieser Aussagen nur voll und ganz anschließen. Auf den Unis, an denen ich gearbeitet habe, habe ich viel zu viele Doktoranden und auch fertige Doktoren beobachtet, die nichts anderes gemacht haben, als “Auftragsforschung” für ihre Betreuer und Chefs. Dabei ist es in der Wissenschaft so enorm wichtig, selbst zu denken und selbst kreativ zu sein! Und dazu braucht es eben auch den Spaß an der Forschung! Smithies rät allen, die keinen Spaß und keine Faszination für ihr Arbeitsthema empfinden zu ihrem Betreuer zu gehen und ihn um einen Wechsel des Themas zu bitten. Oder konsequent den Betreuer zu wechseln, sollte der nicht darauf eingehen…
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