Letzte Woche habe ich erklärt warum ich es für wichtig halte, das Pressemitteilungen freie Quellen enthalten. Wenn man die Öffentlichkeit über wissenschaftliche Forschungsergebnisse informieren will, dann sollten diese Ergebnisse auch für alle frei zugänglich sein. Das bedeutet vor allem auch, dass die wissenschaftlichen Facharbeiten nicht hinter irgendwelchen kostenpflichtigen Verlagsschranken versteckt werden dürfen. Genau das ist aber leider sehr oft der Fall. Das Problem wäre gelöst, wenn die Forscher ihre Arbeiten nur noch in sogenannten Open-Access-Journalen publizieren bzw. selbst dafür sorgen, das ihre Arbeiten zugänglich sind indem sie sie beispielsweise bei Dokument-Servern wie arXiv hochladen.
Die Debatte um Open Access ist nicht neu und schon oft an vielen Stellen geführt worden. Ich möchte sie daher nicht erneut führen, sondern stattdessen einen Vorschlag machen, der ein wenig radikaler ist: Warum schafft man die Fachzeitschriften nicht einfach komplett ab?
Das mag jetzt ein wenig übereifrig klingen. Aber ich bin tatsächlich der Meinung, dass die vielen wissenschaftlichen Journale nicht mehr nötig sind. Um zu verstehen was ich meine, ist es hilfreich wenn man einen Blick in die Vergangenheit wirft.
Nehmen wir an, ich wäre ein Astronom aus dem 19. Jahrhundert. Dann würde ich, so wie heute ja auch, gerne darüber informiert bleiben, was auf meinem Gebiet so alles passiert. Ich möchte wissen, was es an neuer Forschung gibt; wer gerade an welchen Themen arbeitet und welche großen Durchbrüche in letzter Zeit gelungen sind. Dafür habe ich im Prinzip zwei Möglichkeiten. Ich kann persönlich mit meinen Kollegen kommunizieren und ihnen Briefe schreiben um so herauszufinden, was es neues gibt. Oder aber ich kann in eine Bibliothek gehen um dort die neuesten wissenschaftlichen Ergebnisse in einer Fachzeitschrift nachlesen.
Vielleicht bin ich ein britischer Astronom und daher besonders daran interessiert, was meine Landsleute treiben. Dann werde ich wahrscheinlich einen Blick in die Monthly Notices of the Royal Astronomical Society werfen. Als Deutscher würde mich dagegen wohl eher interessieren, was in den Astronomischen Nachrichten steht. Aber was auch immer mich interessiert: Ich brauche die Fachzeitschriften! In den normalen Zeitungen und Magazinen wird – damals wie heute – nur über die wirklich großen Durchbrüche in der Forschung berichtet und wenn ich die ganzen Details wissen will, bin ich auf spezielle Medien angewiesen die sich auf die Veröffentlichung wissenschaftlicher Fachartikel konzentrieren. Ich bin außerdem daran interessiert, dass es viele verschiedene dieser Fachzeitschriften gibt. Da ich nicht alles lesen kann, was in allen Zeitschriften publiziert wird, möchte ich die Artikel zumindest thematisch, geografisch oder organisatorisch gesammelt haben. Ich kann dann gezielt nur die Fachzeitschrift lesen, die sich mit meinem Spezialthema beschäftigt oder nur die Berichte einer bestimmten Universität bzw. aus einem bestimmten Land lesen (vielleicht aus Korea?).
Das damalige System war mit Sicherheit nicht ideal. Immer wieder kam es vor, das aus heutiger Sicht sehr wichtige wissenschaftliche Arbeiten in irgendwelchen wenig gelesenen Fachzeitschriften publiziert und von den (internationalen) Kollegen dann schlicht und einfach übersehen worden sind. Aber eine andere Möglichkeit, Forschung zu verbreiten und zu veröffentlichen, gab es damals eben nicht.
Heute gibt es diese Möglichkeit: Das Internet! Das Netz hat die Art und Weise der wissenschaftlichen Kommunikation und Publikation radikal verändert. Als ich Mitte der 1990er Jahre mein Studium begonnen habe, hat sich der Umbruch gerade angedeutet. Ich habe Anfangs tatsächlich noch sehr viel Zeit in Bibliotheken verbracht und mich auf der Suche nach Literatur durch diverse Fachzeitschriften geblättert. Heute läuft das völlig anders!
(Disclaimer: Ich beschreibe hier die Situation die ich als Astronom und in der astronomischen Forschung kennen gelernt habe. Ich bin der Ansicht, dass das in anderen (natur)wissenschaftlichen Disziplinen nicht fundamental anders abläuft. Sollte es aber anderswo tatsächlich völlig anders funktionieren, dann bitte ich, mich im Kommentarbereich darauf hin zu weisen und während der Lektüre gedanklich immer dann “astronomische Fachzeitschrift” zu lesen wenn ich allgemein von “Fachzeitschrift” schreibe)
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