(Sicherheitshalber sage ich auch noch dazu, dass man als Forscher kein Geld mit der Publikation von Fachartikeln verdient! Man bekommt kein Honorar für die Veröffentlichung sondern muss oft sogar noch den Verlag bezahlen, damit die eigene Arbeit abgedruckt wird!)
All die Vorteile, die die Fachzeitschriften den Wissenschaftlern früher gebracht haben, sind heute mehr oder weniger bedeutungslos geworden. Die Nachteile sind dafür geblieben. Universitäten müssen immer noch viel Geld ausgeben, um Abonnements der vielen verschiedenen Journale für ihre Bibliotheken zu erhalten (und werden dank dubioser Praktiken oft dazu gezwungen, viel mehr Zeitschriften zu kaufen, als sie eigentlich wollen). Die Öffentlichkeit kann manche Artikel lesen, manche dagegen nicht, je nachdem in welcher Zeitschrift sie veröffentlicht worden sind und wie man es da mit dem Open-Access hält.
Und wissenschaftliche Karrieren werden weiterhin anhand der Publikationen in Fachzeitschriften beurteilt. Dieser Punkt ist wichtig, weswegen ich ihn ein wenig genauer ausführen will. Denn es gibt nicht nur Fachzeitschriften mit verschiedenen thematischen Schwerpunkten. Es gibt vor allem “wichtige” und “unwichtige” Zeitschriften. Und wer in “wichtigen” Zeitschriften publiziert, steigert seine Chance auf eine bessere Karriere.
Auch das hat vielleicht früher noch Sinn gemacht. Wenn man da wusste, das in Zeitschriften wie “Nature” oder “Science” nur absolut revolutionäre und interdisziplinär relevante Forschung veröffentlicht wird, dann war das eine gute Möglichkeit, nicht nur das eigene Fachgebiet nicht aus dem Blick zu verlieren sondern auch den Überblick über den Fortschritt der Naturwissenschaft in ihrer Gesamtheit zu behalten. Und wenn man als Wissenschaftler eine Publikation in so einer Zeitschrift unterbringen konnte, konnte man auch zu Recht stolz sein: Denn immerhin war das eigene Ergebnis dann offensichtlich wichtig genug, um einer breitestmöglichen Öffentlichkeit präsentiert zu werden.
Aber, wie ich schon weiter oben geschrieben habe: Dieser Aspekt des Fachverlagswesen ist heute mehr oder weniger irrelevant. Artikel aus Nature oder Science findet man bei der Recherche in Datenbanken genau so einfach wie die aus irgendwelchen anderen Journalen. Aber selbst wenn es tatsächlich ganz nützlich sein kann, wenn jemand alle “wichtigen” Ergebnisse sammelt und zusammenstellt: Die Praxis, wissenschaftliche Artikel nicht anhand ihres Inhalts zu beurteilen sondern anhand der Zeitschrift in der sie erschienen sind, hätte schon längst abgeschafft gehört!
Eine wissenschaftliche Arbeit ist gut, wenn sie gut ist und nicht weil sie in “Nature” erschienen ist! Es mag verlockend sein, sich bei der Beurteilung wissenschaftlicher Qualität und wissenschaftlichen Erfolgs nach simplen Kennzahlen richten zu können wie dem “Impact Factor”, der die “Wichtigkeit” eines Journals angeben soll. Besonders für Politik und Bürokratie, wo man mit solchen Zahlen wunderbar Arbeitsvereinbarungen oder Finanzierungskriterien definieren kann (Ich erinnere mich, das an der Uni Jena ein Teil des Budgets tatsächlich anhand es kumulierten Impact-Factors der Mitarbeiter vergeben wurde: Institute deren Mitarbeiter mit ihren Publikationen über dem durchschnittlichen Impact Factor lagen, bekamen mehr Geld; wer darunter lag hat weniger gekriegt). Aber es geht natürlich an der Realität vorbei. Will man wissen, ob irgendwo gute Forschung gemacht worden ist, dann wird man nicht umhin kommen, sich mit der Forschung auch tatsächlich auseinander zu setzen. Das ist braucht mehr Zeit als einfach nur die Anzahl der Nature-Publikationen zu bestimmen, aber dafür hat man danach auch ein verlässliches Bild!
Es gibt also heute keinen zwingend Grund mehr, warum wissenschaftliche Artikel in speziellen Fachzeitschriften erscheinen müssen. Das ganze würde ohne sie genau so funktionieren. Ich könnte zum Beispiel so wie sonst auch meine Forschungsergebnisse in Form eines Artikels aufschreiben. Diesen Artikel stelle ich dann – so wie es auch jetzt schon viele Wissenschaftler machen – auf einem Artikel-Server wie arXiv ein. Dort ist er für alle (Forscher und Öffentlichkeit) frei verfügbar und auffindbar.
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