Die Reaktionen auf diesen Vorschlag fielen anders aus, als Maréchal sich das wohl erhofft hatte. Er wurde verhaftet und seine Bücher wurden verbrannt… Dann aber begann am 14. Juli 1789 die französische Revolution. Und der Vorschlag von Maréchal wurde zum Vorbild für einen neuen, der Revolution und Aufklärung gerechten Kalender. Als am 21. September 1792 die Monarchie in Frankreich offiziell abgeschafft wurde, wurde außerdem gleich festgelegt, das ab sofort Jahre nicht mehr wie bisher als Jahre seit Christi Geburt bezeichnet werden sollen, sondern als “années de la république”; also als Jahre der Republik.
Es dauerte allerdings noch ein wenig, bis man das ganze Konzept halbwegs ausgearbeitet hatte. Das war erst im September 1793 der Fall, als der Abgeordnete Gilbert Romme basierend auf Maréchals Vorschlag einen reformierten Kalender vorlegte. Das Jahr sollte 365 Tage lang dauern und ein Schalttag sollte nach Bedarf eingelegt werden. Jedes Jahr beginnt am 22. September, weil da nicht nur das Zeitalter der französischen Republik begann, sondern auch die Herbst-Tagundnachtgleiche stattfand. Ein Jahr würde 12 Monate zu je 30 Tagen haben, plus 5 Zusatztage am Ende des Jahres. Die Monate werden in drei Dekaden zu je 10 Tagen eingeteilt und die alte Woche mit ihren 7 Tagen wird abgeschafft.
Montag, Dienstag und so weiter (bzw. Lundi, Mardi, etc wie es auf französisch heißt) sollte es auch nicht mehr geben. Die zehn neuen Tage der Dekade wurden einfach durchnummeriert, vom “Primdi”, dem ersten Tag der Dekade bis zum “Décadi”, dem zehnten Tag. Bei den Monaten war man ein wenig kreativer. Jeweils drei Monate wurden zu einer Jahreszeit zusammengefasst und bekamen Namen mit gleichlautenden Endungen, die sich auf die jeweiligen jahreszeitlichen Phänomene bezogen. Beim Herbst, in dem das neue revolutionäre Jahr ja began, waren das die Monate Vendémiaire, Brumaire und Frimaire, also die Monate der Weinlese, des Nebels und des Rauhreifs. Der Winter bestand aus Nivôse, Pluviôse und Ventôse, den Monaten des Schnees, des Regens und des Windes. Im Frühling folgten Germinal, Floréal und Prairial, die Monate des Keimens, der Blüte und der Wiese. Und schließlich gab es im Sommer noch Messidor, Thermidor und Fructidor, die Monate des Mähens, der Wärme und der Früchte.
So weit, so gut und so poetisch. Das Ganze wurde am 24. November 1793 – Entschuldigung, am 4. Frimaire im Jahr II der Republik, beschlossen. Jetzt musste man nur noch die Bevölkerung dazu bringen, sich auch mit dem neuen Kalender anzufreunden. Aus deren Sicht hatte der Revolutionskalender vor allem einen ganz gravierenden Nachteil: Anstatt der bisherigen 52 oder 53 Sonntage im Jahr gab es jetzt nur noch 36 der neuen Décadis am Ende der 10tägigen Dekaden. Anders gesagt: Es gab viel weniger Wochenende als früher! Die Revolutionäre bemühten sich zwar, den alten christlichen Kalender als böses Machtinstrument der noch böseren Monarchie darzustellen, fanden damit aber nicht viel Anklang.
Abgesehen davon war der Kalender auch schlicht und einfach schlecht. Die Regelung mit den Schalttagen war wesentlich ungenauer als sie es früher gewesen war und Astronomen empfahlen dringend, zumindest diesen Teil nochmal ordentlich zu überarbeiten. Man hatte sich auch keine Gedanken gemacht, was man nun mit den Décadis anfangen sollte, die die Sonntage als arbeitsfreie Tage ersetzen würden. Der alte Kalender war von einer jahrhundertelangen christlichen Tradition und Feiertagskultur geprägt worden. Die Revolution hatte noch nicht genug Zeit, sich ausreichend viele eigene Feiertage zu überlegen, die die alten ersetzen könnten.
Es gab zwar auch dazu einige neue Gesetze und Dekrete und die offiziellen Behörden des Staates nutzen den Revolutionskalender bei ihrer Arbeit und in ihren Veröffentlichungen. Die Bevölkerung hat ihn aber nicht akzeptiert und dort konnte er sich nie durchsetzen.
Und dann war auch schon wieder Schluss mit der Revolution. Am 18. Brumaire des Jahres VIII der Republik – bzw. dem 9. November 1799 fand der Staatsstreich von Napolen Bonaparte statt und der Revolutionskalender verschwand langsam. Anfangs hielt Napoleon noch an ihm fest und beharrte selbst bei seinen Verhandlungen mit der katholischen Kirche darauf, beide Kalender parallel zu verwenden. Die Kirche war bereit, den französischen Kalender bei ihren Schriftstücken zu verwenden; dafür führte Napoleon die christliche 7-Tage-Woche und den arbeitsfreien Sonntag offiziell wieder ein. Aber als Napoleon dann 1804 zum Kaiser gekrönt wurde, wurde auch der Revolutionskalender endgültig abgeschafft und mit dem 1. Januar 1806 galt wieder der gregorianische Kalender, den wir auch heute noch fast überall auf der Welt benutzen.
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